Kinderschutzrichtlinien

DAHW-Richtlinien zur Prävention und zum Schutz von Kindern vor Missbrauch und Ausbeutung in der Entwicklungszusammenarbeit und der Humanitären Hilfe

1. Einleitung

Die Vision der DAHW ist eine Welt, in der niemand an Lepra, Tuberkulose und anderen vernachlässigten Krankheiten der Armut leiden muss, deren Folgen zu Behinderungen und Ausgrenzung führen können. Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt unserer Arbeit. Wir engagieren uns für die Bedürftigen und helfen ihnen, ein gesundes Leben in Würde zu führen. Dazu gehört auch die Arbeit der DAHW mit Kindern, da diese besonders schutzbedürftig sind. Wir fühlen uns verpflichtet sicherzustellen, dass Kinder ein Leben ohne Bedrohung durch jegliche Form von Gewalt führen, bei Konflikten und Katastrophen geschützt sind und in einer sicheren Umgebung aufwachsen.

Die DAHW ist sich der Notwendigkeit bewusst, Kinder sowohl innerhalb der eigenen Organisation als auch mit Partnern im Ausland vor Missbrauch und Misshandlung zu schützen. Deshalb hat die DAHW eine Kinderschutzrichtlinie, die darauf abzielt, Kinderschutzmaßnahmen sowohl innerhalb der Organisation als auch in geförderten Projekten zu vereinheitlichen, um das Risiko von Gewalt und Missbrauch zu minimieren. Eine klar definierte Richtlinie, die durch ein effektives und transparentes Beschwerde-Management unterstützt wird, gewährleistet Kindern ein hohes Maß an Schutz.

2. Geltungsbereich der Kinderschutzrichtlinie

Die Richtlinie gilt für alle Mitarbeiter*innen während der gesamten Dauer ihres offiziellen Einsatzes, unabhängig vom Standort. Zu den Beschäftigten gehören in diesem Zusammenhang: DAHW-Mitarbeiter*innen weltweit, Aufsichtsgremien, Projektpartner, Berater für kurz- und langfristige Aufgaben, Dienstleister*innen, Praktikant*innen und Ehrenamtliche sowie alle, die im Namen der DAHW in Projektländer reisen.

Handlungen und Verhaltensweisen, die gegen die Kinderschutzrichtlinie verstoßen, werden von der DAHW nicht toleriert. Daher sind alle Mitarbeiter*innen und Partner der DAHW verpflichtet, die Kinderschutzerklärung zu unterzeichnen und einzuhalten. Jeder Verstoß führt zu Disziplinarmaßnahmen und kann zur sofortigen Entlassung aus der DAHW sowie zu Schadenersatzansprüchen führen. Ebenso behält sich die DAHW vor, eine laufende Projektunterstützung zu stoppen und bereits getätigte Auszahlungen zurückzufordern.

3. Definitionen im Rahmen der Kinderschutzrichtlinie

KIND

Im Rahmen dieses Dokuments wird ein "Kind" in Übereinstimmung mit der UN-Konvention über die Rechte des Kindes als jede Person unter 18 Jahren definiert.

KINDESMISSHANDLUNG

Die Weltgesundheitsorganisation definiert "Kindesmissbrauch" oder "Misshandlung" als jede Form physischer und/oder emotionaler Misshandlung, des sexuellen Missbrauchs, der Vernachlässigung und kommerzieller oder anderer Ausbeutung, die zu einer tatsächlichen oder potenziellen Schädigung der Gesundheit, der Entwicklung oder der Würde des Kindes im Rahmen eines Verantwortungs-, Vertrauens- oder Machtverhältnisses führt".[1]

Dies beinhaltet ferner alle ausgeführten oder angedrohten sexuell motivierten Aktivitäten oder Verhaltensweisen. Ebenso alle Formen von sexuellen Berührungen und sexueller Belästigungen sowie (kommerzielle) sexuelle Ausbeutung und Aktivitäten ohne Körperkontakt.

PARTIZIPATION VON KINDERN

Wir engagieren uns für die Entwicklung von Rahmenbedingungen, die Kinder dazu befähigen, ihre Interessen zu vertreten und in denen die Wertschätzung ihrer Sichtweisen zum Tragen kommt.

