Würzburg, 22.11.2024: Ein gut gefüllter Kinosaal, eine spannend besetzte Podiumsrunde, angeregte Gespräche bei Snacks und Getränken und natürlich ein berührender Film – auf all das blickt die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe heute zurück, am Morgen nach der Deutschlandpremiere des Films „SHUDDHI“, der im Würzburger Central erstmals gezeigt wurde.
22. November 2024
Filmpremiere in Würzburg: Ein ganz besonderer Kinoabend
DAHW-Vorstand Patrick Georg hieß das bunt gemischte Publikum und natürlich den Ehrengast, US-Regisseur und Emmy-Preisträger James Higginson, zur Premiere willkommen und er betonte eine Gemeinsamkeit, die den Filmemacher und die DAHW fraglos verbinden: „Wir teilen ein Interesse“, sagte er an Higginson gerichtet, „wir teilen eine Leidenschaft: Wir nehmen Anteil am Leben von Menschen, die von Lepra betroffen sind. Wir gehen nah ran an die Lebenswirklichkeit dieser Menschen, wir hören ihnen zu und wir tragen ihre Stimmen gemeinsam in die Welt hinaus.“
Der Film „SHUDDHI“ lässt keinen Zweifel daran, dass Georg mit dieser Einschätzung Recht hat: Higginson porträtiert darin Bewohner eines Lepra-Ashrams in Indien, einer Einrichtung also, in der Menschen, die aufgrund der Stigmatisierung, die ihre Krankheit mit sich bringt, keine Möglichkeit mehr sehen, in ihren Heimatgemeinden glücklich zu leben. Wie Singari Devi, deren Mann sie verstieß, als sie die ersten Symptome zeigte, wie Bharati Bai, der man sagte: „Es ist besser, wenn du stirbst!“ Higginson lässt diese Menschen ihre Geschichten erzählen, er begleitet sie hautnah in ihrem Alltag, und er schafft es dennoch, diesen Einblick in eine eigentlich vor der Öffentlichkeit verborgenen Welt niemals voyeuristisch zu gestalten sondern immer empathisch, würdevoll und, ja, freundschaftlich.
Diese Freundschaft, die während seiner Besuche im Ashram und während der Dreharbeiten zwischen ihm und seinen Protagnost:innen entstand, kam am Premierenabend auch im Podiumsgespräch immer wieder auf. Auf die Frage der Moderatorin Lena Försch, welches Ereignis ihm am meisten im Gedächtnis geblieben sei, erzählte Higginson beispielsweise, sein Haupt-Protagonist im Film, der von der Lepra stark gezeichnete Dhan Ji, habe während der Dreharbeiten gezweifelt, ob sich überhaupt jemand für seine Geschichte interessieren werde. „Ich habe ihm immer wieder gesagt: Ich interessiere mich dafür und andere wird es auch interessieren“, so Higginson. Nach Abschluss der Postproduktion kehrte er zurück nach Indien und zeigte den Film im Ashram, Dhan Ji schenkte er ein Poster mit seinem Porträt, das der Inder stolz an seine Zimmertür hängte. „Die Leute kamen zu ihm, bewunderten das Poster und baten ihn um Fotos. Und ich konnte sehen, wie stolz er war, wie er verstand, dass seine Geschichte einen Unterschied machte, dass Menschen sie hören wollten.“ Das sei ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen.
DAHW-Experte Anil Fastenau lieferte im Podium spannende Hintergrundinformationen zu Lepra im Allgemeinen, die Situation in Indien und die Arbeit der DAHW. Auch er nutzt die Kraft des Films, um gegen das Stigma anzugehen, das Lepra nach wie vor begleitet: In kurzen Videoclips, die gemeinsam mit Betroffenen erarbeitet werden, erzählen diese selbst ihre Geschichte, klären über die Krankheit auf und geben Tipps, wie sich Betroffene rasch Hilfe holen können. Denn das Wichtigste bei Lepra, das betont Fastenau, ist die frühe Behandlung, um Behinderungen zu vermeiden. Die Angst, sich Diskriminierung auszusetzen, hält jedoch viele davon ab, bei den ersten Symptomen ärztliche Beratung einzuholen. „Mit diesen Videos konnten wir große Erfolge erzielen“, so Fastenau. Denn die Clips werden in den Gemeinden gezeigt, und sie helfen dabei, die Krankheit zu entmystifizieren und die Angst zu nehmen, die oft mit den ersten Symptomen einhergeht.
Die interessierten Fragen des Publikums im Podiumsgespräch und die angeregten Gespräche, die bei indischen Snacks und Getränken noch lange im Foyer geführt werden, zeigen: Der Film kam an – und es gibt ein großes Interesse an der Arbeit der DAHW. Ein wichtiger Punkt, findet Experte Fastenau: „Klar, Spenden sind extrem wichtig für die Finanzierung unserer Projekte. Fast ebenso wichtig ist es aber, dass über Lepra wieder mehr gesprochen wird, dass ein Bewusstsein für diese Krankheit da ist – und dass die Betroffenen nicht vergessen werden.“ Dazu will auch James Higginson seinen Film einsetzen: Ab Januar soll es ihn auf Youtube geben, frei verfügbar für alle, die sich näher mit dem Thema befassen möchten – und die Dhan Ji, Singari Devi, Bharati Bai und all den anderen zuhören möchten. Denn es gibt so viele Geschichten, die erzählt werden wollen.