09. August 2007

Hintergrund: Lepra

Lepra: Rehabilitation gemeindenah gestalten

Erkrankte brauchen einen Platz in der Gesellschaft

Das Führen einer Hacke wird zum Akrobatenakt, Getreide im Mörser stoßen zum Geschicklichkeitsspiel, und Garn auf eine Spule zu leiten ist eine neue Herausforderung des Lebens.

Lepra war in vielen Teilen der Welt auch 2006 eine stigmatisierende Krankheit. Angst und Unwissen verhindern noch immer, dass Erkrankte medizinische Hilfe finden, bevor sichtbare Behinderungen auftreten. Menschen mit verstümmelten Händen oder Füßen werden abgelehnt und ausgestoßen, oft verlieren sogar ganze Familien ihre Lebensgrundlage.

Praktische Hilfe durch Kleinkredite

Doch das muss nicht sein. Der Teufelskreis von Krankheit und Armut lässt sich durchbrechen. Dann, wenn Leprabetroffene eine Chance erhalten, für sich selbst zu sorgen und wieder in die Gemeinschaft zurückzukehren. Hier setzt die sozial-ökonomische Rehabilitation an. Dieses Programm der DAHW wurde in den letzten Jahren immer wichtiger. Natürlich muss die Dorfgemeinschaft mitspielen. Dabei helfen positive Erfahrungen. Im Jahr 2006 unterstützte die DAHW rund 75.000 Leprapatienten und deren Familienangehörige dabei, eine Ausbildung zu machen, ein kleines Häuschen zu bauen und selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Kleinkredite halfen ihnen, eine Kuh anzuschaffen oder einen kleinen Verkaufsstand zu eröffnen. Andere fanden in einer Weberei Arbeit.

 

Trotz seiner behinderten Hand ist der ehemalige Leprapatient ein guter Korbmacher. Foto:DAHW/Jürgen Hammelehle

Krankheit auf dem Rückzug?

Die Zahl der neu entdeckten Leprafälle ging in den vergangenen Jahren auf ein Drittel zurück: von weltweit über 760.000 im Jahr 2001 auf 259.017 im Jahr 2006.

Die Leprazahlen aus Äthiopien und Sierra Leone lagen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Stichtag allerdings noch nicht vor. Im Jahr 2006 wurden 94 Prozent aller neuen Leprafälle in nur 15 Ländern festgestellt, in neun davon fördert die DAHW Programme. Indien meldete die weitaus meisten Fälle (139.252, Rückgang um 22.235), gefolgt von Brasilien (44.436, Anstieg um 6.026). 

Die Gründe für den Rückgang sind umstritten, weil er wesentlich auf den rückläufigen Zahlen in Indien basiert, während der Trend in ande­ren Teilen der Welt weniger ausgeprägt oder sogar gegenläufig ist wie in Brasilien. Für die betroffenen Menschen zählt vor allem: Ihre physischen Probleme werden oft überschattet von sozialer Ausgrenzung und seelischem Leiden. Nach Schätzungen leben mehr als drei Millionen Menschen mit Behinderungen, die von der Lepra ausgelöst wurden.

Noch besteht kein Anlass zur Entwarnung: Nur wenn eine flächendeckende und medizinisch gute Leprakontrolle in den betroffenen Ländern aufrecht erhalten wird, kann der Erfolg langfristig und nachhaltig gesichert werden. Dazu gehört die Ausbildung von medizinischem Personal auch da, wo die Leprafälle deutlich zurückgehen. Solange Patienten erst dann zur Behandlung kommen, wenn sie bereits sichtbar behindert sind, solange Kinder an Lepra erkranken und solange die Krankheit zu sozialer Ausgrenzung führt, wird die DAHW deshalb gemeinsam mit anderen Leprahilfswerken, staatlichen Gesundheitsdiensten und der WHO alles dafür tun, dass Patienten rechtzeitig Zugang zu medizinischer Behandlung erhalten. Zugleich wird sie sich weiter um die Menschen kümmern, die mit Behinderungen leben.

