01. Juli 2017

JB 2016 - Der Gefahr trotzen

Dr. Ruth Pfau besucht Laila H. im Heim in Manghopir. Sie kam als Leprapatientin vor vielen Jahren aus Afghanistan und machte eine Ausbildung in Handarbeit. Foto: Sabine Ludwig / DAHW

Menschen mit Behinderungen: Ein Ort der Hoffnung: Manghopir

Eine gute Stunde dauert die Fahrt durch den dichten Verkehr der südpakistanischen Metropole Karachi in den Vorort Manghopir. Dr. Ruth Pfau, die bekannte deutsche Lepraärztin und Ordensfrau, sitzt auf dem Beifahrersitz des Wagens und wird von Sozialarbeiterin Sadia Umar begleitet. „Behandlungen werden hier nicht mehr durchgeführt, seit ein Wärter vor einigen Jahren erschossen wurde. Patienten kommen nun, im Jahr 2016, direkt ins Marie Adelaide Leprosy Centre (MALC) im Herzen von Karachi. Das ist sicherer“, erklärt Umar.

In direkter Nachbarschaft der Schule und des Wohnheimes Manghopir wohnen heute Menschen mit Behinderungen. Sie alle machen eine Berufsausbildung oder haben sie bereits abgeschlossen. Wie die Schwestern Laila H. und Uzla H. aus Afghanistan, die beide vor vielen Jahren mit schweren Lepraschäden nach Manghopir kamen und hier behandelt wurden. Weder erinnern sie sich, wann es war, noch wie alt sie sind. „Wahrscheinlich sind beide Anfang 40“, zuckt Umar mit den Schultern.

Nach wie vor ist es eine sichere Zufluchtsstätte für sie, denn in ihrer Heimat konnten sie nicht bleiben. Nachdem die Mutter starb wurden die Mädchen von der Stiefmutter verstoßen. Schon schwer geschädigt durch die fortgeschrittene Lepraerkrankung hörten sie von Dr. Pfau und ihren Einsatz für Leprakranke im Nachbarland Pakistan. Der Rest ist Geschichte.

 

„Wir sind froh, hier bleiben zu können“, betont Laila leise. Ihre Schwester nickt und ergänzt, dass sie beide Sticken und Handarbeit gelernt haben. Sie deutet auf ihre Werke, die in einem Regal zum Verkauf angeboten werden. „Trotz unserer Hände“, bemerkt sie leise und zeigt auf ihre von Lepra geschädigten Finger.

Der Besuch Dr. Pfaus ist Anerkennung und Wertschätzung zugleich. Auch die Mitbewohner der beiden Schwestern freuen sich, wenn die Ärztin kommt. Denn es gibt immer etwas zu klären und zu regeln. Und die Mitarbeiter vor Ort legen großen Wert darauf, mit der Medizinerin Therapiepläne zu besprechen.

Dr. Pfaus Besuch gibt Anlass zu Hoffnung im doch sehr abgelegenen Manghopir, wo sich Fremde kaum hin trauen, aus Angst vor Schießereien und Entführungen. All das hält die deutsche Ordensfrau und Medizinerin nicht davon ab, regelmäßig nach ihren Schützlingen zu sehen. Und sie danken es ihr. Mit langem Winken, das noch anhält, als der Wagen längst hinter der nächsten Abbiegung verschwunden ist.


Arbeit für Menschen mit Behinderung

Nach jahrelanger Lobbyarbeit aller Vertreter von Menschen mit Behinderungen ist im Jahr 2016 ein großer Durchbruch gelungen: die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in die Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals) und in die Humanitäre Hilfe.
Seitdem wird ein inklusiver Ansatz von fast allen entwicklungspolitischen Organisationen eingefordert.

Damit erhielt auch die DAHW-CBR Arbeit einen neuen Stellenwert. CBR bedeutet Community Based Rehabilitation und ist ein wichtiger Ansatz für die Unterstützung von Menschen mit Behinderung. Die DAHW gilt als anerkannter Partner sowohl bei medizinischen wie auch bei sozialen Interventionen und wird als eine Organisation wahrgenommen, die sich für Inklusion einsetzt. Der Fokus liegt auf dem Aufbau von regionaler Expertise, sowie auf Zusammenarbeit und dem Aufbau von Netzwerken mit anderen Organisationen auf nationaler und internationaler Ebene.

Denn in der CBR-Arbeit geht es darum, Menschen mit Behinderung Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Dazu gehört der Kampf gegen Diskriminierung ebenso wie der Einsatz für eine menschenwürdige Arbeit, mit der die Betroffenen selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können.

Oft ist dies Grundlagenarbeit, da Menschen mit Behinderung in vielen Ländern noch weit entfernt davon sind, gleiche Rechte zu haben oder ihre wenigen Rechte auch einfordern zu können.