07. Oktober 2013

Zurück im Leben

Menschen etwas zutrauen. Mit Mikrokrediten hilft die DAHW denen, die keine Chance mehr hatten, wieder ein normales Leben führen zu können.

Familie lebt von Fahrrädern, Milch- und Softdrink-Verkauf und einem Telefon

„Ich kann meine Familie wieder ernähren“, nennt Paul Ramachandran die wichtigste Änderung, seit er sein eigenes „Geschäft“ hat. Hier in Ambattur, einem Armenviertel von Chennai im Süden Indiens, lebt der 60-Jährige schon seit er denken kann.

Schmied hat Paul gelernt und als junger, kräftiger Mann hatte er einen festen Arbeitsplatz – eine Rarität in den Slums. Doch dann zerstörte die Lepra seine Nerven, er verlor das Gefühl in den Händen, konnte den schweren Hammer kaum noch führen. Bald merkte sein Chef, dass er Lepra hatte und schmiss ihn raus.

Nach der medizinischen Behandlung musste Paul als Tagelöhner arbeiten. Jeden Morgen wartete er an einer Straßenecke auf Arbeit. Doch für wen entscheiden sich wohl Chefs, solange sie zwischen einem „gesunden“ und einem „leprakranken“* Mann wählen können? Wenn es nicht genügend Arbeit gab, blieb für Paul nichts übrig.

Immer öfter kam er abends nach Hause, ohne etwas verdient zu haben, dafür mit Hunger und Sorgen um die Zukunft seiner Frau und der drei Töchter. Hilfe in der Not: Seit langem fördert die DAHW „Hilfe zur Selbsthilfe“ durch gezielte Kleinkredite.

Paul stellte erfolgreich einen Antrag. Mit dem Geld konnte er ein Schweißgerät und vier alte Fahrräder kaufen. Seither verleiht und repariert er diese wichtigsten Transportmittel der Slums. Und er investierte in ein Telefon und einen Kühlschrank. Eine gute Idee, denn heute kommen fast alle Nachbarn zu ihm, wenn sie Milch oder Softdrinks kaufen wollen oder telefonieren müssen. Mit dem so verdienten Geld konnte Paul den Kleinkredit zurückzahlen und er kann seinen Töchtern sogar eine Ausbildung ermöglichen.

Handwerk hat goldenen Boden

In einem kleinen Dorf in Tansania lebt Shadrack Sebastian. Seine Eltern waren beide an Lepra erkrankt, wurden in einem Hospital der DAHW behandelt und versorgt, weil die Krankheit ihre Hände und Füße zerstört hat.

Shadrack war damals noch ein Kind, aber er erinnert sich noch, wie oft er seine Eltern unterstützt hat, weil sie vieles mit ihren erkrankten Händen nicht mehr gut erledigen konnten. Die Sozialarbeiter der DAHW halfen, dass der Junge zur Schule gehen und später eine Berufsausbildung machen konnte.

Vor drei Jahren, kurz vor seinem 21. Geburtstag, durfte er sich Schreiner nennen, hatte aber weder eine Anstellung noch Geld für Werkzeug oder Holz. Dafür bekam er von den Sozialarbeitern der DAHW einen Mikrokredit, den er heute schon fast zurückgezahlt hat. Jeden Monat schickt er sogar etwas Geld zu seinen Eltern und es bleibt für ihn selbst genug übrig, so dass er jetzt heiraten und eine eigene Familie gründen kann.

Die Leder-Genossenschaft

Eigentlich wollte Ariel Acevedo aus Bucaramanga im Nordosten Kolumbiens längst im Ruhestand sein, doch auch mit 67 Jahren muss er noch arbeiten. Oder er darf arbeiten, wie er stolz erzählt, denn das war ihm jahrelang verwehrt: „Wer stellt schon einen Arbeiter ein, dessen Hände durch Lepra verstümmelt sind?“

Vor fast 40 Jahren erkrankte Ariel, wurde zu spät behandelt und konnte als Folge seine Hände kaum noch nutzen. Seinen Job als Näher in einer Lederfabrik verlor er, war jahrelang auf Almosen angewiesen. Bis er Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe der DAHW fand.

Dort hilft Ariel seitdem bei der Berufsausbildung junger Menschen, die selbst an Lepra erkrankt sind und fühlt sich – erstmals seit vielen Jahren – wieder gebraucht. Er bringt den jungen Menschen bei, wie man hartes Leder verarbeiten kann – theoretisch, denn für den Einkauf des Materials fehlte das Geld.

Ein Mikrokredit schuf Abhilfe. Ariel schloss sich mit dreien seiner Schüler zusammen. Gemeinsam kauften sie Werkzeug und Leder ein und begannen, Gürtel und Trageriemen zu produzieren.

Anfang diesen Jahres gestartet, verkaufen die vier Handwerker ihre Lederriemen an Freunde und Bekannte. Demnächst wollen sie die Waren auch auf Märkten anbieten und es soll nicht lange dauern, bis sie davon leben können. Ariel will dann mit dem selbst verdienten Geld auch seinen Enkeltöchtern ermöglichen, eine Schule zu besuchen.

(* Anm. d. Red.: Auch heute noch werden geheilte Leprakranke oft gemieden, wenn Menschen von ihrer früheren Erkrankung erfahren, oder die äußeren Spuren der Lepra erkennbar sind.)


Helfen Sie mit einer Spenden den ehemaligen Leprapatienten sich selbst zu helfen.

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