07. Juli 2008

Lepra: Das Leben nach der Behandlung

<strong>Patienten und Angeh&ouml;rige brauchen weiter Unterst&uuml;tzung</strong>

Die elfjährige Fatiha aus Äthiopien, der 26-jährige Masten aus Indien, die 53-jährige Rucy aus Uganda und der 61-jährige Francisco aus Brasilien haben eine gemeinsame Geschichte, bei der Glück und Unglück nah beieinander liegen. Es sind vier von fast vier Millionen Menschen, die im Jahr 2007 unter den Folgen einer früheren Lepra-Erkrankung leiden mussten – deutlich mehr als 250.000 Menschen sind im gleichen Zeitraum neu an Lepra erkrankt.

Diese vier Patienten hatten das Glück, dass sie in den Hilfsprojekten der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe (DAHW) behandelt wurden. Im Jahr 2007 hat die DAHW weltweit insgesamt 239.905 Leprapatienten eine Behandlung ermöglicht, darunter waren 85.590 neu erkrankte Patienten und 62.031 Menschen wie Fatiha, Masten, Rucy und Francisco. Die Folgen ihrer Erkrankungen haben ein normales Leben fast unmöglich gemacht – erst die medizinische und soziale Betreuung durch die DAHW ermöglicht ihnen ein selbstbestimmtes Leben.

Ein Mensch, der sich mit dem Leprabakterium infiziert hat, merkt zunächst überhaupt nichts von seiner Krankheit. Erst nach zwei bis sieben Jahren bricht die Krankheit aus, manchmal kann dies sogar über 30 Jahre dauern. Dann aber vermehren sich die Bakterien im Körper und zerstören langsam, aber zielstrebig die Nerven. Dadurch geht der Tastsinn verloren, schon kleine Verletzungen entzünden sich und werden zu gefährlichen Geschwüren – dies endet zumeist mit verstümmelten Gliedmaßen.

Bei Masten Sheik aus dem indischen Hyderabad war die Krankheit bereits weit fortgeschritten, als er vor 18 Jahren von seinen Eltern im DAHW-Hospital Sivananda "abgegeben“ wurde, weil er die schwere Arbeit auf den Feldern nicht mehr bewältigen konnte. Im Rollstuhl und mit Hilfe der DAHW meistert er heute sein Leben.

Durch die Zerstörung von Nervenbahnen kann es auch passieren, dass bestimmte Muskeln nicht mehr bewegt werden können. Dann ziehen sich die Finger zur Handfläche zusammen und versteifen dort. Mit diesen "Krallenhänden“ werden selbst einfache Arbeiten im Haushalt mühsam, einen Lohnerwerb kann kaum ein Patient ohne Hilfe ausüben.

So erging es Francisco Manuel da Silva. Der 61-jährige Bauer aus dem brasilianischen Pantanal konnte mit seiner rechten Hand nicht mal mehr ein Blatt Papier festhalten. Mit Physiotherapie und Medikamenten versuchen die Ärzte der DAHW derzeit, Francisco zu helfen, damit er wieder seine Felder bestellen kann.

Je früher die Behandlung einsetzt, umso weniger Schaden kann die Krankheit anrichten – wie bei der elfjährigen Fatiha aus Äthiopien. Zum Glück hatten ihre Eltern durch eine Aufklärungskampagne der DAHW von den ersten Anzeichen der Lepra gehört und die Flecken auf der Haut ihrer Tochter entdeckt. So brachten sie das Mädchen in das DAHW-Hospital nach Bisidimo – so früh, dass kaum Spätfolgen zurückbleiben werden.

Weltweit müssen rund vier Millionen Menschen mit Behinderungen aufgrund von Lepra leben – zumeist, weil ihre Krankheit zu spät entdeckt wurde. Menschen mit Verstümmelungen aufgrund von Lepra werden oft diskriminiert und aus vielen gesellschaftlichen Bereichen ausgeschlossen.

Als die heute 53-jährige Rucy vor 30 Jahren an Lepra erkrankt war, hat ihr eigener Mann sie verstoßen. Bis heute lebt Rucy in der Nähe des DAHW-Hospitals Buluba und kümmert sich liebevoll um ihre Enkelkinder.

Hier setzt eine zentrale Aufgabe der DAHW an: Mit mobilen Aufklärungs- und Diagnoseteams versuchen die Helfer, alte Vorurteile zu entkräften. Gleichzeitig suchen sie nach Patienten, um diese in einem möglichst frühen Stadium der Krankheit behandeln zu können. In Behandlungs- und Rehabilitationszentren lernen sie, die Krankheit zu besiegen und mit den Folgen zu leben. In Ausbildungszentren lernen sie, trotz ihrer Behinderungen einen Beruf auszuüben, um damit ihr Leben eigenverantwortlich meistern zu können.

Die medizinisch-soziale Projektarbeit der DAHW beschränkt sich nicht nur auf die rein medizinische Behandlung, sondern gibt den betroffenen Menschen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben. Ohne Unterstützung wäre dies in den meisten Ländern kaum möglich, da selbst Kinder von ehemaligen Leprapatienten diskriminiert werden: Oftmals werden sie zum Verlassen der Schule gedrängt, obwohl sie selbst nicht erkrankt sind.

 

Rucy Nakijama kann dank der Hilfe durch die DAHW heute ihr eigenes kleines Feld bestellen. Foto: Thomas Einberger

In vielen Lepraprojekten fördert die DAHW daher die Ausbildung dieser Kinder, damit sie später beruflich erfolgreich werden können. Mit Kleinkrediten unterstützt die DAHW zusätzlich den Start ins Berufsleben, der in vielen Ländern nur selten über eine feste Anstellung funktioniert, sondern die Gründung eines Kleinst-Unternehmers bedeutet.

Der 16-jährige Mohammed Riyad aus dem äthiopischen Bisidimo ist selbst nicht an Lepra erkrankt. Seine Eltern waren als Leprapatienten in das DAHW-Hospital gekommen, und sein Bruder hat einzig aus diesem Grund seine Arbeit in der Hauptstadt Addis Abeba verloren. Mohammed wird so etwas kaum passieren: Im Berufsausbildungszentrum der DAHW erlernt er derzeit den Beruf des Kfz-Mechanikers und wird danach mit einem Kleinkredit seine eigene kleine Werkstatt aufbauen. Er träumt davon, die Arbeit der DAHW mit seinem Fachwissen unterstützen zu können, denn er hat selbst erlebt, dass diese Arbeit mit der rein medizinischen Behandlung längst nicht getan ist.


-> DAHW - Jahresbericht 2007


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Zahlen zu Lepra 
 

Leprakranke im Jahr 2006* 

 
 

Leprabedingt Behinderte

 
 

ca. 4 Mio.

 
 

geschätzt

 
 

Neue Fälle weltweit

 
 

259.017

 
 

registriert

 
 

Neue Fälle weltweit:

 
 

500.000-700.000

 
 

geschätzt

 
 

Patienten in DAHW-Projekten

 
 

239.905

 
 

(davon 85.590 neue Fälle)

 
 

*Für das Jahr 2007 liegen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch keine Zahlen vor.