02. Mai 2016

„Afrika, meine Heimat!“

Münsterländerin arbeitet für die DAHW als Tuberkulose-Expertin in Tansania
Lisa Gerwing-Adima liebt Schokolade. Genauer gesagt Vollmilchschokolade. Die kriegt sie nicht sehr oft in Afrika. Denn dort lebt sie. Von ganzem Herzen. Und schon sehr lange. Außer Schokolade vermisst sie nichts.

„Ich liebe meinen Job am Bugando-Krankenhaus von Mwanza“, schwärmt die Labortechnikerin. Dort ist sie im Bereich der Tuberkulose-Forschung tätig. Aber nicht nur. Sie unterrichtet auch an der örtlichen CUHAS-Universität und bildet zudem noch Labormitarbeiter aus. Im Gefängnis von Mwanza untersucht sie zusätzlich Insassen auf eine mögliche Tuberkuloseerkrankung. Sie ist ein Tausendsassa, sprüht vor Energie und Tatendrang.

Aufgewachsen im münsterländischen Alstätte war es die Tante, eine Missionsschwester, die sie schon früh beeinflusst hat. Nach Gerwings Ausbildung als medizinisch-technische Assistentin am Hygieneinstitut in Gelsenkirchen und dem Abitur auf dem zweiten Bildungsweg besuchte sie schließlich ihre Tante auf Java. „Sie leitete vor Ort ein Krankenhaus und ich durfte im Labor ein wenig mitarbeiten“, sagt die 57-Jährige heute. Die Begeisterung für eine Arbeit im Ausland hatte die Münsterländerin gepackt. Oder vielleicht doch erst ein Medizinstudium? Sie wusste, dass ihre Eltern hinter ihrer Entscheidung stehen würden. „Unsere Erziehung war geprägt vom starken Vertrauen der Eltern. Jeder konnte werden, was er werden wollte“, spricht sie heute über sich und die vier Geschwister. In eine glückliche Kindheit hineingeboren und aufgewachsen auf einem kleinen Bauernhof waren die ersten Lebensjahre von Neugier und Entdeckungslust geprägt. „Ich war Stammgast in der Alstätter Bücherei. Diesen Ort habe ich geliebt. Und natürlich all die Bücher“, erinnert sie sich heute. Es waren die Abenteuer der „5 Freunde“ und die Geschichten um Karl May, die sie die Welt aus unterschiedlichen Perspektiven sehen ließ. Nie legten die Eltern ihr Steine in den Weg, auch dann nicht, als sie mit der Hermannsburger Mission nach Äthiopien ging. „Im Nachhinein weiß ich erst, wie schwer es ist, Kinder ziehen zu lassen“, sagt die zweifache Mutter. Heute studieren sie im Ausland, die Tochter in Den Haag, der Sohn in Edinburgh.

 

Lisa Gerwing-Adima mit Ihren Kollegen im Krankenhaus
Foto: DAHW / Sabine Ludwig

 

Es folgten Stationen in Togo, Ghana und Uganda. Im Fernstudium an der University of London bildete sie sich weiter, erst mit dem Master in Infektionskrankheiten, dann mit dem Master of Public Health. „Das Studium war nicht leicht, zumal ich in Uganda jede zweite Woche unterwegs war.“ Dort arbeitete sie an der Einführung eines nationalen Programmes für TB-Diagnostik. Sie lernte ihren späteren Mann, einen Augenarzt, kennen und lieben. Heirat, zwei kleine Kinder, das Leben in Afrika, einem Kontinent, den sie heute als Heimat bezeichnet. „Zu Uganda gehöre ich“, betont sie, obwohl sie ihre Arbeit in Tansania sehr erfüllt. Seit 2009 arbeitet sie dort mit Begeisterung und wird von der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe unterstützt. „Ich habe sehr liebenswerte und zuverlässige Kollegen. Wir können miteinander diskutieren und es hat sich eine echte Partnerschaft ergeben.“

Doch die Heimat mit dem Familienhaus sei im nordugandischen Arua, wo ihr Mann William arbeitet. Die Grenze in den Südsudan ist nicht weit und Dr. William Adima hat auch dort seine Patienten. Einmal im Jahr kommt das Ehepaar zurück in den Ort von Lisa Gerwings Kindheit, nach Alstätte. Die Heimatgemeinde von St. Maria Himmelfahrt unterstützt die Arbeit ihres Mannes und spendet regelmäßig für seine mobile Augenklinik.

Ihr großer Traum sei der Einsatz gegen Tuberkulose im krisengeschüttelten Südsudan. „Dort kann man noch richtige Aufbauarbeit leisten“, sagt die Münsterländerin.

Lisa Gerwing-Adima beim Ablesen von Kulturen
Foto: DAHW / Sabine Ludwig

Befürchtungen wegen der Sicherheitslage hat sie nicht. „Ich sehe oft Bilder, die mein Mann aus dem Südsudan mitbringt. Wir lieben dieses Land. Und auch Arua ist ganz in der Nähe.“ Für beide wäre das die optimale Basis für ihr Familienleben, zumal ihr Arbeitsvertrag in Mwanza im Herbst endet.

Lisa Gerwing-Adima will in Afrika bleiben. Für immer. „Es ist mein Zuhause geworden“, schwärmt sie. Jetzt ist sie erst noch ein paar Tage in Deutschland. Ganz klar, dass sie einen großen Vorrat an Vollmilchschokolade in ihr Zuhause mitnehmen wird. „Und guten Filterkaffee. Den kriegt man in Afrika auch sehr selten.“