28. April 2009

Brasilien / São Luís - "Sie ist für uns wie eine Mutter"

Dona Antonina kümmert sich aufopferungsvoll um die Leprakranken

Von Ruhestand will sie nichts wissen, trotz ihrer 83 Jahre: Dona Antonina ist immer unterwegs und kümmert sich fast rund um die Uhr um „ihre“ Leute in „Bom Fim“, auf deutsch: „Gutes Ende“. Das frühere Lepradorf liegt am Rand von São Luís im Norden Brasiliens. Noch heute hat beinahe jede Familie hier mindestens ein Mitglied, das an Lepra erkrankt war oder ist. Seit 20 Jahren kümmert sich Dona Antonina im „Lar de Maria“, dem Marienheim, um diese Menschen.  Angefangen hat sie mit einer Suppenküche für die ärmsten Familien des Ortes, damals gemeinsam mit ihrer Tochter Janete. Durch die Unterstützung der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) wurde daraus eine dauerhafte Einrichtung.


Mittwoch ist der Tag der Frauen. Da wird in kleinen
Gruppen genäht, gehäkelt, gestrickt und gemalt.


Ein guter Anfang

Die größte Hilfe benötigen alleinstehende Mütter mit ihren Kindern – Frauen, die von ihren Männern im Stich gelassen wurden, weil sie oder eines der Kinder an Lepra erkrankt waren. Viele der Frauen konnten keine Schule besuchen, haben daher Probleme mit Behörden und keine Chance eine Arbeit zu finden. Antonina und Janete haben den Frauen bei der Arbeitssuche geholfen, beim Ausfüllen von Anträgen, oder sie einfach über ihre Möglichkeiten informiert. Gemeinsam haben sie dann auch das Marienheim gegründet, in dem nun auch ältere Einwohner von Bom Fim Lesen und Schreiben lernen konnten. 

Lernen in der Gemeinschaft und in jedem Alter:
Es ist nicht leicht, den Stift zu halten, aber wenn
man will, kann man alles.


Das Versprechen
Einige Jahre haben Mutter und Tochter das Marienheim gemeinsam geleitet. Dann erkrankte die Tochter und starb. Am Sterbebett versprach Dona Antonina ihr, das begonnene Werk fortzuführen.
Seit diesem Tag hat sie nicht ein Mal daran gezweifelt – auch heute nicht, als der tropische Regen durch das alte Dach des Marienheims tropft und der Unterricht ausfallen muss.Nach dem Regen geht sie durch Bom Fim und schaut nach ihren Leuten: zum Beispiel Arlene, die als achtjähriges Kind von ihren Eltern hier ausgesetzt wurde und diese nie wiedergesehen hat. Dona Antonina half dem Mädchen, damit es eine Schule besuchen konnte. Seither hilft Arlene ehrenamtlich im Marienheim, unterrichtet hier seit vielen Jahren.

Ihre leibliche Tochter hat Dona Antonina zwar verloren, dafür aber viele neue Kinder gewonnen: Die Menschen von Bom Fim nennen sie „Mutter“ oder „Oma“. Der Respekt vor den Leistungen dieser starken Frau ist dabei deutlich zu hören.


Die 40-jährige Cleonice steht als Nachfolgerin fest.


Die Sorgen
Dona Antonina hat das Haus von Joana erreicht. Mit fünf Kindern hat die junge Frau auf der Straße gelebt und erst in Bom Fim ein Zuhause gefunden. In ihrer einfachen Hütte ist das Dach undicht, auch eine Plastikplane bringt nur wenig Besserung bei dem starken Tropenregen. Doch für neue Dächer fehlt das Geld.

„Zum Glück ist der Regen warm und nachts ist es trocken“, versucht  es Dona Antonina mit Optimismus: „Die Kinder sind tagsüber ja in der Schule.“Denn mit Unterstützung der DAHW können die Kinder des alten Lepradorfes inzwischen die öffentlichen Schulen in der Stadt besuchen. Busfahrten oder Bücher könnten die Mütter von Bom Fim allein aber nicht bezahlen.


Jeder packt mit an, lautet die Regel von Dona
Antonina und ihren Frauen.

Die Hilfe geht weiter
Jeder packt mit an, lautet die Regel von Dona Antonina, ohne dass sie dies aussprechen muss: „Meine Leute machen das einfach. Sie empfangen Hilfe, wenn es nötig ist und leisten selbst Hilfe, wenn es möglich ist.“ So gehen Kinder zur Schule, Jugendliche lernen einen Beruf, selbst ältere Menschen lernen noch Lesen und Schreiben. Ohne die „Mutter“ wäre Bom Fim nicht nur finanziell, sondern auch menschlich arm.
Sorgen um die Zukunft macht sich Dona Antonina nicht, denn ihre Nachfolgerin steht bereits seit vielen Jahren an ihrer Seite: Die 40-jährige Cleonice ist hier aufgewachsen und hat zwei Söhne, einer davon war an Lepra erkrankt. Auch Cleonice hat klare Vorstellungen über die Zukunft: „Ich habe Dona Antonina das gleiche Versprechen gegeben wie sie selbst am Sterbebett ihrer Tochter. Und wie unsere „Mutter“ werde ich es erfüllen.“
Mit dieser Zuversicht hofft sie auch, es irgendwie zu schaffen, die Dächer der alten Hütten und des Marienheims erneuern zu können. 

 


40€werden für die Anschaffung von Heften und Stiften gebraucht
200€benötigt Dona Antonina, um Stoffe, Wolle, Garn und sonstige Handarbeits-Materialien für die Frauengruppen zu kaufen.
 450€ reichen, um ein neues Dach zu errichten.


Brasilien: Die größte Armut herrscht im Norden
Hannelore Vieth berichtet in Brasilien über DAHW-Projekte