19. März 2021

Die Uhr tickt! Pro Minute sterben drei Menschen an TB.

Die DAHW fordert zum Welt-Tuberkulose-Tag am 24. März 2021 mehr
Engagement der Weltgemeinschaft

(Würzburg, 15. März 2021) – Seit Jahrzehnten gilt Tuberkulose als die todbringendste Infektionskrankheit weltweit: TB fordert rund 1,4 Millionen Menschenleben pro Jahr, circa 4.000 am Tag und damit etwa drei in einer Minute. „Eine Pandemie riesigen Ausmaßes, doch in hiesigen Medien wird sie kaum thematisiert“, konstatiert Burkard Kömm, Geschäftsführer der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe. „Das liegt vor allem daran, dass es in den Industriestaaten aufgrund der hohen Medizin-, Hygiene- und Ernährungsstandards heute relativ wenige TB-Fälle gibt.“ Ganz anders sehe es im Globalen Süden und in Osteuropa aus: „Hier ist die Tuberkulose nach wie vor sehr weit verbreitet. Insbesondere die multiresistente TB stellt eine wachsende Bedrohung für die globale Gesundheitssicherheit dar“, so Kömm. „Um die TB in den Griff zu bekommen, müssen wir als Weltgemeinschaft aktiv werden und sektorübergreifend zusammenarbeiten – so wie derzeit im Kampf gegen Corona“, fordert Kömm. „Die Uhr tickt!“

Globale Gesundheitsprobleme erfordern globale Antworten

Etwa 10 Millionen Menschen, so schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO, erkranken jedes Jahr neu an Tuberkulose, ca. 80 Prozent dieser Fälle finden sich in Südostasien und in Afrika. Unter den Ländern führt Indien seit Jahrzehnten die TB-Statistiken an (26 Prozent aller Fälle), dicht gefolgt von Indonesien, China, den Philippinen und Pakistan. Um Tuberkulose und die beiden anderen gefährlichsten Infektionskrankheiten der Welt – Aids und Malaria – zu bekämpfen, haben sich 2002 die G8-Staaten zusammengeschlossen und den Globalen Fonds (Global Fund) gegründet: Mit Mitteln aus staatlicher und privater Hand werden nationale Gesundheitssysteme, Medikamente, Forschungsprojekte und weitere Maßnahmen zur Eindämmung der „big three“ finanziert. Nach eigenen Angaben wendet der Globale Fonds jährlich mehr als 4 Milliarden US-Dollar zur Unterstützung von Programmen auf, die von lokalen Expert*innen in mehr als 100 Ländern durchgeführt werden. Für Tuberkulose stellt der Globale Fonds allein 73 Prozent aller internationalen Finanzmittel bereit. Im Jahr 2019 konnten 5,7 Millionen TB-Patient*innen behandelt werden.

Medizinische Maßnahmen alleine reichen nicht

Hoffnung auf weitere Fortschritte versprechen verbesserte Diagnoseverfahren und neue Medikamente, die eine kürzere und verträglichere Behandlung der antibiotikaresistenten Tuberkulosen ermöglichen. Doch die Zahlen zeigen, dass damit allein die TB-Pandemie nicht besiegt werden kann. Tuberkulose ist eine armutsassoziierte Krankheit. Der einzige Weg, sie nachhaltig zu eliminieren, ist es, die Lebensverhältnisse der Ärmsten in der Welt zu verbessern. „Jeder dritte Mensch weltweit trägt den Erreger der Tuberkulose, das Mycobacterium tuberculosis, in sich, aber ein gesundes Immunsystem kann die Infektion in Schach halten“, erklärt Burkard Kömm. „Zum Ausbruch der Krankheit kommt es dann, wenn Menschen infolge von unzureichender Ernährung, schlechten Hygiene- und Wohnbedingungen, dauerhaftem Stress oder anderen Krankheiten geschwächt sind.“
Auch im Rahmen eines High-Level-Meetings zu Tuberkulose, das am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen 2018 in New York stattfand und bei dem auch Burkard Kömm für die DAHW vertreten war, wurde bestätigt, dass Pandemien wie die Tuberkulose von Faktoren wie Bevölkerungsbewegungen, Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit, Mangelernährung, Menschenrechtsverletzungen, mangelndem Zugang zu Bildung, Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern sowie Stigmatisierung und Diskriminierung beeinflusst werden. „Deshalb wäre die Verwirklichung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der beste Weg, um auch die Ziele der globalen Strategie zur Beendigung der TB zu erreichen“, stellt Kömm klar.

Die „fehlenden Menschen“ erreichen

Ein Grund dafür, dass nicht alle betroffenen Menschen von den globalen Aktivitäten zur Eindämmung der Tuberkulose profitieren, ist, dass viele von ihnen schlicht keinen Zugang zu den Gesundheitsdienstleistungen haben und deshalb von den Maßnahmen nicht erreicht werden. Die strategische Initiative des Globalen Fonds "Finding missing people with TB" („Finden der fehlenden Menschen mit TB“) zielt darauf ab, dreizehn Schwerpunktländer dabei zu unterstützen, Lücken in der Versorgung durch gemeindebasierte und patient*innenzentrierte Ansätze zu schließen, insbesondere besonders gefährdete (vulnerable) Personengruppen.

Ein Ansatz, den auch die DAHW in ihrer TB-Arbeit verfolgt. Im Fokus der Projekte stehen Menschen, die in entlegenen, schwer zugänglichen Regionen, in Slums, Gefängnissen oder Geflüchteten-Camps leben, und denen es an Möglichkeiten oder auch an finanziellen Mitteln fehlt, um Gesundheitszentren in den Städten zu gelangen. Kömm: „Wir unterstützen zum Beispiel nationale Kontrollprogramme mit mobilen Kliniken, um Fälle aufzuspüren und eine dezentrale medizinische Versorgung der Patient*innen zu gewährleisten.“ Dabei arbeite man eng mit den Gemeinden in den Projektregionen zusammen: „Neben der Behandlung ist eine weitere wichtige Aufgaben, die Bevölkerung insgesamt zu sensibilisieren und Aufklärung zu leisten, um so dem großen Stigma der Tuberkulose entgegenzuwirken. Aber auch, um konkrete lokale Bedarfe im Bereich der TBKontrolle zu identifizieren und anzugehen.“

Aufmerksamkeit für Tuberkulose in Zeiten von Corona? Um das zu erreichen, beteiligt sich die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe gemeinsam mit über 1.500 Partnerorganisationen an einer Online-Kampagne der „Stop TB Partnership“ zum diesjährigen Welt-Tuberkulose-Tag am 24. März 2021. Unter dem Motto „Die Uhr tickt! Pro Minute sterben drei Menschen an TB.“ sind verschiedene Aktivitäten geplant. Unter anderem eine Foto-Challenge, ein Video- Interview mit Dr. Chris Schmotzer zur Tuberkulose-Arbeit in Pakistan sowie eine Talkrunde mit dem DAHW-Projektpartner „Tierärzte ohne Grenzen“ zum Thema „zoonotische TB“ und „One Health“. Mehr Informationen dazu ab dem 15. März unter www.dahw.de/ticktack.


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Welt-Tuberkulose Tag

Obwohl die bakterielle Infektionskrankheit vermeidbar und behandelbar ist, versursacht sie nach wie vor großes Leid und fordert unzählige Menschenleben.