19. Januar 2023

DAHW-Gründungsmitglied Irene Kober: Eine bewundernswerte Frau wird 97 Jahre alt.

Irene Kober wurde am 17. Januar 97 Jahre alt! Es gratulierten herzlich: v.l. DAHW-Aufsichtsrat Jürgen Jakobs, Vorstand Patrick Georg und Aufsichtsrat Chamoun Massoud Foto: Kristina Popp / DAHW 

Jahr für Jahr am 17. Januar, exakt einen Tag vor dem Geburtstag der DAHW, hat Irene Kober aus dem kleinen Örtchen Zell am Main allen Grund zu feiern: Sie hat Geburtstag und ist heute – mit ihren stolzen 97 Jahren – das älteste Gründungsmitglied der DAHW.

Dass die beiden Tage direkt aufeinanderfolgen, ist kein Zufall: 1957 war es ebenfalls dieser Tag, der Anlass gab, Freunde einzuladen und gemeinsam über die Themen und Probleme dieser Welt zu sprechen. Beim Kaffeekränzchen gründete Irene Kober gemeinsam mit ihrem Ehemann Hermann und fünf weiteren Freunden den gemeinnützigen Verein, der einen Tag später als das Deutsche Aussätzigen-Hilfswerk offiziell eingetragen wurde. 

Ähnlich wie 1957 versammelten sich auch im Januar 2023 wieder ein paar Menschen rund um Irene Kobers Wohnzimmertisch, an dem 66 Jahre zuvor die DAHW gegründet wurde: DAHW-Vorstand Patrick Georg und die beiden Aufsichtsräte Jürgen Jakobs und Chamoun Massoud waren zu Besuch, um der „Grande Dame der DAHW“ von Herzen zu gratulieren, bei Kaffee und Kuchen gemeinsam zurückzublicken und ihren Geschichten zu lauschen. Noch heute empfindet Irene Kober es als Glück, nach der Flucht aus Breslau nach Dresden, wo sie den Bombenangriff miterlebte, und nach turbulenten Jahren in einem kriegsgebeutelten Land, gemeinsam mit ihrem Mann Hermann Kober hier in Zell bei Würzburg ihren Lebensmittelpunkt und die wirkungsvollste Aufgabe ihres Lebens gefunden zu haben. Ein Schritt, der nicht nur ihr gesamtes weiteres Leben, sondern auch das unzähliger Menschen weltweit entscheidend prägen sollte.

Wir hoffen, noch viele weitere Jahre mit Irene Kober an diesem bedeutungsvollen Wohnzimmertisch sitzen zu dürfen und gratulieren ganz herzlich! Irene Kober beeindruckt uns mit ihrer Jugendlichkeit, ihrer offenen, fröhlichen und bescheidenen Art, ihrer Lebensfreude und ihrer Selbständigkeit. Herzlichen Glückwunsch, alles erdenklich Gute und weiterhin viel Gesundheit, liebe Irene Kober!

Ein Rückblick: Das Leben der Irene Kober und die Gründung der DAHW

Irene Kober wurde am 17. Januar 1926 in Berlin geboren. Als sie fünf Jahre alt ist, erfolgt der Umzug der Familie nach Breslau, im letzten Kriegsjahr 1945 flieht die Familie nach Dresden, wo sie die Bomben-Angriffe auf die Stadt miterlebt. Nach dem Ende des Krieges holt sie in Berlin das Abitur nach, legt in Zehlendorf ihr Staatsexamen als Krankenpflegerin ab und absolviert eine Ausbildung zur OP-Schwester. Sie arbeitet zunächst in Bad Elster, dann in Göttingen. An das ersehnte Studium zur Kinderärztin ist aufgrund von Geldmangel nicht mehr zu denken. Ihre Eltern ziehen zwischenzeitlich ins unterfränkische Karlstadt, wo Kobers Vater sich mit einem eigenen Geschäft selbständig macht. Die Tochter Irene hilft ab und zu im Büro mit und lernt Hermann Kober, seinerzeit Redakteur beim Würzburger Fränkischen Volksblatt, kennen und lieben. Am 29. September 1952 heiratet das Paar und bezieht bald darauf sein Haus in Zell am Main: der späteren Geburtsstätte der heutigen DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe.

