16. Oktober 2022

DAHW stellt Sonderetat bereit, um der Hungerkrise in Ost- und Westafrika langfristig entgegenzuwirken.

Hunger weltweit beenden, Armut beseitigen. Damit Krankheiten keine Chance mehr haben. Foto: Mario Schmitt / DAHW

Voller Sorge blickt die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe anlässlich des Welthungertages am 16. Oktober in ihre Projektländer im Osten und Westen Afrikas. Denn während sich die Folgen des Ukraine-Konflikts hierzulande in Form von gestiegenen Energiepreisen bemerkbar machen, stehen die Länder am Horn von Afrika vor einer Katastrophe der Ernährungsunsicherheit.

Lieferungen von wichtigen Gütern wurden unterbrochen, bezog zum Beispiel Ostafrika doch fast ein Drittel seiner Getreidelieferungen aus Russland und der Ukraine.„Durch den Konflikt ist die weltweite Versorgung ins Wanken geraten. Ohne die wichtigen Lieferanten von Nahrungsmitteln, Weizen und Düngemitteln wird die ohnehin schon verheerende Situation der Menschen am Horn von Afrika noch verschlimmert“, erklärt Dr. Saskia Kreibich, DAHW-Global Health Beraterin mit Fokus auf Ostafrika. „Äthiopien steht kurz vor einer vierten Dürreperiode – eine der schlimmsten seit 40 Jahren – und sieht sich angesichts der schwindenden Vorräte und der steigenden Preise für Weizen und Düngemittel mit einer Katastrophe der Ernährungssicherheit konfrontiert.“

Ähnlich gestaltet sich die humanitäre Lage in Westafrika, wo die Lebensmittelpreise in den letzten fünf Jahren um 20-30 Prozent gestiegen sind. Während die Nahrungsmittelreserven in der Sahelzone schwinden, verschärft die Krise in der Ukraine die Situation auf gefährliche Weise. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) könnten die Lebensmittelpreise weltweit um weitere 20 Prozent steigen, was für die ohnehin schon schwache Bevölkerung eine untragbare Erhöhung darstellt. Darüber hinaus wird der Krieg vermutlich auch in einigen westafrikanischen Ländern wie dem Senegal und Togo zu einem erheblichen Rückgang der Verfügbarkeit von Weizen führen.

Humanitäre Krisen könnten in Vergessenheit geraten

„Angesichts des Konflikts und der verheerenden humanitären Notlage in der Ukraine, die die Schlagzeilen beherrschen, machen wir uns Sorgen, dass die aktuelle Krise in Ostafrika ebenso wie die Sahelkrise in Vergessenheit geraten“, erklärt Dr. Kreibich. Das mangelnde mediale Interesse verringere zudem die Spendeneinnahmen für die Krisen dieser Regionen und limitiere weiter die Möglichkeiten, auf den erhöhten Bedarf reagieren zu können. Zusätzlich haben auch internationale Geber bereits einen Rückgang der Hilfe für diese Regionen angekündigt und teils eingeleitet.

Die Regionen selbst haben große Mühe, die Verluste zu kompensieren. Der Klimawandel in Form von Naturkatastrophen wie Dürren und Überschwemmungen zerstören Landwirtschaft, Grasland und Wasserressourcen. Die Folgen der COVID-19-Pandemie, Heuschreckeninvasionen und Konflikte in der Region verstärken und verschärfen die ohnehin schon katastrophale Lage.

Inzwischen benötigen mehr als 14 Millionen Menschen dringend Nahrungsmittelhilfe in Ostafrika. Die UN schätzt, dass diese Zahl voraussichtlich auf mehr als 20 Millionen ansteigen wird – wodurch schätzungsweise fünf Millionen Kinder akut unterernährt sind, darunter 1,6 Millionen mit schwerer akuter Unterernährung. Auch in Westafrika wird ein neues historisches Niveau verzeichnet: Mit 27 Millionen von Ernährungsunsicherheit betroffenen Menschen (Tendenz steigend) erlebt die Region die schlimmste Nahrungsmittelkrise seit einem Jahrzehnt. Nach Schätzungen der UN werden in diesem Jahr hier 6,3 Millionen Kinder im Alter von 6-59 Monaten akut unterernährt sein.
Eine solche Hungerkrise betrifft auch – und vor allem – die Menschen, die ohnehin benachteiligt sind. Menschen, wie die Betroffenen in den west- und ostafrikanischen DAHW-Projekten, die die Organisation nun besonders schützen, schnellstmöglich unterstützen und langfristig stärken will. Sie sind von armutsassoziierten, vernachlässigten Krankheiten und /oder von Behinderung betroffen und sie trifft eine solche Nahrungsmittelunsicherheit besonders hart.