KINDERSCHUTZ

Kinderschutz ist ein weiter Begriff, der verwendet wird um Philosophien, Richtlinien, Standards, Vorgaben und Verfahren zur Prävention und zum Schutz von Kindern vor Missbrauch zu beschreiben. Im aktuellen Kontext gilt sie für alle DAHW-Projekte, in denen Erwachsene in unterschiedlichen Situationen direkten oder indirekten Kontakt zu Kindern haben. Er beinhaltet die Verantwortung sicherzustellen, dass Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Missbrauch ergriffen und Vorfälle analysiert werden, um den Kinderschutz kontinuierlich in der DAHW-Arbeit zu verbessern.

4. Verpflichtungserklärung der DAHW [2]

  1. Wir setzen uns ein für die Prävention und den Schutz von Kindern vor sexuellem, emotionalem oder körperlichem Missbrauch und Ausbeutung entsprechend unserer Null-Toleranz-Politik.
  2. Wir unterstützen Kinder in ihren Rechten und Pflichten unabhängig von ihrer ethnischen, nationalen und sozialen Herkunft, ihrem religiösen und politischen Hintergrund, ihrer sexuellen Identität und Orientierung, ihrem Geschlecht und ihren Behinderungen sowie ihrer sozialen Stellung. Wir beziehen Kinder ein in alle Angelegenheiten, die sie betreffen, indem wir ihre Bedürfnisse und Interessen bei der Planung und Durchführung von Projektaktivitäten berücksichtigen.
  3. In unserem Wirkungskreis schaffen wir eine sichere Umgebung für Kinder, in der ihre und die Rechte aller Menschen gewahrt werden.
  4. Wir sensibilisieren innerhalb der DAHW, bei Partnern und bei den Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, für den Kinderschutz.
  5. Wir entwickeln, implementieren und nutzen geeignete Maßnahmen mit eindeutig definierten Pflichten und Vorgehensweisen in den Bereichen Prävention, Krisenmanagement und Kontrolle.
  6. Wir stellen sicher, dass die Würde der Kinder in unseren Programmmaßnahmen und unserer Presse-, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit stets gewahrt bleibt.
  7. Wir sensibilisieren relevante Interessengruppen sowie in unseren Netzwerken zum Thema Kinderschutz.

5. Die im Geltungsbereich der Kinderschutzrichtlinie genannten Akteure verpflichten sich:

  1. Im Umgang mit Kindern zu gewährleisten, dass bei Interaktionen zwischen einem Kind und einem Erwachsenem zu jeder Zeit eine oder mehrere Personen Sichtkontakt haben.
  2. Die im DAHW-Verhaltenskodex festgelegten Verhaltensweisen einzuhalten.
  3. Kein illegales, gefährliches oder missbräuchliches Verhalten gegenüber Kindern zu tolerieren oder zu unterstützen.
  4. Zu verhindern, dass Personen mit einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Kindesmissbrauch, in jeglicher Form bei der Programmumsetzung beteiligt werden.
  5. Geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um Missbrauch oder Ausbeutung jeglicher Art bei sämtlichen Programmumsetzungen zu verhindern.
  6. Alle Bedenken bezüglich Kindesmissbrauch und Kinderschutz hinsichtlich lokaler Gesetze und dieser Richtlinie zu melden.
  7. Auf Kindesmissbrauch oder Ausbeutung in Übereinstimmung mit den geltenden lokalen Gesetzen und Verfahrensweisen zu reagieren.
  8. Umfassende und vertrauliche Zusammenarbeit bei jeder Untersuchung von Bedenken oder Anschuldigungen wegen Kindesmissbrauchs intern und mit lokalen und nationalen Behörden zu gewährleisten.
  9. Kinder immer unter Achtung ihrer Rechte, Integrität und Würde zu behandeln, ihre Interessen zu berücksichtigen und sie keinem Risiko auszusetzen oder zu gefährden.

6. Kommunikationsstandards zum Schutz von Kindern

Unter Berücksichtigung individueller Faktoren werden Maßnahmen zum Schutz der Identität und Würde des Kindes ergriffen, um das Risiko von Gewalt und Stigmatisierung zu vermeiden.

