09. Mai 2025

Ein Licht in der Finsternis: Nachruf auf Schwester Petra

Als Lehrerin in der Lepra-Station: Die Ordensfrau Sr. Petra in den Sechzigerjahren im äthiopischen Bisidimo (Foto: Archiv Christa Gros)

Die DAHW trauert um eine Pionierin: Schwester Petra, die in unseren Anfangsjahren in Äthiopien großartige Arbeit geleistet hat, ist in hohem Alter verstorben.

Würzburg, 10.05.2025: An ihre Jahre in Äthiopien hat Schwester Petra immer gern zurückgedacht, das kann Maria Poller bestätigen. „Die Zeit in Bisidimo war ihr immer noch präsent“, sagt sie, die Schwester Petra als enge Vertraute bis zum Schluss immer wieder besuchte im Seniorenheim in Würzburg, in dem die Ordensfrau der Augustinusschwestern ihren Lebensabend verbrachte. „Sie war geistig vollkommen fit und bat immer wieder darum, Passagen aus der Bibel hören zu dürfen.“ Schwester Petra sei tiefreligiös gewesen, ihr Gottvertrauen habe sie durch ihr ganzes Leben begleitet.

Ein Leben, das zeitweise auch in Äthiopien stattfand: 1960 entsandte die deutsche Augustiner-Ordensprovinz drei Schwestern in die von der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe ursprünglich als Lepra-Krankenhaus gegründeten Siedlung Bisidimo, unter ihnen die begnadete Volksschullehrerin Irmtraud Fischer, Schwester Petra. Sie unterrichtete die Kinder der Patient:innen. „Und zwar auf Amharisch“, betont Christa Gros, die Schwester Petra 1970 in Bisidimo kennenlernte, „eine Besonderheit in der damaligen Zeit.“ Christa Gros selbst kam als Krankenschwester nach Äthiopien und empfand Schwester Petra sofort als Identifikationsfigur: „So eine positive, liebenswerte und bescheidene Frau“, erinnert sie sich, „die niemals ein böses Wort über jemanden verlor.“ Nur etwa ein Jahr verbrachten die beiden Frauen gemeinsam in Bisidimo, bevor Schwester Petra nach vielen Jahren in Äthiopien nach Deutschland zurückkehrte. Die Ordensfrau aber hatte einen so tiefen Eindruck hinterlassen, dass das Ehepaar Gros wenig später seine Tochter nach ihr benannte. Die Verbindung blieb bis zuletzt bestehen.

Auch Maria Poller ließ den Kontakt nicht abreißen. Sie lernte Schwester Petra als Bekannte ihrer Mutter kennen, baute aber ebenfalls bald eine enge Beziehung zu ihr auf. „Sie war unendlich hilfsbereit“, sagt sie, „und hatte immer ein offenes Herz für die, die nicht beachtet werden.“ Passend also, dass Schwester Petra in Äthiopien für Menschen aktiv war, die von Lepra betroffen waren – Menschen, die oft gezwungen sind, abseits der Gesellschaft zu leben. Und so sagt auch Maria Poller über Schwester Petra: „Sie wollte nicht weg aus Bisidimo.“ Ein wertvoller Erinnerungsschatz aus jener Zeit ist ein von ihr sorgfältig gehütetes kleines Schulheft mit Texten in schönster Handschrift auf Amharisch und bunten Szenenbildern zu den Texten.

Doch die Zeit in Äthiopien liegt lange zurück, Schwester Petra wurde im vergangenen Jahr 98 Jahre alt. Dass ihre Arbeit in Bisidimo ihr immer noch präsent war, wird an einem Gedankenspiel deutlich, das sie mit ihrer Vertrauten Maria Poller teilte: Die Worte Atmen, Seele und Geist sind auf Amharisch sehr ähnlich, Varianten dieses Worts in der äthiopischen Sprache äußerte sie immer wieder, als ihr das Leben allmählich beschwerlich wurde.

Ihr ganzes Leben lang hatte Sr. Petra großes Interesse an den Texten des Alten und Neuen Testaments, bis zuletzt. Umso schmerzlicher war es für sie, als in den letzten Jahren ihre Erblindung so weit fortschritt, dass sie die für sie so wichtigen Texte der Bibel nicht mehr selbst lesen konnte. Der letzte Text, den sie zu hören wünschte, war der Anfang des Johannesevangeliums: „Und das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht ergriffen“, heißt es im Prolog. Vielleicht eine Zeile, die Schwester Petra Trost spendete.

Die Ordensschwester und Bisidimo-Pionierin starb am 3. März in Würzburg. Ihre Verdienste werden in der DAHW unvergessen bleiben. Unsere Gedanken sind bei denjenigen, die ihr nahe standen.

Dieser Text entstand mit großer Unterstützung durch Frau Maria Poller und Frau Christa Gros. Dafür herzlichen Dank.