Hunger, Armut und Krankheit

Der eingeschränkte Zugang zu Nahrungsmitteln und Wasserquellen führt weiterhin dazu, dass die Bevölkerung zunehmend von Hygiene-, Wasser- und Sanitärproblemen betroffen ist. Damit einher gehen erhöhte Infektionsrisiken bzw. Krankheitsanfälligkeiten, negative Bewältigungsstrategien (z.B. Eigentumsverluste, Kinderarbeit, Zwangsheirat, geschlechtsspezifische Gewalt etc.), um Versorgungsengpässe abzufangen oder zu verarbeiten, sowie ein erhöhtes Konfliktrisiko zwischen Gemeinschaften in den betroffenen Regionen.

„Auch unsere bereits erzielten Erfolge, zum Beispiel in der Lepra-Bekämpfung, sind durch solche Krisen in Gefahr, denn unsere Projektbegünstigten sind direkt davon betroffen“, erklärt Dr. Kreibich. „Themen wie Gesundheitsvorsorge und Krankheitsprävention rücken automatisch in den Hintergrund, wenn Menschen um das nackte Überleben kämpfen müssen. Umso wichtiger ist es, dass die DAHW hier holistisch agiert. Wir unterstützen in solch akuten Krisen kurzfristig und erreichen gleichzeitig eine langfristige Stärkung der Gesundheitsdienste und der Lebensumstände der Menschen in den betroffenen Gemeinden.“

Die DAHW hat nun einen Sonderetat bereitgestellt, um der Hungerkrise und den damit verbundenen Folgen in Ost- und Westafrika nachhaltig entgegenzuwirken. Das Geld wird auf unterschiedlichste Weise eingesetzt, um kurz- bis langfristig zu helfen: „Wir schauen gezielt auf unsere Projektbegünstigten: Menschen, die von vernachlässigten Tropenkrankheiten (NTDs) und/oder von Behinderung betroffen sind. Besonders im Blick haben wir dabei die vulnerablen Personengruppen wie Kinder, Frauen, Ältere, Erkrankte oder Geflüchtete“, erklärt Dr. Kreibich. „Unsere Mitarbeiter:innen und Expert:innen vor Ort passen die Projektansätze zur Unterstützung der Hungerkrise bestmöglich an den Kontext an. Es geht der DAHW darum, die betroffenen Menschen sowohl für die Bewältigung der akuten Krise bestmöglich zu unterstützen – zum Beispiel in Form von Soforthilfen. Gleichzeitig haben wir die langfristige Resilienzförderung, also die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber vergleichbaren Krisen im Fokus. Wir wollen unsere Mandatsgruppen stärken, sodass sie von zukünftigen Schocks dieser Art weniger betroffen sein werden.“ So gelte es, im Sinne einer vorausschauenden humanitären Hilfe bereits jetzt präventive Maßnahmen mit zu bedenken und zu fördern. Ein Flut- und Dürre-Warnsystem für Viehzüchter:innen ist nur eines von vielen denkbaren Beispielen dafür.

Hunger weltweit beenden, Armut beseitigen. Damit Krankheiten keine Chance mehr haben.

Den weltweiten Hunger zu bekämpfen und zu beenden ist ein zentrales Ziel der international vereinbarten Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung. Laut UN-Welternährungsbericht leiden trotzdem heute immer noch mehr als 800 Millionen Menschen an Hunger.

Das Motto, mit dem die FAO den diesjährigen Welthungertag betitelt, „Leave no one behind“, gehört zu den Grundsätzen der DAHW-Arbeit in den Projekten. Konflikte, Klimawandel, Pandemie und vieles mehr treiben ohnehin gefährdete Menschen – die vulnerable, verletzliche Bevölkerungsgruppe – noch weiter in die Armut. Die Folge: Krankheiten breiten sich aus.

Unser ständiges Ziel ist es, diesen Menschen den Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung und lebensrettenden humanitären Diensten zu ermöglichen, um unsere Visionen zu verfolgen und niemanden zurückzulassen.


Jeder Cent zählt.

Unterstützen Sie unsere Arbeit im Kampf gegen Hunger, Armut und Krankheit mit einer Spende.