  • In allen Medieninhalten wird die Würde der beschriebenen Personen respektiert und bewahrt.
  • Kinder werden als facettenreiche Individuen mit unterschiedlichen Potenzialen dargestellt. Die Reduzierung von Kindern auf eine Rolle als Opfer oder andere Stereotypen wird vermieden.
  • Fotos und Berichte werden nur dann erstellt, wenn die Zustimmung der Kinder und ihrer Eltern/Erziehungsberechtigten vorhanden ist. Der Verwendungszweck soll in leicht verständlicher Art und Weise erklärt werden.
  • Kinder erhalten immer Pseudonyme, es sei denn, anderes liegt im Interesse des Kindes und die Zustimmung des Kindes und seiner Eltern oder Erziehungsberechtigten liegt vor.
  • Bei Bild- und Filmaufnahmen und der Auswahl von Fotos aus Ländern, in denen Kinder nicht viel Kleidung tragen, ist höchste Sorgfalt geboten. Bilder sollen Kinder ausreichend bekleidet darstellen.
  • In den operativen DAHW-Richtlinien ist sichergestellt, dass alle für die DAHW Veröffentlichung ausgewählten Bilder/Filmaufnahmen von mehreren Personen geprüft werden.
  • Bei der Beschreibung der Lebenssituation der Kinder muss der soziale, kulturelle und wirtschaftliche Kontext berücksichtigt werden, um die Komplexität der Entwicklungssituation zu verdeutlichen.

7. Umsetzung

  1. Alle Mitarbeiter*innen sowie die Mitglieder der DAHW-Aufsichtsgremien erhalten Kopien aller DAHW-Richtlinien einschließlich der Kinderschutzrichtlinie. Alle Richtlinien sind auch auf unserer Website veröffentlicht.
  2. Alle DAHW-Richtlinien einschließlich der Kinderschutzrichtlinie sind allen Arbeits- und Dienstverträgen sowie Verträgen mit Projektpartnern und -organisationen beigefügt. Unsere Partner sind verpflichtet, eine Kinderschutzrichtlinie zu haben oder diese zu entwickeln.
  3. Alle DAHW-Richtlinien einschließlich der Kinderschutzrichtlinie werden allen Mitarbeiter*innen erläutert und jede*r Mitarbeiter*in ist verpflichtet, eine Bestätigung seiner*ihrer Bereitschaft zur Einhaltung der Richtlinien zu unterzeichnen.
  4. Das Kinderschutzteam in Wuerzburg untersucht in Zusammenarbeit mit den regionalen/lokalen DAHW -Strukturen sämtliche Meldungen, es ergreift rechtzeitig und angemessen Maßnahmen bei Beschwerden und führt die Verfahren bis zum Abschluss durch.

Alle DAHW-Regionalrepräsentant*innen und Programmleiter*innen sowie die Leiter*innen von Partnerorganisationen sind verpflichtet sicherzustellen, dass die Menschen, die im Programm unterstützt werden, über die Kinderschutzrichtlinie der DAHW und die Meldewege bei Bedenken oder Verdacht informiert sind. Diese Sensibilisierung soll in der regionalen Sprache auf eine leicht verständliche Art und Weise erfolgen. Alle Informationsmaterialien sollen in einem kinderfreundlichen Format vorliegen und für die Begünstigten leicht zugänglich sein.

Es liegt in der Verantwortung der/des jeweiligen Regionalrepräsentanten*in (oder des Regionalteams in Würzburg, wenn es keine Regionalvertretung gibt), den Aufbau von Kapazitäten in den Regional-/Programmstrukturen einzuleiten und regelmäßige Updates und Informationsmaterialien zum Thema Kinderschutz zu versenden. Alle Maßnahmen sollen in den jährlichen Fortschrittsberichten dokumentiert werden.

8. Meldeverfahren

Vorwürfe, Beschwerden oder Verdachtsmomente von Kindesmissbrauch, Kinderausbeutung und Richtlinienverstößen durch DAHW-Mitarbeiter*innen oder andere Personen gemäß Abschnitt 2 (Geltungsbereich der Kinderschutzrichtlinie) sind unverzüglich der/dem jeweiligen DAHW-Regionalrepräsentanten*in oder der/dem Programmleiter*in zu melden. Diese informieren umgehend das Kinderschutzteam in der DAHW-Geschäftsstelle in Wuerzburg. Meldungen können auch direkt an das Kinderschutzteam erfolgen.

Kinderschutzteam:

Das Kinderschutzteam ist vorerst nur in der Geschäftsstelle in Wuerzburg eingerichtet. Dieses arbeitet eng mit den Regional- und Programmbüros zusammen. Die Struktur soll erweitert werden und Kinderschutzteams in Zukunft auf der Ebene der Regional-/Länderbüros etabliert werden.

