11. Mai 2020

Covid-19-Nothilfe für Gefängnisinsassen und -personal in Togo

Auf Antrag der DAHW stellt EU rund 400.000 Euro zur Eindämmung der Corona-Pandemie und Verbesserung der Gesundheitssituation in 13 Zivilgefängnissen bereit.

(Würzburg/Lomé, 11. Mai 2020) – Die Lebensbedingungen in vielen Gefängnissen der Welt begünstigen den Ausbruch und die Verbreitung von Infektionskrankheiten wie Tuberkulose (TB) oder aktuell COVID-19: Die Insassen hausen in überfüllten Zellen unter unhygienischen Bedingungen, erhalten zu wenig Nahrung und wenig bis keine medizinische Versorgung. So auch in Togo, wo die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe seit vielen Jahren in Haftanstalten im Einsatz ist, um einer Ausbreitung von TB entgegen zu wirken und die allgemeine Situation der Gefangenen zu verbessern. Aufgrund der Corona-Pandemie hat die Würzburger Hilfsorganisation nun zusammen mit mehreren lokalen Partnern ein kurzfristiges, sechsmonatiges Nothilfeprojekt gestartet, das zum größten Teil mit Mitteln der Europäischen Union finanziert wird.

Die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe ist seit Jahren in mehreren Haftanstalten in Togo aktiv, um dort eine Ausbreitung von Infektionskrankheiten wie Tuberkulose einzudämmen und die Gesundheitssituation von Insassen und Personal generell zu verbessern. Denn aufgrund der massiven Überfüllung, mangelnder Wasser-, Hygiene- und Sanitärversorgung (WASH) und dem schlechten Ernährungszustand vieler Gefangener, ist das Risiko einer Ansteckung und Erkrankung sehr hoch. Auch die Angestellten und deren Angehörige sind gefährdet, ebenso wie das Umfeld von infizierten Häftlingen, die entlassen wurden. Die umgesetzten Maßnahmen der Würzburger Organisation reichen von der medizinischen Versorgung über Hygieneschulungen bis hin zur Installation sanitärer Einrichtungen und Angeboten zur sozialen Reintegration.

Corona verschärft die Situation

Die aktuelle Corona-Pandemie und die Krisenreaktion der Regierung haben die Situation in den togoischen Gefängnissen weiter verschärft: Angehörige dürfen die Insassen aufgrund des Gesundheitsnotstandes nicht mehr besuchen und können sie daher nicht mehr mit dringend benötigten Nahrungsmitteln versorgen. So sind die Haftanstalten mit ihren ungenügenden Ressourcen ganz auf sich gestellt – mit möglicherweise verheerenden Folgen. Um diesen entgegenzuwirken, hat die DAHW in kürzester Zeit ein COVID-19-Nothilfeprojekt auf den Weg gebracht hat: 4.250 Gefangene, das Sicherheits-, Verwaltungs- und Gesundheitspersonal sowie deren Familien sollen vor einer Infektion mit dem Coronavirus geschützt und system-relevante Strukturen in den Einrichtungen aufrechterhalten werden. Das Projekt wird innerhalb von ca. sechs Monaten in 13 Haftanstalten in der Zentral-, Kara- und Savannenregion Togos umgesetzt. Der Großteil der Finanzierung stammt mit rund 400.000 Euro aus einem Hilfsfonds der Europäischen Union.

Schnelle nachhaltige Hilfe

Bereits Ende April wurden den togoischen Justizbehörden mit Sitz in Lomé für das Gefängnis-Personal ein Paket mit Schutzausrüstung zur Eindämmung der COVID-19-Ausbreitung übergeben: Es beinhaltet unter anderem Handwaschgeräte, Schutzmasken, Schutzhandschuhe, Infrarot-Stirnthermometer, Desinfektions- und Reinigungsmittel. Parallel werden Insassen und Personal über Corona aufgeklärt und für Schutzmaßnahmen sensibilisiert. Dafür kommen regelmäßig ausgestrahlte Radiospots, Plakate und Flugblätter in 18 Sprachen in den Gefängnissen zum Einsatz.

Um die prekäre Ernährungssituation der Gefangenen zu verbessern, Unterernährung zu vermeiden und damit das Risiko einer Erkrankung zu reduzieren, werden monatlich Grundnahrungsmittel zur Herstellung von nahrhaften Breien und Broten verteilt. Im Zivilgefängnis in Kara wird zudem eine Bäckerei eingerichtet, in der die Gefangenen angereichertes Brot für den Eigenbedarf, aber auch für andere Haftanstalten produzieren können. Alle Insassen werden engmaschig ärztlich untersucht und im Fall einer Erkrankung medizinisch versorgt.

Zur Verbesserung der Hygienebedingungen werden die Klärgruben in den Einrichtungen entleert und gereinigt sowie alle Zellen systematisch desinfiziert. Und um trotz der physischen Distanz aufgrund der ausbleibenden Besuche und Abstandsregeln im Gefängnis im Kontakt mit Familien und Verwandten bleiben zu können, werden die 13 Gefängnisse mit Telefonen und die Insassen, darunter auch über 60 Minderjährige, mit Telefonguthaben ausgestattet.

Wirkung über die Krise hinaus

Das Projekt ist für sechs Monate bis Oktober 2020 geplant. Doch auch wenn die landesweiten Restriktionen bis dahin aufgehoben sein werden, wird sich die Situation nicht automatisch verbessern. „Aufgrund des coronabedingten Lohnausfalls in vielen Familien sind die Menschen geschwächt und werden kaum Ressourcen haben, um sich um ihre Angehörigen in den Gefängnissen zu kümmern“, prognostiziert Dr. Saskia Kreibich von der DAHW. Um die Last der Versorgung von den betroffenen, besonders vulnerablen Familien zu mindern, greife man auf verschiedenen Ebenen an. „Auch wenn es sich um eine kurzfristige Nothilfe handelt: Unser Ziel ist es, dass sich die Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen und Hygienestandards langfristig für alle Menschen im und außerhalb der Gefängnisse auswirken.“


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