25. August 2017

Die große Hungersnot in Ostafrika 2017

Die Krise aus Sicht von Ahmed Mohammed - "Menschen mit Behinderung, TB-und Leprakranke leiden besonders"

Roland Müller (Referent für Kofinanzierung der DAHW) im Gespräch mit Ahmed Mohammed (Regionalrepräsentant der DAHW für Ostafrika)

RM: Ahmed, du bist seit vielen Jahren für die DAHW tätig. Was ist aus deiner Sicht der Schwerpunkt der Arbeit der DAHW in Ostafrika?

AM: Im medizinischen Bereich sind vor allem Be wusstseinsarbeit, Vorsorge, Diagnose und Behandlung von Lepra und TB und Komplikationen in Zusammenhang mit Lepra die Stichworte.
Ein weiterer Aspekt ist die Vorbeugung von Behinderungen und die Unterstützung von Menschen mit Behinderung durch orthopädische Hilfsmittel.
Unter der Überschrift CBR Community Based Rehabilitation (Gemeindenahe Rehabilitation) ist der wichtigste Ansatz, die Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit Behinderung sowie ihrer Familien und anderer benachteiligter Gruppen. Dabei geht es vor allem darum, diese Menschen zu befähigen, ihre Rechte einzufordern und ihnen Möglichkeiten zu verschaffen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

RM: Vor welche Herausforderung stellt die Hungerkrise die Arbeit der DAHW?

AM: Natürlich verschlechtert sich durch die Hungerkrise die Situation von TB- und Leprakranken, die sowieso zu den Ärmsten gehören, noch mehr.
Die Dürre hat auch negative Auswirkungen auf die Mikrokreditprogramme. Die Selbsthilfegruppen können keine Erlöse durch den Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten erzielen, daher kein Geld ansparen und keine neuen Kredite vergeben. Außerdem belastet die zusätzliche Arbeit bei den humanitären Projekten das Team der DAHW in Äthiopien sehr.

RM: Warum leiden gerade Menschen mit Behinderung besonders unter der Hungerkrise?

AM: Während einer Dürre und Hungerkrise erhalten die Menschen mit Behinderungen meist nicht die humanitären Hilfspakete, die in den Gemeinden verteilt werden. Hunger kann in der schlimmsten Form der Exklusion (Ausgrenzung) von Menschen mit Behinderung resultieren.
Außerdem stehen die Menschen im Fokus, die durch die Katastrophebehindert wurden, und nicht diejenigen, die schon vorher behindert waren, diese scheinen „unsichtbar“ zu sein. Sie können die Stellen, wo das Essen verteilt wird, einfach nicht erreichen (sind nicht mobil, können nicht oder nur schwer laufen). Meistens erfahren sie ja nicht einmal, wer für die Essensverteilung zuständig ist und wann und wo.

RM: Ahmed, ich danke dir für das Gespräch und wünsche dir und deinem Team alles Gute.


Helfen Sie jetzt mit Ihrer Spende


Hilfe zum Überleben in Äthiopien:

Auch die Gegend um Bisidimo im Bundesstaat Oromia, dem Ort, in dem das erste Hilfsprojekt der DAHW entstand, ist durch die Dürre und die daraus folgende Hungernot stark betroffen. Hier unterstützt die DAHW mit Hilfe deutscher Partner wie dem Bündnis Entwicklung Hilft (BEH) etwa 800 Haushalte mit Lebensmitteln und Nutztieren.

Auch in der östlichen Zone von Gojjam in der Amhara Region ist die DAHW tätig. Die Hilfe richtet sich in erster Linie an Menschen mit Behinderungen und deren Familien. Essensrationen sichern das Überleben. Die Verteilung von Nutzvieh wird die Existenzgrundlage für die Zukunft der Familien schaffen. Die DAHW sorgt bei diesen Maßnahmen dafür, dass vor Ort Komitees entstehen. Diese wählen die Empfänger der Hilfe nach transparenten Kriterien aus. So ist gewährleistet, dass die Nahrungsmittel und das Nutzvieh wirklich bei den Menschen ankommen, die am meisten von der Hungersnot betroffen sind.

Seit Januar dieses Jahres unterstützt die DAHW ein Projekt in der Region Gambella, in der es große Flüchtlingslager mit etwa 270.000 Flüchtlingen aus dem Südsudan gibt. Gerade in den Flüchtlingslagern, in denen Menschen unter schlechten hygienischen Verhältnissen und auf wenig Raum zusammenleben, ist die Gefahr von Epidemien groß. Deshalb setzt sich die DAHW für die Verbesserung der medizinischen Grundversorgung und vor allem für die Vorsorge und Kontrolle bei TB und TB/HIV-Infektionen sowie vernachlässigten TB/HIV-Infektionen sowie vernachlässigten Krankheiten (z. B. Lepra) ein. Bisher konnten in Workshops ca. 400 Gesundheitshelfer darin geschult werden, die Symptome dieser Erkrankungen zu erkennen und so für eine Behandlung im Frühstadium zu sorgen.

Zur Info:

Am Horn von Afrika hat eine seit zwei Jahren andauernde Dürre Ernten ausbleiben lassen. Davon waren sogar die eigentlich fruchtbaren Länder Uganda, Kenia und Tansania betroffen. Länder wie Äthiopien, Eritrea oder Sudan haben ohnehin schon weniger Wasser, die Menschen dort leiden besonders unter den Folgen der Dürre.

Am schlimmsten ist es aber in Somalia, Jemen und Südsudan: Durch schon jahrelang andauernde Bürgerkriege sind viele Felder gar nicht bestellt, und marodierende Soldaten zerstören oft ganze Dörfer mit den dazugehörigen Feldern. Allein aus Südsudan mussten fast 2,5 Millionen vor Hunger und Krieg nach Äthiopien oder Uganda fliehen. Sie leben in riesigen Flüchtlingslagern und warten darauf, wieder in ihre Heimat zurückkehren und dort ihre Felder bestellen zu können.

In den Bürgerkriegsländern herrscht totales Chaos: Immer mehr bewaffnete Banden ziehen durch die Dörfer und rauben das, was sie selbst zum Leben benötigen. Zurück bleiben die Opfer: Menschen, die sich nicht bewaffnen und nur in Frieden leben wollen. Und denen, auch wenn sie bereits mehrere schwere Angriffe überlebt haben, jetzt der Hungertod droht.