Das Kinderschutzteam besteht aus der Ombudsperson und einer weiteren Person (Vier-Augen-Prinzip) mit Fachkenntnissen zum Kinderschutz. Das Team ist über die E-Mail-Adresse ombudsman@dahw.de zu erreichen. Das Verfahren zur Meldung einer vermeintlichen oder tatsächlichen Verletzung der Kinderschutzrichtlinie durch Mitarbeiter*innen der DAHW oder externe Personen in DAHW-Programmen wird im internen Beschwerde-Management beschrieben:
www.dahw.de/organisation/transparenz-kontrolle/richtlinien.html.

Das Team stellt eine gründliche Untersuchung, Nachverfolgung und angemessene Dokumentation von Meldungen sicher. Wenn notwendig, werden externe Fachberater hinzugezogen.

Während des gesamten Prozesses stellt das Team sicher, dass die notwendigen Schritte zum Schutz der betroffenen Kinder eingeleitet werden. Bei Bedarf stellen sie den Kontakt zu Experten (Fachanwälte, Psychologen, etc.) her. Die DAHW leitet jedoch nicht automatisch immer eine nationale Strafverfolgung ein, wenn sie Zweifel daran hat, dass der Gerechtigkeit gedient wird.

Das Team ist verpflichtet, Meldungen streng vertraulich zu behandeln und die Identität des betroffenen Kindes, des Informanten und der beschuldigten Person angemessen zu schützen. Sollte ein Mitglied des Teams in persönlicher Beziehung zu einer Person stehen, die des Kindesmissbrauchs verdächtigt wird, wird eine andere Person ernannt, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Die Ombudsperson ist verpflichtet, jeden Verdachtsfall bis zu seinem Abschluss schriftlich zu dokumentieren und regelmäßig an den Vorstand und den Aufsichtsrat der DAHW zu berichten.

Wir stellen sicher, dass die Person/Institution, die uns ihre Bedenken oder Verdacht meldet, im Rahmen der Fallbearbeitung angemessen betreut, unterstützt und geschützt wird.

Die Mitarbeiter*innen sind verpflichtet, jede Situation, in der sie sich unsicher sind, ob die Kinderschutzrichtlinie verletzt wird, an den/die Regionalrepräsentanten*in oder Programmleiter*in zu melden. Diese informieren das Kinderschutzteam.

9. Ergänzungen

Der Geschäftsführer ordnet eine periodische Überprüfung der Kinderschutz-richtlinie (alle 3 Jahre) an (früher falls erforderlich). Änderungen der Richtlinie bedürfen der Zustimmung des DAHW-Geschäftsführers und der Aufsichtsgremien.

Funktionsbereich:Personalabteilung und Organisationsentwicklung
Besitzer:Geschäftsführung DAHW
Genehmigt von:Geschäftsführer/Vorstand/Aufsichtsrat, 01.02.2019
Nächste Revision:drei Jahre ab Freigabedatum (falls notwendig früher)
Sprachen:Englisch, Deutsch, Spanisch, Französisch und Portugiesisch
Anwendbar für:Alle Mitarbeiter*innen (In- und Ausland), Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, Projektpartner, Berater*innen, Dienstleiter*innen, Praktikant*innen und Ehrenamtliche
Entsprechende Richtlinien:DAHW-Verhaltenskodex; Internes Beschwerdemanagement der DAHW; Richtlinien zur Bekämpfung und Prävention von Korruption, Interessenkonflikten und Betrug im Rahmen der DAHW-Arbeit; Leitfaden für die Zusammenarbeit in Unternehmen; Digital Media Leitfaden; Geschäftsordnung interne Revision der DAHW; DAHW Projekt Management Handbuch
Ansprechpartner*in:Geschäftsführung DAHW

[1] World Health Organisation. (29. März 1999). Report of the Consultation on Child Abuse Prevention, 29-31 März 1999, WHO, Geneva. Verfügbar unter apps.who.int/iris/handle/10665/65900

[2] VENRO – Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (Januar 2011). VENRO-Kodex zu Kinderrechten, Schutz von Kindern vor Missbrauch und Ausbeutung in der Entwicklungszusammenarbeit und Humanitären Hilfe: https://www.dahw.de/fileadmin/redaktion/PDF/Organisation/Partner/VENRO_Kodex_Kinderrechte_2Auflage_v01.pdf