11. Mai 2010

Zu Besuch bei Dr. Ruth Pfau der Mutter der Leprakranken

Seit 50 Jahren ist Dr. Ruth Pfau die „Mutter der Leprakranken“ in Pakistan: Am 8. März 1960 landete die damals 30-jährige Ärztin und Ordensfrau in Karachi.

 Dort feierte sie jetzt ihr Jubiläum mit vielen Patienten, Kollegen und Mitarbeitern. Burkard Kömm, Geschäftsführer der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW), konnte sich vor Ort persönlich davon überzeugen, welch großartige Arbeit Dr. Pfau und ihr Team leisten.

Er berichtet:

Es ist dieser eine Satz, der mir nicht mehr aus dem Kopf geht: „Ihr verdanken wir unser Leben“, sagten fast alle Patienten, mit denen ich gesprochen habe, seit ich in Karachi ankam.

Landesweites Hilfsprojekt


Hier, in der pakistanischen Millionenstadt, hat Dr. Ruth Pfau vor 50 Jahren das Marie Adelaide Leprosy Center (MALC) gegründet – eines der größten Hilfswerke, das sich im Bereich Lepra engagiert. Unter anderem besteht es aus einem Referenzhospital in Karachi. Dort habe ich erlebt, wie wichtig diese Arbeit in Pakistan ist – einem Land, in dem mehr als die Hälfte der Menschen mit weniger als 50 Euro im Monat überleben müssen, 38% der Kinder unter fünf Jahren chronisch unterernährt sind und 12% vor ihrem 5. Geburtstag daran sterben.

Rundgang durch das Hospital mit Dr. Pfau und Mitarbeitern (Burkard Kömm l.i.B. und Reinhard Maier, Österr. Aussätzigen-Hilfswerk, r.i.B.v. Dr. Pfau) / Foto: Bernd Hartung

Schon frühmorgens warten in den Fluren des Krankenhauses die Menschen in Schlangen, weil sie dort kostenlos behandelt werden. Sie kommen mit verschiedenen Krankheiten, die durch die Armut ausgelöst werden, besonders mit Lepra. Das Personal ist hier auf die Behandlung von Lepra und ihre Komplikationen spezialisiert. Patienten mit Geschwüren und schmerzhaften Leprareaktionen werden stationär behandelt. Manchmal sind sogar Operationen und Amputationen notwendig.



Ob im Referenzkrankenhaus in Karachi oder den landesweit verteilten Ambulanzstationen, Dr. Ruth Pfau ist für die Kranken da und berät ihre Mitarbeiter. In 50 Jahren haben sie und ihr Team weit mehr als 100.000 Menschen von Lepra geheilt. Doch sie kümmern sich nicht nur um die medizinische Seite wie Diagnose und Therapie. Oft fängt danach die Arbeit erst richtig an: mit Hilfe bei der Suche nach Lebensunterhalt, Wohnung und Arbeit für die Menschen, die so oft einfach ausgestoßen werden.

Für die Ärmsten der Armen


Für eine 80-Jährige sollte diese Arbeit schon mehr als genug sein, nicht aber für Ruth Pfau. Regelmäßig besucht sie die Außenstationen und besonders gern die alten, ehemaligen Patienten und ihre Familien: Auf dem Weg zur


Außenstation in Gharo lässt sie den Fahrer in einem Dorf anhalten. Sie steigt aus, geht ein paar Schritte zu einer kleinen Hütte und wird dort auf das Herzlichste begrüßt. „Die ganze Familie war an Lepra erkrankt“, erklärt sie mir: „Der Großvater war einer meiner ersten Patienten, später der Sohn, und jetzt die Enkelin.“


Ruth Pfau besucht die Familie eines ehemaligen Leprapatienten / Foto: Reinhard Maier

Das größte medizinische Problem der Lepra ist die Gefühllosigkeit in den Gliedmaßen. So entwickelt sich aus einer kleinen Verletzung an Händen und Füßen schnell eine chronische Entzündung, daraus dann die für Lepra typischen Verstümmelungen.



Bei der Enkeltochter ließ Dr. Pfau vor zwei Wochen die Füße genau vermessen. In den Werkstätten des MALC wurden aus diesen Maßen spezielle Schuhe gefertigt. Die Freude, solche Schuhe zu tragen, konnte ich dem Mädchen ansehen, als Ruth Pfau ihr die Schuhe schnürte. Jetzt kann sie wieder gefahrlos zur Schule laufen.

Häuser für Erdbebenopfer


Am nächsten Tag bin ich in den Norden des Landes gefahren – weit in die Berge, in denen die Winter kalt und lang und die Menschen sehr arm sind. Dort hatte vor fünf Jahren das schwerste Erdbeben in der Geschichte Pakistans fast 100.000 Menschen das Leben gekostet und ganze Dörfer zerstört: Die Überlebenden – darunter auch ehemalige Leprapatienten – hatten kein Dach mehr über dem Kopf. Das Vieh der Bauern verendete und die Werkstätten der Handwerker wurden vernichtet. Die treuen Spender der DAHW haben die Betroff enen nicht im Stich gelassen. Mit ihrer Hilfe konnten die Dorfbewohner wieder kleine Häuser aufbauen. Sie sehen karg aus, aber sie sind stabil und erdbebensicher. Die Menschen sind froh und dankbar, dass sie wieder ein Zuhause haben.

Neue Häuser im Erdbebengebiet / Foto: Reinhard Maier

Danke an Ruth Pfau


Später bei der Jubiläumsfeier in Karachi treffe ich viele Patienten wieder. Sie alle verneigen sich vor Dr. Pfau, dieser kleinen, großen Frau, die so viel geleistet hat und überschütten sie mit Blumen und guten Wünschen.



Drei Gewissheiten bringe ich von dieser Reise mit: Ruth Pfau wird trotz ihres Alters weiterhin für ihre Patienten da sein. Hilfe ist noch immer dringend notwendig. Und Ihre Spenden sind hier sehr gut „investiert“.

 

Jeder Euro macht Sie zum Retter!

 

Mit 50€sorgen für die Behandlung eines Leprakranken.
150€von Ihnen sichern das Monatsgehalt einer Krankenschwester.
690€reichen, um die stationären Patienten für einen Monat mit Essen zu versorgen.
1680€benötigt Frau Dr. Pfau 2010 für Instandhaltungsarbeiten im Krankenhaus.

 

Dr. Ruth Pfau - 50 Jahre Einsatz in Pakistan

Interview mit DAHW Geschäftsführer Burkard Kömm

MALC in Pakistan - landesweite Lepra-Arbeit

Das Leben von Dr. Ruth Pfau



Literaturliste - Das neue Buch von Dr. Ruth Pfau



Biographische Daten von Dr. Ruth Pfau