09. Dezember 2019

Eine Krippe, die es eigentlich nicht geben dürfte!

Lepra ist die älteste bekannte, chronisch verlaufende Krankheit beim Menschen. Die Diagnose ist einfach und seit Ende der 70er-Jahre gibt es eine Medikamentenkombination zur Behandlung. Im Grunde ist es ein Skandal, dass es die Krankheit heute noch gibt. Rund 210.000 Menschen mit einer Lepra-Infektion wurden auch 2018 wieder weltweit registiert. Deswegen ist die Leprakrippe, die seit dem 1. Dezember im Lepramuseum in Münster von der Gesellschaft für Leprakunde (GfL) ausgestellt wird, nicht nur einzigartig, sondern auch immer noch aktuell.

Lepra ist die älteste bekannte, chronisch verlaufende Krankheit beim Menschen. Der Ansteckungsweg ist bis heute nicht geklärt. Ihn zu entdecken, wäre nobelpreisverdächtig. Die Diagnose ist einfach und seit Ende der 70er-Jahre gibt es eine Medikamentenkombination, die das Bakterium abtötet. Eigentlich sollte es die Krankheit heute nicht mehr geben. Doch das ist nicht der Fall. Deswegen ist die Leprakrippe, die seit dem 1. Dezember im Lepramuseum in Münster von der Gesellschaft für Leprakunde (GfL) ausgestellt wird, nicht nur einzigartig, sondern auch immer noch aktuell.

Die im 13. Jahrhundert von den Franziskanern „erfundene“ Krippe zeigt gewöhnlich die zu erwartenden Figuren: Heilige Familie, Ochs und Esel, Heilige Drei Könige, die Schafe und die Hirten. Was für ein Spagat zeigt sich da: Vom reichen Adel bis zu den Hirten. Wie klug ist es doch in seiner Verkündigung der Weihnachtsgeschichte vom Evangelisten Lukas angelegt: Er holt die Hirten mit ins Geschehen. Die unterste Stufe in der damaligen Arbeitswelt. Tiefer geht es nicht. Aber so kann bis heute niemand sagen: „Für mich ist er nicht auf die Welt gekommen.“ Oder doch? Geht es vielleicht doch noch tiefer?

Neben zwei Ratten und einer Ziege kommen ausschließlich von Lepra Betroffene zur Krippe, nicht weil sie sich verlaufen haben, sondern gezielt, um dem Jesuskind zu huldigen. In ihren Gesichtern, an ihren Händen und Füßen ist ihnen die Krankheit anzusehen.  Mit ihren kennzeichnenden Klappern kündigen sie ihr Kommen an. Eine von Lepra betroffene alte Dame bringt weder Gold noch Weihrauch oder Myrre mit, sondern will dem Jesuskind ihr „Scherflein“ überbringen. Das Familienoberhaupt, der Heilige Josef, reagiert deutlich sichtbar abweisend mit der erhobenen linken Hand: „Stopp! Kommt nicht näher!“ ist seine Botschaft an die unerwünschten Besucher. Während das Jesuskind seine rechte Hand öffnet und sie in Richtung des an Lepra erkrankten Mädchens streckt …

In der Broschüre „Die Siechenkrippe des Lepramuseums“ (.pdf) der GfL steht auf Seite 20 dazu zu lesen:  „Das Mädchen zeigt ihre Klapper dem Jesuskind. Die Klapper diente den Leprakranken dazu, die Gesunden zu warnen. Die Klapper ist hier doppeldeutig. Sie steht einerseits für die Gefahr der Ansteckung und ist andererseits vermeintlich ein Spielzeug. Das Jesuskind greift nach der Klapper. Diese Geste stellt eine Verbindung her und überwindet eine Grenze. Das Reine will das Unreine berühren.“

Jedes Jahr erkranken weltweit über 200.000 Menschen an Lepra. Über 4 Millionen Menschen sind infolge einer Lepra-Infektion behindert. Dabei dürfte es diese Krankheit eigentlich nicht mehr geben. Doch weil es sie noch gibt, provoziert die „Siechenkrippe“ und macht nachdenklich. Wo bleibt eigentlich unser „Scherflein“, das hilft, dieser Krippe im Lepramuseum nur noch einen historischen Bezug zur Lepra und den in vergangenen Zeiten daran erkrankten Menschen zu gestatten?

Die Krippe kann im Lepramuseum in Münster besucht und betrachtet werden. Mehr Informationen:

Lepramuseum Münster