26. August 2019

"Ich bin das Kind von Lepra-Betroffenen!"

Seine Großeltern hat er nie kennengelernt. "Meine Eltern mussten ihr Dorf verlassen. Ich bin das Kind von Lepra betroffenen Eltern." Mahamath Cisse, Büroleiter der DAHW im Senegal, weiß, was es bedeutet, von der Gesellschaft benachteiligt zu werden.

Ein Ausgegrenzter zu sein. Schon als kleiner Junge fühlte er die Blicke der anderen, das Getuschel hinter seinem Rücken. Schlimmer noch als ihm erging es seinem Vater, der seine Verwandten, seine Familie nie mehr wiedersehen durfte. "Ich war traurig für ihn. Ja, ich war ein trauriges Kind", gibt der 58-jährige Büroleiter der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e. V. in Dakar, Senegal während eines Gespräches in der DAHW-Zentrale in Würzburg zu. Daher auch sein Wunsch, sein Bestreben, dass es in seiner Heimat keine Lepradörfer mehr geben soll. Die Menschen sollen akzeptiert und anerkannt werden, dafür steht er, dafür arbeitet er. Das ist seine Vision von einer gerechteren Zukunft. Sein Ziel ist es, dass die Betroffenen, ihre Umgebung, ihre Häuser, ihre Kinder integriert werden in bereits bestehende Dörfer und dass es auch Gesetze geben soll, die diese Vorhaben ratifizieren.

Mahamath Cissé ist ein Kämpfer. Schon von klein auf. Und er hat den richtigen Beruf gefunden. Einen, der ihn mit seinen Idealen verbindet. Bereits seit 1987 arbeitet er für die DAHW vor Ort als Programmkoordinator. Mit dem Hilfswerk verbindet ihn eine ganz besondere Geschichte. "Wegen meiner Vorgeschichte als Sohn betroffener Eltern konnte ich als erster DAHW-Stipendiat an der Universität von Dakar studieren."

Cissé interessierte sich schon immer für die entwicklungspolitischen Aspekte seiner Heimat und machte schließlich sein Diplom in wirtschaftlicher und sozialer Planung und Entwicklung. Weitere Abschlüsse und Fortbildungen folgten.

Heute erreichen ihn in seinem Büro in Dakar auch Leute, die aus entlegenen Teilen des Landes anreisen, im Gepäck nichts als Hoffnung, dass die DAHW ihnen auch dann hilft, wenn es um Unterkunft und die Sicherung ihres Lebens geht. „Wir versuchen, auch ihnen zu helfen, indem wir die Strukturen der Behörden in ihren Heimatdörfern unterstützen und sie dazu bewegen, zurückzukehren.“

Verstärkt wird darauf geachtet, eine inklusive Lokalpolitik voranzubringen. „Die lokalen Autoritäten in den Regionen sollen dazu mit mehr Kompetenzen und Wissen ausgestattet werden. Dabei werden auch die Rechte von Menschen mit Behinderungen umgesetzt, um Stigmatisierungen weitestgehend zu verhindern. Unsere lokalen Mitarbeiter vor Ort unterstützen den Prozess und wollen ihn möglichst nachhaltig gestalten.“

Zum Tätigkeitsbereich von Mahamath Cissé und sein Team gehören neben der sozialen Integration von Lepra-Betroffenen auch noch der Aufbau eines Netzwerkes, um auch zukünftig ihre Rechte zu sichern. Weitere Erkrankungen, die auf ihrem Portfolio stehen, sind die Behandlung von Glaukomen, Filariose und Leishmaniose. Eine weitere Herausforderung für die Zukunft wird der Bereich Humanitäre Hilfe und Katastrophenmanagement werden. 

Abschließend ergänzt Cisse, dass seit 1949  seine Eltern schon in dem ehemaligen Lepradorf MBalling, 400 Kilometer südlich der Hauptstadt Dakar leben. Heute ist es ein ganz normaler Ort. Cissé, selbst Vater von drei Kindern, lacht, wenn er von ihnen erzählt. "Meine Mutter ist 86 Jahre alt und mein Vater 93", ergänzt er. "Es geht ihnen gut, endlich!" Und ein klein wenig ist das wohl auch sein Verdienst.