15. Juli 2016

Madame Bineta hat einen langen Tag

Mutter, Hausfrau, Schneiderin, Verkäuferin im Senegal

Madame Bineta D. ist eine starke Frau. Das muss sie auch sein, denn sie ist eine vielbeschäftigte Frau, auf deren Schultern eine große Last liegt. Bineta muss hart arbeiten, damit ihre Familie das Nötigste hat. Ihr Tag ist lang und voller Aufgaben. Bineta verkauft Couscous und Boillie (ein westafrikanisches Gericht aus Getreide) auf dem Markt und sie arbeitet in einer Selbsthilfegruppe in Thiès als Schneiderin.

Leben im Lepradorf

Peycouck ist ein ehemaliges Lepradorf etwa 30 km von der senegalesischen Hauptstadt Dakar entfernt. Ehemalig deshalb, weil in den Lepradörfern heute weit mehr Gesunde als Leprakranke oder von Lepra gezeichnete Menschen leben. Trotzdem haftet den Dörfern das Stigma „da leben die Leprakranken“ an. Bis vor einigen Jahren gab es noch Lepradörfer, die von einer Mauer umgeben waren. Die Bewohner dieser Orte sind arm, es gibt kaum Arbeitsmöglichkeiten und außerhalb der Dörfer finden sie keine Arbeit, weil ihnen immer noch Angst und Ablehnung begegnet. Innerhalb der Dorfgemeinschaft ist der Zusammenhalt groß, die von Lepra betroffenen Familien versuchen gemeinsam und organisiert, ihr Lebensumfeld zu verändern.

Bineta bereitet Couscous vor.
Bild: DAHW / Siegfried Herrmann

 

 

In dem Dorf Peycouck lebt Bineta mit ihrer Familie. Sie hat fünf Kinder, vier leben noch bei ihr und ihrem Mann, eine erwachsene Tochter ist bereits ausgezogen. Eine der Töchter, mit ihren 16 Jahren ist sie die Älteste von den Kindern, hat Lepra. Auch Binetas Mann hatte Lepra. Zwar ist er mittlerweile geheilt, aber die Krankheit hat ihn gezeichnet, daher hat er keine Arbeit. Durch Betteln versucht er ein wenig zum Unterhalt der Familie beizutragen. Und er hilft seiner Frau im Haushalt so gut er kann.

Zwischen Haushalt, Schneiderei und Markt

Ganz früh morgens wässert sie das Getreide für Couscous und Boillie, die sie später zubereiten wird. Danach macht sie sich auf den Weg zur Mühle, um das Getreide für den nächsten Tag mahlen zu lassen. Ab mittags kocht sie für ihre Familie und versorgt den Haushalt. Oft bereitet sie gemeinsam mit ihrer Tochter Couscous und Boillie vor, die sie ab dem späten Abend auf dem Markt verkaufen will. Nachmittags ist Madame Bineta in Thiès. Sie ist Vorsitzende einer Selbsthilfegruppe von 15 Frauen, die entweder selbst an Lepra erkrankt sind oder aus einer von Lepra betroffenen Familie kommen. Die Frauen haben Bineta gewählt, weil sie die Älteste der Gruppe ist und die meiste Erfahrung hat. Sie hat sich schnell in die Rolle als Sprecherin der Gruppe eingefunden, sie organisiert Treff en und motiviert die Frauen, sich von den Schwierigkeiten nicht unterkriegen zu lassen. Und Bineta ist gut darin, Netzwerke zu nutzen und zu erkennen, wo gerade Frauen gemeinsam mehr erreichen können.

 

Gemeinsam erreichen die Frauen mehr

Bild: DAHW / Siegfried Herrmann

So hat sich Binetas Selbsthilfegruppe mit der „Vereinigung von Frauen mit Behinderung“ zusammengetan und ein Zentrum gegründet, in dem junge Frauen eine Ausbildung in Schneiderei, Batikarbeiten oder Seifenproduktion absolvieren können. Aber es geht nicht nur um Ausbildung, die Frauen können durch ihre Tätigkeit im Zentrum auch etwas dazu verdienen. Die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe hat der Gruppe Nähmaschinen zur Verfügung gestellt. Mit diesen Maschinen können die Frauen mehr Arbeiten annehmen und die Produktivität der Gruppe steigern. Die Aufträge wickelt die Gruppe gemeinsam ab. Die erfahrenen Frauen schneiden den Stoff zu, die Lehrlinge nähen die gröberen Arbeiten, die Feinarbeit oder auch besondere Stickereien machen wieder die geübteren Schneiderinnen. Durch die gemeinsame Arbeit ist gewährleistet, dass der Erlös auch allen Frauen zugute kommt. Und es ist dafür gesorgt, dass die Gruppe Geld erwirtschaftet, um die notwendigen Materialien kaufen zu können. Im Zentrum wird aber nicht nur zugeschnitten und genäht, die Frauen fertigen auch Batikarbeiten – Tischdecken, Kissenbezüge oder andere Haushaltswäsche – an.

Ohne Unterstützung geht es nicht

Langfristig möchten die Frauen einen Laden an der Straße einrichten – inklusive der dazugehörigen Schneiderpuppen –, in dem sie die wunderschönen

Die Schneiderei bringt ein kleines Zusatzeinkommen
Bild: DAHW / Siegfried Herrmann

Kleider, die sie anfertigen, ausstellen und verkaufen können. Doch sie wissen, dass sie bei allem Engagement und Fleiß auch weiterhin Unterstützung brauchen, um dieses Ziel zu erreichen. Denn noch muss das Geld, dass sie gemeinsam verdienen, vor allem den Unterhalt ihrer Familien sichern. Und oft ist da auch noch die Ausbildung der Kinder, die bezahlt werden muss. Gerade die Eltern der Kinder, die aus armen und benachteiligten Familien kommen, wünschen sich natürlich, dass es ihren Kindern einmal besser geht. Frauen wie Bineta stellen sich den Herausforderungen und ergreifen jede Chance, ihr Leben und das ihrer Familien zu verbessern.

Und die DAHW unterstützt sie dabei!