10. Oktober 2022

Ein Blick ins Projekt: Wie die DAHW und ihre Partner in Nigeria die psychische Gesundheit von Lepra- und Buruli Ulcer-Betroffenen verbessert

Das LRI-Team spricht mit den Betroffenen über die Notwendigkeit des psychischen Wohlbefindens. Red Aid Nigeria / DAHW

Zum heutigen Welttag der psychischen Gesundheit fordert der Weltverband für psychische Gesundheit, die „World Federation for Mental Health“ (WFMH), psychische Gesundheit und Wohlbefinden für alle zu einer globalen Priorität zu machen. Die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe hat das Thema seit Langem auf ihrer Prioritätenliste stehen.

Die Begünstigten in den DAHW-Projekten sind von Vernachlässigten Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases, NTDs) wie Lepra oder Buruli Ulcer und deren Auswirkungen wie körperliche Behinderungen betroffen. Sie leiden unter Stigmatisierung und Diskriminierung und haben zunehmend auch mit psychischen Belastungen und Erkrankungen wie Angstzuständen oder Depressionen zu kämpfen.

Im Rahmen eines vierjährigen Forschungsprojekts im Süden Nigerias will die DAHW herausfinden, wie groß der Bedarf an psychologischer Unterstützung ist und inwieweit ein gemeindeorientierter Ansatz die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden von Lepra- und Buruli Ulcer-Patient:innen stärken und langfristig verbessern kann. Dazu gehören unter anderem die Initiierung von Selbsthilfegruppen und der Einsatz von Laienberater:innen und nicht spezialisiertem Gesundheitspersonal.

Vernachlässigte Krankheiten mit schwerwiegenden Folgen

Was Lepra und Buruli Ulcer – unter anderem – gemeinsam haben: Beide Krankheiten treten in vielen Staaten Nigerias auf, beide Krankheiten sind von großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit und beide Krankheiten sorgen für ein hohes Maß an Stigmatisierung und Diskriminierung, da sie zu sichtbaren Entstellungen führen können. Die Zahl der Menschen, die von Behinderungen aufgrund von Lepra oder Buruli Ulcer betroffen sind, wird auf über 30.000 geschätzt. Dass sich die damit verbundene Stigmatisierung auf Dauer negativ auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der Betroffenen auswirken kann, liegt auf der Hand. Doch mehr noch: Depressionen und Angstzustände werden zu ständigen Begleitern der Betroffenen und bestimmen oft ihr Leben.

Leider ist die psychische Gesundheitsversorgung in Nigeria sehr schwach aufgestellt. Es wird geschätzt, dass auf hunderttausende Einwohner:innen nur ein:e einzige:r Expert:in für psychische Gesundheit kommt. Die wenigen verfügbaren Fachkräfte sind überproportional in städtischen Gebieten angesiedelt, so dass Millionen von Landbewohner:innen völlig unterversorgt sind. Es trifft vor allem von Armut betroffene, ausgegrenzte, vulnerable Personen, wie viele Menschen, die an Lepra oder Buruli Ulcer erkrankt sind. Ihnen stehen eigentlich keine psychosozialen Dienstleistungen zur Verfügung, sie sind allein gelassen mit ihren psychischen Erkrankungen.

In unserem vierjährigen Forschungsprojekt (2020-2024) in Nigeria wollen wir – gemeinsam mit unseren Partnern – nachhaltige Wege finden, um psychosoziale Dienste zugänglich zu machen – auch und insbesondere den Menschen, die von Lepra und Buruli Ulcer betroffen sind. Wir ermitteln das Ausmaß psychischer Erkrankungen (insbesondere Depressionen) und testen, ob und inwieweit ein ganzheitlicher, gemeindeorientierter Ansatz die mentale Gesundheit und das Wohlbefinden der Betroffenen verbessert

Die Zahlen sprechen für sich.

Eine erste Erhebung zur Ermittlung des psychischen Gesundheitszustands und der Lebensqualität von Lepra-/BU-Patient:innen im vergangenen Jahr, an der insgesamt 635 Betroffene teilnahmen, hat gezeigt, wie verbreitet psychische Erkrankungen in dieser vulnerablen Personengruppe sind: Unter den Buruli Ulcer-Patient:innen litten bis zu 96 % an Depressionen und bis zu 95 % an Angststörungen. Allein diese Zahlen, hinter denen sich

menschliche Schicksale „verbergen“, verdeutlichen die dringende Notwendigkeit, psychologische Versorgungsangebote gerade im ländlichen Raum zu schaffen. Diese wollen wir durch das Initiieren von Selbsthilfegruppen und den unterstützenden Einsatz von Laienberater:innen und nicht spezialisiertem Gesundheitspersonal erreichen.

Die Heilung von der Infektionskrankheit ist das eine. Die Menschen beim Umgang mit Beeinträchtigungen und psychischen Belastungen zu unterstützen, der zwingende Folgeschritt. Denn Depressionen, Angstzustände und mangelndes Selbstbewusstsein der Betroffenen haben nicht zuletzt massive Auswirkungen auf ihre beruflichen Perspektiven und damit ihre Chancen, ihren Lebensunterhalt zu erwirtschaften.

Vernachlässigte Krankheiten haben nicht nur körperliche, sondern oft auch psychische Beeinträchtigungen und schwerwiegende Folgen für die Betroffenen. Mit Forschungsprojekten wie diesen erzielt die DAHW nicht nur eine erhebliche Verbesserung vieler Einzelschicksale, sondern setzt sich auch dafür ein, vernachlässigte Krankheiten ganzheitlich zu betrachten und zu behandeln.


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