Lepra und COVID-19
Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie schränkten 2020 die jeweiligen nationalen Lepra- Kontrollmaßnahmen stark ein. Vielerorts konnten die Aktivitäten in Gemeinden und Familien von Menschen mit Lepra, wie Gesundheitsaufklärung, die aktive Fallsuche und die Postexpositionsprophylaxe wegen der Infektionsschutzmaßnahmen nicht mehr stattfinden. Die Diagnose und Therapie von neuen LeprapatientInnen und PatientInnen mit Leprareaktionen* war in den pandemiebedingt überlasteten Gesundheitseinrichtungen beeinträchtigt. Die Versorgung mit Lepramedikamenten wurde zunehmend schwieriger. Einige Länder meldeten, dass sie aufgrund von unterbrochenen Transportwegen nicht ausreichend Medikamente für die benötigte Kombinationstherapie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Verfügung gestellt bekamen. So konnte nicht mit der Therapie aller neuen PatientInnen begonnen bzw. es mussten sogar Therapien unterbrochen werden. Auch unterstützende Rehabilitationsprogramme für LeprapatientInnen waren von den Maßnahmen gegen die Verbreitung von COVID-19 betroffen. Das Ausmaß der Beeinträchtigung der Lepraaktivitäten wird wohl erst im Herbst 2021 deutlich werden, wenn die WHO die neuen Zahlen der nationalen Lepraprogramme für das Jahr 2020 bekannt gibt. Aber schon jetzt melden einige Länder einen Rückgang der PatientInnenzahlen um etwa 50 %.
Der Trend des langsamen Rückgangs von Lepra setzte sich 2019 fort
Im September 2020 veröffentlichte die WHO einen Bericht zur weltweiten Entwicklung der Leprasituation im Jahr 2019 und rief zu einer Verstärkung der präventiven Maßnahmen auf.1
Der Trend der stetigen, wenngleich sehr langsamen Abnahme von Menschen bei denen Lepra neu diagnostiziert wird, setzte sich fort. 2019 wurden 202.185 neue Leprafälle registriert, 6.506 Fälle weniger als 2018. Allerdings gibt es regional große Unterschiede. In der Region Südostasien gab es in den letzten 5 Jahren einen stetigen Rückgang, während die Fallzahlen in anderen WHO-Regionen eher stagnierten oder sogar leicht zunahmen. In Indien erkrankten die meisten Menschen an Lepra (144.451) gefolgt von Brasilien (27.863) und Indonesien (17.439). In Deutschland wurde 2019 in Deutschland eine Lepraerkrankung gemäß Referenzdefinition übermittelt.2
Indikatoren für eine erfolgreiche Leprabekämpfung
Die Anzahl der neu an Lepra erkrankten Kinder ist ein Indikator für eine fortwährende Ansteckung mit Lepra. 14.981 Kinder (unter 15 Jahre) erkrankten 2019 an Lepra, etwa 1.000 weniger als ein Jahr zuvor. Das ist ein bemerkenswerter Rückgang um mehr als 6 % und damit ein wesentlich stärkerer Rückgang als bei Erwachsenen (2,8 %).
Trotz dieser ermutigenden Entwicklung wurden auch 2019 370 Kinder erst diagnostiziert, nachdem sich schon eine schwere Behinderung entwickelt hatte. Die Anzahl der Menschen, die bei der Lepradiagnose schon eine Grad-2-Behinderung (sichtbare, oft irreversible Behinderung) haben, ist ein weiterer wichtiger Indikator zur Beurteilung des Fortschritts bei der Leprabekämpfung, insbesondere für die frühe Fallfindung.
2019 hatten 10.813 Menschen zum Zeitpunkt ihrer Erstdiagnose eine Grad-2-Behinderung (2018: 11.323). Leider ist der Rückgang der Grad-2-Behinderungen, wie auch bei der Fallzahlentwicklung, auf die Region Südostasien beschränkt, während in den Regionen Afrika und Amerika die Anzahl neuer Leprafälle mit Grad-2-Behinderung in den letzten Jahren zunahm.
Noch differenzierter ist das Bild des prozentualen Anteils der Grad-2-Behinderungen unter den neu diagnostizierten LeprapatientInnen. Weltweit hatten 2019 etwas mehr als 5 % der Menschen zum Zeitpunkt der Diagnose eine Grad-2-Behinderung. Während der Anteil in der Region Südostasien bei etwa 3 % liegt, sind es in der Region Afrika seit vielen Jahren unverändert fast 15 %. In der Region Amerika nimmt der Anteil der Grad-2-Behinderungen seit Jahren stetig zu und lag 2019 bei 8,5 %.
In einigen afrikanischen Ländern ist etwa jeder dritte oder vierte Patient zum Zeitpunkt der Diagnose schwer behindert: Togo (30 %), Burkina Faso (35 %), Niger (25 %), Südsudan (23 %).