Als Hermann Kober 1956 von seinem Kollegen Franz Graf Magnis erfährt, dass in Äthiopien die „biblische Krankheit“ Lepra weit verbreitet ist und zahllose Betroffene unsägliches Leid erfahren, will er spontan helfen. Er veröffentlicht eine Reportage über den französischen Lepra-Arzt Dr. Antoine Féron, der in Bisidimo/Äthiopien mit dem Fahrrad in weit entlegene Regionen fährt, um von Lepra betroffene Menschen zu behandeln – und bittet um Spenden. Mit überwältigender Resonanz: „Es wusste damals doch kein Mensch, dass es noch so viel Lepra gibt“, erinnert sich Irene Kober in einem Zeitungsinterview zum Welt-Lepra-Tag 2012. In kürzester Zeit gehen 10.000 Mark an Unterstützung auf einem Privatkonto ein, sodass die Gründung eines Vereins erforderlich wird. „Die sieben Leute dafür, Freunde und Journalisten, hatten wir schnell gefunden“, wird Irene Kober in der Main-Post zitiert. Sie alle fanden sich am 17. Januar 1957 bei den Kobers in Zell am Main ein, um den Geburtstag der Dame des Hauses zu feiern, und die Satzung für das Deutsche Aussätzigen-Hilfswerk, kurz DAHW, zu finalisieren. Am Tag darauf erfolgt die Registrierung im Vereinsregister.

Die Nachricht, dass es in Deutschland einen Verein gibt, der bei der Behandlung von Lepra-Patient:innen unterstützt, verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Von überall gehen verzweifelte Hilferufe im Hause Kober ein. Nur wenige Jahre später ist „das DAHW“ nicht nur in Äthiopien, sondern auch in Brasilien, Thailand, Indien, Pakistan und auf den Osterinseln im Einsatz, um die unvorstellbare Not von Betroffenen zu lindern, die infolge der Lepra mit schwersten Behinderungen und massiver Ausgrenzung leben. „Schnell ist das wirkliche weltweite Ausmaß der Lepra deutlich geworden“, so Irene Kober im Zeitungsinterview. „Wir gingen damals von rund 15 Millionen Leprakranken aus.“ In langen, arbeitsreichen Nächten werden unzählige, ergreifende Berichte gelesen, Bitt- und Dankesbriefe geschrieben und Spendenquittungen ausgestellt.

Als das provisorische Büro, das die Kobers in den heimischen vier Wänden in Zell am Main aufgebaut haben, zu klein wird, bezieht der Verein ein angemietetes Zimmer in der Würzburger Innenstadt und stellt eine Sekretärin ein. Irene Kober arbeitet als stellvertretende Schatzmeisterin und hält Vorträge in Schulen und Gemeinden. „Noch heute erfüllt mich mit Freude, dass die Voraussicht der Verantwortlichen zur Gründung eines europäischen Netzwerkes der Leprahilfswerke geführt hat, welches sich später in ein weltweites – das heute noch existierende ILEP-Netzwerk – weiterentwickelt hat“, schreibt Kober in einem Grußwort in der Festschrift zum 60-jährigen Jubiläum der DAHW. „Die Beteiligung der DAHW an der Forschung war und ist für mich ein Leuchtturm der Arbeit. Die DAHW war an der Entwicklung der Therapie zur Leprabekämpfung aktiv beteiligt.“

Für ihren Einsatz für Millionen von Lepra-Patient:innen und ausgegrenzten Menschen in der Welt erhält Irene Kober 2007 das Bundesverdienstkreuz. Der DAHW ist sie bis heute eng verbunden und aktives Vereinsmitglied.


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