27. Juli 2021

Eigenverantwortung für Gesundheit übernehmen

Gerade zu Zeiten einer weltweiten Pandemie wird deutlich, wie wichtig das Thema Eigenverantwortung im Bereich Gesundheit ist. Gesundheitssysteme sind schnell überfordert und eine sinnvolle, finanzierbare und umsetzungsfähige Infektionskontrolle bzw. Unterbrechung der Infektionsketten ist nur möglich, wenn jede*r einzelne Verantwortung für sich und seine Mitmenschen übernimmt.

Dabei ist zu beobachten, dass der Wille, diese Verantwortung zu übernehmen, durchaus da ist – die tatsächliche Umsetzung jedoch ist oft schwieriger als gedacht. Dabei mangelt es weniger an Gesundheitswissen, sondern daran, es auch im Alltag nachhaltig anzuwenden. Das erfordert Vertrauen in die eigenen Kompetenzen und eine gewisse Beharrlichkeit.

Gerade auch in unseren Projekten zur Bekämpfung von vernachlässigten Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases, NTDs) beobachten wir diese Zusammenhänge bereits seit Jahren. Wie der Begriff „vernachlässigte Tropenkrankheiten“ schon deutlich macht, besteht für diese Krankheiten ein extrem hoher Nachholbedarf in punkto Aufmerksamkeit – sowohl auf der Seite der Gesundheitssysteme als auch bei den Betroffenen selbst. In den betroffenen Ländern sind die Versorgungsstrukturen im Gesundheitsbereich meist so schwach aufgestellt, dass eine Unterbrechung der Infektionsketten nur mit Unterstützung der Gemeinschaften und Gemeinden und jedem*r Einzelnen möglich ist.

So wissen wir beispielsweise bei Lepra, dass direkte Angehörige ein bis zu 12-faches Risiko haben, selbst an Lepra zu erkranken. Meist ist im häuslichen Umfeld von Lepra-Patient*innen schon relativ viel Wissen über Lepra vorhanden, dennoch finden wir beim Screening von Kontaktpersonen immer noch viele unentdeckte Fälle. Das hängt zum einen mit der Stigmatisierung der Erkrankung zusammen – Betroffene versuchen oft, eine Lepra-Erkrankung zu verbergen –, zum anderen aber auch mit einem fehlenden Selbstverantwortungsgefühl im Bereich Gesundheit. Krankheit kostet, Krankheit grenzt aus und Krankheit bedeutet eine zusätzliche Belastung.

Darum sehen wir in der DAHW die enge Zusammenarbeit mit den Dorfgemeinschaften und Betroffenen als eine unserer Kernaufgaben: In zahlreichen Projekten steht eben diese Sensibilisierung von Gemeinschaften für Gesundheitsthemen im Vordergrund.

Sog. kommunale Entwicklungsprogramme sind gängige Formate, um Aufklärungsarbeit in unterschiedlichen Gemeinden zu leisten. 2017 führten wir eine Pilotstudie in Uganda durch, die die Teilnahme an Programmen zur Gemeindeentwicklung von Menschen, die von Lepra und Lymphatische Filariose (LF) betroffen sind, untersuchen sollte. Die Ergebnisse der Pilotstudie zeigten einen allgemeinen Mangel an Aufzeichnungen über Menschen, die von LF betroffen sind sowie spärliche Aufzeichnungen über Menschen, die von Lepra betroffen sind. Es zeigte sich auch, dass Menschen, die von Lepra und NF betroffen sind, sowohl in behinderungsspezifischen als auch in allgemeinen Gemeinde-Entwicklungsprogrammen kaum berücksichtigt werden. Ihr Ausschluss resultiert größtenteils aus der stigmatisierenden Natur beider Erkrankungen sowie aus einem begrenzten Wissen wegen fehlender Informationen. Die Studie zeigt, dass trotz vorhandener Programme nicht alle Menschen komplett in Entwicklungsprogramme inkludiert werden.