05. Januar 2023

Afghanistan: Aktuelle Auswirkungen des Beschäftigungsverbots für Frauen in Nichtregierungsorganisationen auf die Arbeit der DAHW

Sprechstunde mit Dr. Frishta
Das Beschäftigungsverbot für Frauen gilt nicht für den medizinischen Bereich. Foto: Sabine Ludwig / DAHW

Würzburg, Kabul, 05. Januar 2023: Weltweite Kritik und vor allem große Sorge löst das von den Taliban kürzlich verhängte Beschäftigungsverbot für afghanische Frauen in Hilfsorganisationen aus.

Auch die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe ist in dem kriegsgebeutelten Land aktiv, über das die Taliban Mitte 2021 erneut die Macht übernommen haben. Als Teil eines Konsortiums mit Caritas International, Caritas Luxembourg und Misereor unterstützt die DAHW die lokale Partner-Organisation LEPCO (Leprosy Control), die einst auf Initiative von Dr. Ruth Pfau, Ehrenbotschafterin für die weltweite Lepra-Arbeit der DAHW, gegründet wurde. In den sieben über das Land verteilten Kliniken spezialisiert sich LEPCO auf die Diagnose und Behandlung von Lepra, Tuberkulose und anderen vernachlässigten Tropenkrankheiten wie Leishmaniose.

Medizinischer Bereich bislang ausgeschlossen

Aufgrund des zu Weihnachten erlassenen Beschäftigungsverbots für Frauen hatten einige Hilfsorganisationen ihre Arbeit zunächst suspendiert. DAHW Vorstand Patrick Georg erklärt, inwieweit die Arbeit der Organisation von den jüngsten Entwicklungen betroffen ist: „Im Moment gehen wir davon aus, dass wir unsere Arbeit in Afghanistan fortführen können, da das Beschäftigungsverbot für Frauen nicht für den medizinischen Bereich gilt. Diese Ausnahme ermöglicht es unserem Team vor Ort, weiterhin eine medizinische Versorgung zu gewährleisten. Wir unterstützen und versorgen dabei insbesondere vulnerable Personen, die ohnehin von der schwierigen Situation in Afghanistan betroffen sind.“

Patrick Georg betont gleichzeitig die moralische Zwickmühle, in der die DAHW als Partner von LEPCO steckt: Einerseits will man weiterarbeiten und sich um die Menschen kümmern, die medizinische Hilfe benötigen. Andererseits würde man mit einer Unterbrechung oder Einschränkung der Arbeit vielleicht dazu beitragen, die Taliban zu einer Rücknahme der Entscheidung zu bewegen. Georg betont, dass es nicht darum geht, Druck auf die Taliban auszuüben, sondern vielmehr darum, den Dialog zu suchen, um zu einer Lösung zu kommen.

Verheerende Situation vor Ort

„Die Entwicklungen in Afghanistan sind mehr als bedauerlich“, so Georg. „Die Situation vor Ort ist verheerend und vor allem die missliche Lage der Frauen bereitet uns große Sorgen.“ Die extreme Einschränkung ihrer Rechte und ihrer Freiheit sei nahezu untragbar und habe große Auswirkungen auf die Moral der Mitarbeitenden, aber zum Beispiel auch auf das Leben der Ehefrauen von Mitarbeitern sowie allen Frauen, die in Afghanistan leben und unter den strengen Gesetzen der afghanischen Regierung leiden.

Die DAHW verurteile das Verbot vehement, da die Organisation jegliche Form der Diskriminierung und eine Verurteilung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts oder aufgrund von Religion, Herkunft, Alter, Behinderung, sexueller Orientierung oder Identifikation kategorisch ablehne. „Wir wollen Hilfe leisten, die alle, einschließlich Frauen und Mädchen, erreicht und eine geschlechtsspezifische Diskriminierung nicht zusätzlich begünstigt“, betont Georg.

Darüber hinaus trage die DAHW gemeinsam mit LEPCO die Verantwortung für die Sicherheit und die mentale Belastung der Mitarbeiterinnen vor Ort, wenngleich die Arbeit unter dem Beschäftigungsverbot leide. „Ohne den Einsatz weiblicher Arbeitskräfte ist langfristig keine Versorgung von Mädchen und Frauen im Land mehr möglich. Die katastrophalen Folgen dieser Entwicklung sind untragbar“, so Georg.

Die DAHW weist zudem ausdrücklich darauf hin, dass angedachte Projektinitiativen im Jahr 2023 in den Bereichen Inklusion und Humanitäre Hilfe momentan nicht weiterverfolgt werden können, da die aktive Einbeziehung von Frauen dafür unabdingbar ist.

Mehr Informationen und die Reaktionen unserer Bündnispartner:
Bündnis Entwicklung Hilft verurteilt Arbeitsverbot für afghanische Frauen


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Jamila H. bei der Behandlung.