30. Juni 2017

Im Kampf gegen Diskriminierung

Beitrag von Mahamath Cissé, Programm-Direktor der DAHW in Senegal über den Kampf gegen Diskriminierung und Stigmatisierung. Der Artikel wurde für die ILEP (International Federation of Anti-Leprosy Associations) geschrieben und ins Deutsche übersetzt.

Senegal: Im Kampf gegen Diskriminierung

Das erste Gesetz zur Ausgrenzung von Menschen, die von Lepra betroffen sind, wurde 1965 in Senegal erlassen. Etwas mehr als 10 Jahre später wurden die bisherigen Leprosorien umbenannt – in „Villages de Reclassement Social“ (Soziale Rehabilitationsdörfer). Eine wirkliche Veränderung trat durch dieses Gesetz und den neuen Namen jedoch nicht ein: Stigmatisierung, Diskriminierung und Isolierung verschwanden nicht und sind bis heute noch spürbar.

Etwa 200-300 neue Leprafälle werden jährlich in Senegal gefunden. Doch ist die Dunkelziffer vermutlich höher, da nicht alle Fälle erkannt werden – aufgrund von Fehldiagnosen und der Angst vor Stigmatisierung. Um Lepra in Senegal erfolgreich zu bekämpfen, muss vor allem auch gegen diese Stigmatisierung und Diskriminierung vorgegangen werden. Aus Angst vor Ausgrenzung und Ausschluss aus ihren Gemeinden verstecken viele Menschen die Symptome der Krankheit und laufen so Gefahr, lebenslange Behinderungen davon zu tragen, die häufig ebenfalls Diskriminierung zur Folge haben.

2014 rief die Bevölkerung der Sozialen Rehabilitationsdörfer die senegalesische Regierung dazu auf, das Gesetz außer Kraft zu setzen, da es diskriminierend sei und Stigmatisierung aufrechterhalte. Ein Versprechen der senegalesischen Regierung, dieser Aufforderung nachzukommen, wurde bisher nicht eingelöst. Anstatt „normale“ Dörfer zu sein, haben die ehemaligen Lepra-Dörfer immer noch einen Sonderstatus als „Soziale Rehabilitationsdörfer“.

Mahamath Cissé, Programm-Direktor der DAHW in Senegal, erläutert, dass diese Dörfer noch immer „total abgeschottet“ seien und keine Integration in die Gesellschaft stattfinde. Genauer gesagt heißt das, dass das Gesetz Menschen, die von Lepra betroffen sind, die gleichen Rechte verweigert, die Menschen in anderen Dörfern im Senegal genießen, insbesondere das Recht auf Chancengleichheit und Inklusion.

Während viele Bewohner der Dörfer ältere Menschen sind, die mit den von Lepra verursachten Behinderungen leben müssen, leben dort auch viele Kinder und Jugendliche. Sie wachsen auf mit dem weit verbreiteten, falschen Glauben, dass Lepra eine extrem ansteckende und genetisch bedingte Krankheit ist, die von den Eltern auf die Kinder übertragen wird.

Über viele Jahre hinweg hat sich die Situation jedoch langsam verändert: Die Sozialen Rehabilitationsdörfer sind glücklicherweise längst nicht mehr so isoliert wie sie es einmal waren. In Mballing, dem früher größten Leprosorium des Landes, leben heute 5.000 Menschen, von denen lediglich 300 aktuelle oder ehemalige Leprapatienten sind. Doch haben die von Lepra betroffenen Menschen keine Wahl: Sie müssen von Gesetzes wegen in einem der Sozialen Rehabilitationsdörfer wohnen und sind teilweise vollständig abhängig von der Unterstützung des Staates.

Die DAHW setzt sich seit vielen Jahren dafür ein, das diskriminierende Gesetz außer Kraft zu setzen. 2004 gab es einen großen Durchbruch, als das erste Mal auf nationaler Ebene darüber diskutiert wurde, das Gesetz abzuschaffen, das den Wohnort von Lepra betroffenen Menschen auf die Sozialen Rehabilitationsdörfer beschränkt. Die DAHW vertrat in diesem Zusammenhang die Meinung, dass diese Dörfer als Wohnort den Menschen ein Stigma als „nicht normal“ auferlegen.

Im weiteren Verlauf spielte die DAHW neben Senegals Ministerium für Gesundheits- und Sozialwesen eine entscheidende Rolle bei der Gründung eines Komitees, um die Diskussion zur Abschaffung des Gesetzes am Laufen zu halten.

Das Komitee erarbeitete ein Memorandum zur Abschaffung des Gesetzes, berichtet Cissé. „Nach mehreren Treffen mit der für die Gesetzgebung zuständigen Abteilung des Gesundheitsministeriums wurde dieser Vorschlag zur Außerkraftsetzung des Gesetzes validiert und zur Diskussion an alle Ministerien weitergeleitet … Wir warten jetzt darauf, dass der Ministerpräsident und der Gesundheitsminister den Text zur Abstimmung an die Nationalversammlung übermitteln.“

Während die Arbeit auf der politischen Ebene weiter geht, betreibt die DAHW zeitgleich in Dörfern in ganz Senegal Aufklärungsarbeit zu Lepra, z.B. durch Radiosendungen, die landesweit gesendet werden.

„Wir bleiben hoffnungsvoll, dass dieses veraltete und ausgrenzende Gesetz bald außer Kraft gesetzt wird. Dann können die Menschen, die lange an den Rand der Gesellschaft verbannt wurden, endlich in vollem Maße ihre Bürgerrechte genießen, ihre Verantwortung als Bürger übernehmen und ihre Rechte einfordern.“

Übersetzung Sonja Becker – Original: ILEP

 

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