17. Oktober 2024

100. Geburtstag von DAHW-Gründer Hermann Kober – wir erinnern an eine prägende Persönlichkeit

DAHW-Gründer Hermann Kober 1985 im äthiopischen Harar beim Besuch eines Projektes (Foto: DAHW-Archiv)

Die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe erinnert an einen ihrer Gründungsväter, den verstorbenen Würzburger Journalisten Hermann Kober, geboren 1924. Anlässlich seines 100. Geburtstag am 19. Oktober blickt die DAHW auf die Anfänge zurück – gemeinsam mit seiner Witwe Irene, ebenfalls Gründungsmitglied, die bis heute die Geschehnisse in der Organisation verfolgt.

Würzburg, 17.10.2024: Am Wohnzimmertisch des Ehepaars Kober in Zell am Main hatte sich im Januar 1957 ein Freundeskreis versammelt, um Irenes Geburtstag zu feiern. Kurz zuvor, im Advent, hatte Hermann Kober mit seinem Zeitungskollegen Franz Graf Magnis bewegende Reportagen über einen französischen Lepra-Arzt veröffentlicht, der dringend einen Jeep brauchte, um in Äthiopien Betroffene zu versorgen. Prompt trudelten Spenden ein – viel mehr als die Freunde privat verwalten durften.

„Wir saßen zusammen und haben Kaffee getrunken“, erinnert sich die heute 98-jährige Irene Kober, während sie im Oktober 2024 am selben Wohnzimmertisch sitzt, „und dann hat irgendeiner wohl gesagt: Wir müssen einen Verein gründen! Und ich hab gesagt: Das muss sofort passieren. Und dann sind wir hinmarschiert, einen Tag nach meinem Geburtstag.“

Die Organisation, damals noch unter dem Namen „Deutsches Aussätzigen-Hilfswerk“, wuchs rasch, verlegte das im Koberschen Wohnzimmer improvisierte Büro schon bald in offizielle Geschäftsräume und Hermann Kober, hauptberuflich Chefredakteur des Würzburger Volksblatts, stürzte sich in die Arbeit: erst als Schatzmeister, 30 Jahre lang als geschäftsführendes Vorstandsmitglied, ab 1994 als Präsident. Alles ehrenamtlich, neben Beruf und Familie. Nur Auslagen wurden übernommen, aber die sparsame Familie Kober nahm Dienstreisende, die etwa aus Äthiopien oder Pakistan nach Deutschland kamen, gern bei sich zuhause in Zell auf – was damals nicht allen gefiel.

Ein Briefträger habe sie mal gefragt, ob er sich an der Post, die aus Lepra-Stationen kam, anstecken könnte, erzählt Irene Kober heute, und nicht wenige Menschen hielten Abstand zu den Kobers, wenn sie sie auf der Straße trafen. Ein Preis, den die Eheleute gern bezahlten – sie wussten, wofür sie ihre ehrenamtliche Arbeit taten. Die Betroffenheit ist Irene Kober heute noch anzuhören, wenn sie von ihren Besuchen bei Lepra-Betroffenen erzählt, etwa in Indien: „Unser Hund hatte eine schönere Hütte“, sagt sie schlicht. „Unvorstellbar. Ich sage immer, dass der liebe Gott duldet, dass Menschen so leben müssen, das habe ich nie verstanden.“

Doch Hermann und Irene gaben nicht auf und trieben die Arbeit weiter voran. Und die DAHW feierte Erfolge: Betroffene wurden unterstützt, Krankenhäuser gebaut, Forschungsprojekte gefördert – und in den Achtzigerjahren ein Meilenstein erreicht: Die Entwicklung einer Kombinationstherapie machte Lepra heilbar. „Das ist das Allerwichtigste“, sagt Irene Kober rückblickend, „dass wir das Medikament geschafft haben. Dass wir Menschen die Möglichkeit geben konnten, so geheilt zu werden, dass sie wieder integriert werden können, dass Kinder Medikamente bekommen können, damit sich die Krankheit nicht weiterentwickelt.“ Stolz sei das falsche Wort, sagt sie, aber darüber freue sie sich am meisten.

„Die Verdienste von Hermann und Irene Kober um die DAHW sind unschätzbar“, sagt der heutige DAHW-Vorstand Patrick Georg. „Beide engagierten sich neben dem Berufs- und Familienleben mit großer Leidenschaft für Menschen – weit entfernt von ihrer Alltags- und Lebensrealität im heimatlichen Deutschland. Ihr ehrenamtliches Engagement, ihre Einsatzbereitschaft und ihre großen Errungenschaften dienen uns bis heute als Vorbild und werden in der DAHW niemals in Vergessenheit geraten.“

Hermann Kober starb 1998, den Posten als Präsident hatte er bis zu seinem Tod inne. Seine Frau ist bis heute Mitglied der DAHW, eine Tochter und eine Enkelin haben sich dem Verein ebenfalls angeschlossen. Im Jahr 2007 wurde die Hermann-Kober-Stiftung ins Leben gerufen, die seinem Vermächtnis gewidmet ist. Sie unterstützt in seinem Namen weiter DAHW-Projekte in Äthiopien, dort, wo alles begann – im vergangenen Jahr etwa flossen 18.000 Euro in die Wasserversorgung des allerersten DAHW-geförderten Lepra-Krankenhauses in Bisidimo.

Hermann Kober, dem gebürtigen Unterfranken, der nach russischer Kriegsgefangenschaft einen großen Teil seines Lebens damit verbrachte, anderen zu helfen, waren Auszeichnungen immer unangenehm. Dennoch wurde er irgendwann geradezu überhäuft damit – er erhielt unter anderem das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, den Bayerischen Verdienstorden, den Damien Dutton Award und das Ritterkreuz des Malteserordens. Als er 1989 in den Ruhestand ging, würdigte ihn seine Zeitung in einem Grußwort zum Abschied als Chefredakteur „mit Würde und gerader Haltung“, der sein Team stets zu motivieren wusste. An diese Gabe erinnert sich auch seine Witwe: Ihr Mann sei ein sehr angenehmer Mensch gewesen, sagt sie, sehr beliebt – und er habe die Leute animieren können. Nicht nur im Beruf, auch für die ehrenamtliche DAHW-Arbeit: „Wer mit uns befreundet war, war drin. Jeder hat da mitgeholfen und das auch gern gemacht.“

Irene Kober, die ausgebildete OP- und Krankenschwester, die als Kriegsgeflüchtete aus Breslau nach Unterfranken kam und einmal sagte, sie habe erst mit der Heirat wieder eine Heimat gefunden; die schließlich an ihrem Wohnzimmertisch ihrerseits eine Heimat für die DAHW schuf und die ihrem Mann als Partnerin durch dick und dünn beiseitestand, hat vor allem einen Wunsch für die Zukunft des gemeinsamen Lebensprojekts: „Dass wir weiter unterstützt werden und weiter die Menschen betreuen können. Und wenn’s mal nicht mehr ist, dann müssen wir dankbar sein, dass wir die Zeit hatten.“


Herzliche Einladung zur Mini-Ausstellung "Meilensteine der DAHW-Geschichte" anlässlich des 100. Geburtstags von DAHW-Gründer Hermann Kober

wann: 18. bis 20. Oktober
wo: Hermann-Kober-Brücke, 97080 Würzburg

Ganztägig geöffnet, Eintritt frei!


 

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