21. Juni 2006

Millionen Lepra-Opfer brauchen dringend Hilfe

Behindert und ausgestoßen - Werden Leprakranke nicht behandelt, droht ihnen ein schreckliches Schicksal:

Ein Leben mit Verstümmelungen

Werden Leprakranke nicht behandelt, droht ihnen ein schreckliches Schicksal: Die Opfer müssen oft ohne Hände und Füße leben und haben ihr menschliches Antlitz verloren. Andere Krankheitsverläufe sind die Lähmung von Gelenken und die Erblindung.

Der medizinische Hintergrund: Das Lepra-Bakterium befällt die Haut und das Nervensystem. Besonders fatal ist die Gefühllosigkeit der Haut: Die Kranken verletzen oder verbrennen sich leicht, ohne es zu merken. Infektionen entstehen und schließlich die gefürchteten Verstümmelungen.

Noch bis vor wenigen Jahrzehnten waren solche Krankheitsverläufe unausweichlich. Zwar ist noch immer kein wirksamer Impfstoff vorhanden, Lepra ist aber mittlerweile mit Antibiotika gut heilbar. Seit 1981 gibt es Kombinationstherapien, an deren Entwicklung die DAHW maßgeblich beteiligt war. Die Medikamente werden von dem Pharmakonzern Novartis kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Heilung eines Patienten kostet im Schnitt 50 Euro.

Jetzt kommt es darauf an, dass möglichst alle Kranken früh genug behandelt werden. Dann bleiben ihnen schwere Behinderungen und Entstellungen erspart.

Die DAHW stellt behinderten Leprakranken Schuhwerk zur Verfügung. Foto: DAHW / Rolf Bauerdick

Krankheit der Armen

Lepra ist eine Krankheit der Armen. Unterernährung, beengte Wohnverhältnisse und mangelnde Hygiene begünstigen die Ansteckung mit dem Bakterium. Deswegen ist Lepra vor allem in den Elendsvierteln der "Dritteln Welt“ verbreitet. Die meisten Opfer gibt es in Indien: Allein im Jahr 2004 erkrankten dort 265.000 Menschen. Im Mittelalter gab es auch in Deutschland zahlreiche Lepra-Fälle.

Ausgrenzung ganzer Familien

Die Zahl der infolge von Lepra behinderten Menschen wird von Medizinern auf zwei bis vier Millionen geschätzt. Die meisten von ihnen haben wie ihre Angehörigen mit sozialen und wirtschaftlichen Folgen zu kämpfen. Ein behinderter Familienvater in der "Dritten Welt“ kann nicht mehr für seine Frau und seine Kinder sorgen. Der ganzen Familie droht die Verelendung.

Zudem werden Lepra-Opfer und ihre Angehörigen oft aus der Gesellschaft ausgegrenzt, weil die Krankheit in vielen Ländern noch immer gefürchtet wird und mit Tabus behaftet ist. In Indien gilt Lepra gar als Strafe der Götter. Viele Betroffene leben bis heute in isolierten Lepra-Dörfern.

So hilft die DAHW

Die DAHW trägt wesentlich dazu bei, Lepra weltweit einzudämmen. In den von uns unterstützten Projekten werden jährlich fast ein Fünftel aller neuen Leprakranken behandelt. Wir stellen dafür in 40 Ländern Fachwissen, Material und Geld zur Verfügung.

Besonders der Ausbildung des staatlichen Gesundheitspersonals kommt eine große Bedeutung zu. Nur so kann ein flächendeckendes Behandlungsangebot realisiert werden. Außerdem klären wir die Bevölkerung über Lepra auf, damit Kranke nicht ausgegrenzt werden und rechtzeitig zum Arzt gehen.

Ausgestoßene werden von der DAHW sozial unterstützt: Wir leisten für über 60.000 Menschen Hilfe zur Selbsthilfe, so dass sie möglichst aus eigener Kraft ihre Lebensgrundlage erwirtschaften können und wieder einen Platz in der Gesellschaft finden. Kinder erhalten zum Beispiel eine Schul-oder Berufsausbildung. Erwachsene bekommen zinsgünstige Darlehen zum Aufbau von kleinen Handwerks- oder Dienstleistungsbetrieben.

Wichtiger Bestandteil unserer Arbeit ist auch die plastische Chirurgie für entstellte Lepra-Opfer. Durch wiederherstellende Operationen kann Behinderten oft ein menschliches Gesicht und die Bewegungsfähigkeit der Hände und Füße wiedergegeben werden.

Tausende Patienten, die infolge von Lepra verstümmelt sind, erhalten in DAHW-Projekten orthopädisches Schuhwerk und Prothesen. Von uns ausgebildete und bezahlte Handwerker stellen fachgerechte Materialien her.

Kinder können heute vor den Folgen von Lepra gschützt werden. Foto: DAHW/Ursula Meissner

WHO fordert langfristige Lepra-Arbeit

Im Kampf gegen Lepra sind große Erfolge aufzuweisen. In vielen Ländern konnte die Krankheit unter anderem mit Hilfe der DAHW eingedämmt werden. Aber gerade angesichts der zurückgehenden Patienten-Zahlen besteht die Gefahr, dass Gesundheitsbehörden ihre Lepra-Arbeit vernachlässigen. Die Folge wäre, dass die Krankheit sich wieder ausbreitet.

Angesichts einer Inkubationszeit von mehreren Jahren, mitunter sogar von Jahrzehnten, muss ein Bewusstsein für die Gefahren der Krankheit lange bestehen bleiben. Oft ist sogar eine Ausweitung der Gesundheitsdienste nötig, weil vielerorts die Krankheit noch immer epidemische Ausmaße annimmt, zum Beispiel in Teilen Indiens oder Brasiliens.

Deswegen hat auch die Weltgesundheits-Organisation (WHO) einen neuen Standpunkt in der Lepra-Arbeit eingenommen. Lange Zeit glaubte sie, die Krankheit könnte dermaßen eingedämmt werden, dass sie keine relevante Aufgabe mehr für die Gesundheitsdienste in der "Dritten Welt“ darstellt. Jetzt hat die WHO gemeinsam mit der DAHW und anderen Hilfswerken die betroffenen Länder aufgefordert, die Lepra-Arbeit langfristig zu sichern.

Fakten zu Lepra 

Leprakranke im Jahr 2004*

weltweitweltweit
 

Leprabedingt Behinderte

2 bis 4 Mio.

geschätzt

Patienten weltweit: (Quelle:WHO)

407.791

registriert

Neue Fälle

800.000

geschätzt

In DAHW-Projekten

109.297

registriert

Relativer Anteil:

27 %

registriert

Die meisten Leprakranken wurden 2004 in Indien registriert (260.000), gefolgt von Brasilien (49.000). In Afrika wurden 46.000 Patienten gezählt.
*Für das Jahr 2005 liegen der Weltgesundheits-Organisation noch keine Zahlen vor.