26. März 2025

Krisenland: Unterwegs im Südsudan mit Gesundheitshelferin Mary

Die DAHW ist seit Jahrzehnten aktiv im Südsudan (Foto: Enric Boixadós / DAHW)

Die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe ist seit vielen Jahren im Südsudan aktiv - einem Land, in dem es immer wieder zu Spannungen und Krisen kommt. Davon sind auch Menschen betroffen, die an Lepra und Tuberkulose erkrankt sind. Um TB-Patient:innen kümmern sich - von der DAHW unterstützt - Gesundheitshelferinnen wie Mary.
Ein Text von Sabine Ludwig

„Gesundheit ist ein Menschenrecht“, betont Dr. Saskia Kreibich, Beraterin für Globale Gesundheit der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e. V. „Die Tuberkulose und insbesondere ihre resistenten Formen werden auch in den Industriestaaten zunehmend zu einer gesundheitspolitischen Herausforderung, die leider zu wenig Aufmerksamkeit erhält.“ Die Hauptbelastung tragen aber Länder des Globalen Südens: Mehr als zehn Millionen Neuinfektionen pro Jahr werden weltweit verzeichnet – und die allermeisten von ihnen betreffen Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika. So beispielsweise im Südsudan. 

Traumberuf: Gesundheitshelferin

Mary Poni hat sich ihren größten Wunsch erfüllt: Sie ist Gesundheitshelferin in einer der entlegensten Regionen im Südsudan. Hier ist sie geboren und aufgewachsen. Für ihr Dorf, für ihre Nachbarn will sie sich einsetzen. Schon immer. Ihren Traumberuf hat sie verwirklichen können. Schon zu Beginn ihrer Ausbildung stand für die damals noch junge Frau fest, dass sie nach bestandener Prüfung im Bereich der TB-Aufklärung und -Behandlung arbeiten will. Das erfüllte die heutige Mittvierzigerin mit Ehrgeiz und sehr viel Nächstenliebe.
 

An mehreren Tagen in der Woche ist Mary Poni unterwegs. Oft zu Fuß. Die langen Wanderungen machen ihr nichts aus. In den Dörfern arbeitet sie mit den Clan-Ältesten zusammen. Die wissen immer, wer hustet oder krank ist. Auch gibt es in verschiedenen kleinen Orten speziell ausgebildete Teams als Anlaufstelle für Kranke und Schwache. Sie werden von den Gesundheitshelfern geschult und von der DAHW unterstützt, um Diagnose und Behandlung problemlos aufeinander abzustimmen. Dabei sind und bleiben Expertinnen wie Mary Poni erste Ansprechpartner für die Teams. Sobald Zweifel über den Zustand eines Erkrankten auftauchen, wird sie kontaktiert. Dann beginnt ihre Arbeit: Sie sucht die Patienten, wie heute die 65-jährige Peris Juan, auf und schreibt die Ergebnisse ihrer Befragung nieder. Vermutet sie eine TB-Infektion, rät sie den Patienten, dringend den nächsten Gesundheitsposten aufzusuchen. Bei alten und zu schwachen Patienten wie Peris Juan sammelt sie selbst die Sputumproben ein, um sie zur Untersuchung zu bringen. Auch das zu Fuß. Denn das Labor liegt kilometerweit entfernt, und das Mikroskop wird jeweils nur für ein paar Tage an die einzelnen Gesundheitsposten ausgeliehen. 

DAHW-Engagement seit 1958

Seit 1958 ist das ein Jahr zuvor in Würzburg gegründete Hilfswerk im Land vertreten. „Mit Äthiopien und dem damaligen Sudan fing unser Engagement auf dem afrikanischen Kontinent an”, sagt Boumkouth Mach, Programmdirektor im DAHW-Büro Südsudan, der die Lepra- und Tuberkuloseprogramme der Würzburger Hilfsorganisation im Land betreut. Die DAHW finanziert oft auch mit Unterstützung von Partnerorganisationen Aufklärungsprogramme sowie Schulungen von Gesundheitspersonal. Außerdem kümmern sich Gesundheitshelferinnen und -helfer um die Bereitstellung von Mikroskopen und Laborausstattung zur raschen Erkennung und Diagnose. Doch nicht immer können Autos und Mopeds zur Verfügung gestellt werden, um Patienten in abgelegenen Regionen zu erreichen. Also gehen die Teams oft zu Fuß – kilometerweit. „Die DAHW hat erst vor kurzem ein Moped beschafft, um die Patienten besser erreichen zu können“, sagt DAHW-Expertin Kreibich.

„Im Jahr 2024 gab es in unserem Bezirk über 5.000 neue TB-Fälle. Ohne die Gesundheitsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter wüssten wir kaum etwas über die jährlichen TB-Fallzahlen. Schwerpunkt ist die Zusammenarbeit und der Austausch mit Mitarbeiterinnen wie Mary”, lobt Mach. Peris Juans Familie macht sich trotzdem große Sorgen. Zum Glück hat sich noch niemand in der Familie mit TB angesteckt. Ihr Ehemann zeigt Mary Poni das Behandlungsblatt. Nach neun Monaten Tabletteneinnahme müsste doch die Tuberkulose seiner Frau endlich überstanden sein. Doch es scheint, dass die Seniorin an einer der resistenten TB-Formen erkrankt ist und sich die Heilung dadurch verzögert.

„Wenn eine Antibiotikum-Resistenz vorliegt, kann die Behandlung bis zu zwei Jahre dauern“, ergänzt Mach. Die Kinder und Enkel haben Angst. Angst, dass sie ihre Mutter und Großmutter bald verlieren werden. Denn Tuberkulose kann tödlich sein, wenn sie nicht richtig behandelt wird. Das hat Peris Juan von den Gesundheitsmitarbeitern erfahren. Nach wie vor gehört Tuberkulose im Südsudan zu den schwerwiegenden Erkrankungen. Jedes Jahr gibt es im Land viele Neuerkrankungen. Ein Teil aller Erkrankten ist auch HIV-positiv – ein zusätzliches Risiko für einen schweren Verlauf. Dass die ansteckende Krankheit jährlich allein im Südsudan viele Tote fordert, weiß Peris Juan nicht. Der Ernst der Lage ist ihr jedoch bewusst. Bei dem Gespräch mit der Gesundheitsmitarbeiterin zittert sie ein wenig. Mary Poni lächelt ihr zu, gibt ihr Mut. Peris Juan wird es schaffen.


 

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Dr. Chris Schmotzer untersucht eine Röntgenaufnahme eines Tuberkulosepatienten.