Berlin, 2. Juli 2005 - Konkrete Schritte bei der Bekämpfung der extremen
Armut in der Welt haben entwicklungspolitische
Nichtregierungsorganisationen, führende Vertreter der beiden großen christlichen
Kirchen in Deutschland und Prominente im Rahmen des 1. Internationalen "White
Band Day" gefordert. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz unter dem Dach
der Aktion "Deine Stimme gegen Armut" wandten sich der Künstler Herbert
Grönemeyer, der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof
Wolfgang Huber, der Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky als Vertreter
der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Hermle vom Verband Entwicklungspolitik
(VENRO) und Jürgen Hammelehle, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen AIDS
und Geschäftsführer der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW),
mit dieser Forderung im Vorfeld des G8-Gipfels vom 6.-8. Juli direkt an
die Bundesregierung.
"Die Armen haben einen Anspruch auf Gerechtigkeit. Dies erfordert faire
Handelsbedingungen und eine gestärkte Entwicklungspolitik. Jetzt gilt es, den
Zeitplan zur Erreichung des 0,7 Prozent-Ziels konsequent umzusetzen",
verlangte der VENRO-Vorstandsvorsitzende Reinhard Hermle. "Wir fordern die
Bundesregierung auf, beginnend mit dem Haushalt 2006 frische Mittel
bereitzustellen. Statistische Effekte wie zum Beispiel die Anrechnung der
Irak-Entschuldung, die die ODA-Quote schönen, sind unzureichend. Wegen der
prekären Haushaltslage in vielen Geberländern erwarten wir vom G8-Gipfel klare
Entscheidungen über neue Finanzierungsinstrumente. Der Lackmustest für den
Erfolg der Globalisierung wird letztlich sein, dass es gelingt, die Massenarmut
in der Welt zu überwinden. Dafür kämpfen wir!", so Hermle weiter.
Herbert Grönemeyer, gemeinsam mit VENRO Träger der Initiative "Deine Stimme
gegen Armut", forderte alle Menschen auf, sich an der Aktion zu beteiligen: "Die
extreme Armut in der Welt stellt unser Verständnis von Mitmenschlichkeit zur
Diskussion. Die einzige Antwort darauf ist Solidarität und Handeln - Einsatz für
Menschen, die in unerträglichem Elend leben müssen." Jeder sei aufgefordert, im
Rahmen der Aktion mit seiner Unterschrift seine Stimme gegen Armut zu geben. Das
Votum kann sowohl über www.deine-stimme-gegen-armut.de <http://www.deine-stimme-gegen-armut.de/> als auch über eine
extra eingerichtete SMS-Nummer (Sende eine SMS mit Stichwort "Stimme" an 36569 -
0,29 Euro/SMS (inkl. VFD2-Anteil 0,12 Euro, ggf. zzgl. T-Mobile
Transportleistung 0,12 Euro) gegeben werden. Die gesammelten Unterschriften
werden dann Bundeskanzler Schröder vor seiner Reise zum UN-Gipfel in New York im
September übergeben.
"Armut ist ein Skandal", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche
in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber: "Der Rat der Evangelischen Kirche
in Deutschland bekräftigt die Aufgabe der Politik, im Vorfeld der
Vollversammlung der Vereinten Nationen die Weichen für eine verbindliche
Festlegung auf konkrete Schritte bei der Umsetzung der Millenniumsziele zu
stellen." Die evangelische Kirche sei bereit, ihren Teil zum Kampf gegen Armut
beizutragen, sagte Huber, der zudem eine neue Stellungnahme der EKD zu den
Millenniumsentwicklungszielen erstmals der Öffentlichkeit vorstellte.
Der Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky forderte vor allem gerechte
Rahmenbedingungen für die armen Länder. Es sei höchste Zeit, dass "die stärkeren
und reicheren Nationen jeglichen Imperialismus und alle Absichten, die eigene
Hegemonie zu bewahren, überwinden", mahnte er mit einem Zitat aus der
Entwicklungsenzyklika von Papst Johannes Paul II. "Sonst werden weiter
Strukturen der Sünde zementiert, die die Mächtigen begünstigen und die Armen
marginalisieren." Mit Blick auf das Bemühen der Bundesregierung um einen
ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sagte er: "Wer eine
größere Verantwortung in der UNO wahrnehmen will, muss sich auch bei der
Armutsbekämpfung an die Spitze setzen."