 

Suresh Makato kam durch einen Kleinkredit zu einer Rikscha und sorgt so für den Unterhalt seiner Familie. Foto: DAHW/Jürgen Hammelehle

Schwere Fälle nahmen ab: Beispiel Nepal

Noch vor zwölf Jahren waren im Himalayastaat Nepal 17 Prozent der neuen Leprapatienten bereits sichtbar behindert, wenn sie zur Behandlung kamen. "Das Stigma macht die Menschen zu Behinderten und nicht die Krankheit“, erklärt Karen Baxter von der International Nepal Fellowship (INF), die seit über 30 Jahren von der DAHW unterstützt wird. "Seit im Radio regelmäßig gesendet wird, dass Lepra heilbar ist, gibt es zum Glück nicht mehr so viele Menschen mit Behinderungen wie noch vor Jahren.“ Die Statistik gibt ihr und vor allem der erfolgreichen Lepra-Arbeit Recht: Mittlerweile ist diese Quote auf etwa drei Prozent gesunken.

Die Krankheitsrate spricht dennoch eine deutliche Sprache: Lepra ist noch längst nicht besiegt. Ins Green Pastures Hospital, das als Referenzklinik im Westen des Landes tätig ist, kommen seit vielen Jahren etwa gleich viele neu Erkrankte. Das Hospital kann viele Leprakranke, die heute glücklicherweise in einem sehr frühen Stadium erkannt werden, ambulant behandeln. Schwere Fälle hingegen können durch Nervenschäden beispielsweise eine "Krallenhand“ bekommen. Hier stellt eine Sensibilitätsprüfung fest, welche Finger betroffen sind; Physiotherapie und eventuell eine Operation machen die Hand wieder so beweglich wie möglich.

Aufklärung hilft, Menschen zu integrieren

KIeinkredite können anschließend gut weiterhelfen. Etwas mehr als 200 Euro genügen zum Bau eines einfachen Häuschens. Und in Selbsthilfegruppen unterstützen Patienten, ehemals Erkrankte und ihre Familien einander dabei, Gärten mit Gemüse für den Eigenverbrauch anzulegen.

In die Dorfgemeinschaften zog vielerorts – auch durch die Aufklärungsbemühungen der DAHW – ein neuer Geist ein. So werden in Nepal Menschen mit Lepra immer seltener ausgegrenzt, nur die wenigsten müssen stationär behandelt werden. Die überwiegende Zahl führt während der Behandlungszeit ihr normales Leben fort.

Damit ist Lepra zu einer Krankheit wie jede andere geworden. Das Stigma nimmt immer mehr ab.

Fakten zu Lepra 
 

Leprakranke

im Jahr 2006

 

weltweit

 

 

 

 

 

Leprabedingt Behinderte

 

2 bis 4 Mio.

 

geschätzt

 

Patienten weltweit

 

259.017

 

registriert

 

neue Fälle

 

500.000-700.000

 

geschätzt

 

Patienten in DAHW-Projekten

 

ca. 90.000

 

hier liegen noch nicht alle Zahlen vor

 

Die meisten Patienten wurden 2006 in Indien registriert (139.252), gefolgt von Brasilien (44.436). In Afrika wurden (27.902) Patienten registriert.



 

-> Pressemitteilung zum Jahresbericht 2006

-> Der Jahresbericht 2006

-> Aufwendungen und Erträge 

-> Vorwort zum Jahresbericht 2006 von Jürgen Hammelehle

-> Fotos zum Downloaden

-> Wir über uns

-> Hintergrund: Tuberkulose - Medizin aus dem Uhrengeschäft

-> Hintergrund: Offen für neue Krankheiten - Buruli Ulcer, Chagas und Leishmaniose schoben sich ins Blickfeld

-> Vermögen verzehntfacht - Ruth Pfau Stiftung

-> Engagement hat viele Formen

-> Geschichte der DAHW


 

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