"Der Kampf gegen Armut und der Kampf gegen AIDS sind in vielen Ländern
untrennbar miteinander verknüpft". Darauf wies DAHW-Geschäftführer
Jürgen Hammelehle im Namen des Aktionsbündnisses gegen
AIDS hin. "Die Bundesregierung ist in der Bekämpfung der weltweiten
AIDS-Epidemie leider nach wie vor sehr leise und wenig sichtbar." So bleibe
Deutschlands Beitrag zum Globalen Fonds zur Bekämpfung von HIV/AIDS, Tuberkulose
und Malaria immer noch weit hinter dem Engagement anderer Industrieländer
zurück. Weltweit seien 85 Prozent der AIDS-Kranken von wirksamen Therapien
ausgeschlossen. "Dass die Auswirkungen von HIV/AIDS katastrophal sind und sich
die Entwicklungschanchn in den ärmeren Ländern noch weiter verschlechtern,
leugnet heute niemand mehr."
Georg Kardinal Sterzinsky, Bischof Wolfgang Huber, Herbert Grönemeyer,
Claudia Schiffer und Vertreter entwicklungspolitischer
Nichtregierungsorganisationen hatten zuvor am Brandenburger Tor öffentlich ein
weißes Band signiert - das Symbol der Aktion - und so persönlich ihre Stimme
gegen Armut abgegeben. Mit lautem Trommeln werben vor der
Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche die VENRO- Mitgliedsorganisationen Brot für die
Welt, Evangelischer Entwicklungsdienst und Kindernothilfe mit Aktionen um
Unterschriften für "Deine Stimme gegen Armut". Gedächtniskirche und
Brandenburger Tor sind mit Weißen Bänder im Riesenformat verkleidet worden.
Am Nachmittag findet an der Berliner Siegessäule eines von weltweit acht
Live8-Konzerten statt, die der Musiker Bob Geldof für den 1. "White Band Day"
ins Leben gerufen hat. Auftreten werden unter anderen Herbert Grönemeyer, Die
Toten Hosen, A-ha und Brian Wilson.
Neben Berlin ist die Aktion "Deine Stimme gegen Armut" in vielen deutschen
Städten und weltweit aktiv: In Wetzlar näht "Netz e.V." aus Bettlaken ein zwei
Kilometer langes Weißes Band, das sich vom Domturm quer durch die Altstadt
schlängeln wird. In Bensheim werden im Rahmen einer Internationalen Woche unter
dem Motto "Augen auf für eine Welt" von Karl-Kübel-Stiftung und
Christoffel-Blindenmission alle wichtigen Orte der Stadt und die Bundesstraße
Weiße Bänder und Fahnen tragen. Beim alljährlichen Friedenslauf in Aachen sind
bereits am 1. Juli zahlreiche Läufer von Misereor mit einem eißen Band am Arm
gestartet. Das Aktionsbündnis gegen AIDS veranstaltet in 60 Städten eine "Nacht
der Solidarität" mit den rund 40 Millionen
HIV/AIDS-infizierten Menschen.
Ein Überblick über die Aktionen gibt es unter:
<http://www.deine-stimme-gegen-armut.de/aktiv_wbd.html>
www.deine-stimme-gegen-armut.de/aktiv_wbd.html
International sind am ersten "White Band Day" Hunderttausende beteiligt:
Weiße Bänder fordern ein Ende der Armut unter anderem am Trevi-Brunnen in Rom,
am Trocadero-Gebäude in Paris und an der Harbour Bridge in Sydney.
"Deine Stimme gegen Armut" ist der deutsche Beitrag der internationalen
Kampagne "Global Call to Action Against Poverty", die in inzwischen in 72
Ländern aktiv ist und an der etwa 800 Organisationen weltweit mitwirken. Die
Aktion setzt sich für die Umsetzung der UN-Millenniumsziele ein. In Deutschland
wird die Initiative getragen von VENRO als Zusammenschluss von 100
entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen gemeinsam mit
Herbert Grönemeyer, befreundeten PR-Profis, Mediaplanern und Kreativen. Viele
weitere Prominente beteiligen sich auf unterschiedliche Weise.
Weitere Informationen zur Aktion "Deine Stimme gegen Armut" und
zur
Unterschriftensammlung an Bundeskanzler Schröder:
<http://www.deine-stimme-gegen-armut.de/www.deine-stimme-gegen-armut.de
Rückfragen und Interviewünsche bitte an:
VENRO e.V.
Steffen Beitz
Tel.: +49/ (0)171/ 3 51 90 53
Fax: +49/ (0)228/ 9 46 77-99
Kaiserstr. 201
berlin@venro.org
http://www.venro.org
VENRO ist der Bundesverband entwicklungspolitischer
Nichtregierungsorganisationen (NRO). Ihm gehören rund 100 deutsche NRO, die als
Träger der privaten oder kirchlichen Entwicklungszusammenarbeit, der Nothilfe
sowie der entwicklungspolitischen Bildungs-, Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit
tätig sind.