11. Februar 2021

Offene Briefe an die Geschäftsführenden von CureVac und BioNTech

Forschung (Symbolbild). Die Forschung nach einem Impfstoff gegen COVID-19 ging schnell. Nun muss sichergestellt werden, dass der faire Zugang zum Impfstoff weltweit ermöglicht wird.

Seit einigen Wochen steht fest: es gibt einen Impfstoff gegen COVID-19. Mit dieser Entwicklung wächst auch der öffentliche und politische Druck auf die Impfstoffhersteller. Mit einem Appell an die CEOs der Impfhersteller CureVac und BioNTech haben sich nun mehrere NGOs zusammengeschlossen und zwei offene Briefe verfasst, um den Zugang zu den Impfstoffen auch den Ländern des globalen Südens zu ermöglichen. Die DAHW hat sich dieser Forderung ebenfalls angeschlossen und den Brief unterzeichnet.


Brief an BioNTech

Offener Brief: Weltweiter Zugang zu Covid-19 Impfstoffen zur effektiven Eindämmung der globalen Pandemie

Sehr geehrte Frau Dr. Türeci, sehr geehrter Herr Prof. Dr. Şahin,

als Nichtregierungsorganisationen, die im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, der globalen Gesundheit und der humanitären Hilfe, aktiv sind, appellieren wir an Sie, den von BioNTech produzierten Covid-19 Impfstoff (COMIRNATY) Menschen weltweit in ausreichend Mengen und zu bezahlbaren Preisen zugänglich zu machen.

Bereits im Dezember 2020 hat Sie eine breite Allianz aus über 100 internationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Einzelpersonen mit einem Brief dazu aufgefordert, die Pläne darzulegen, mit denen BioNTech den Zugang zu COMIRNATY gewährleisten will. Als deutsche zivilgesellschaftliche Allianz schließen wir uns dieser Aufforderung nachdrücklich an und hoffen auf eine Rückmeldung Ihrerseits.

Die Covid-19-Pandemie hat massive negative Auswirkungen auf Gesundheitssysteme weltweit, insbesondere in ärmeren Ländern. Darüber hinaus hat die  Pandemie zu erheblichen ökonomischen Verwerfungen geführt, die Millionen Menschen in die Armut getrieben hat und sogar Sorgen vor langfristigen  Hungersnöten verstärkt.

Um Menschen vor Leid und Tod zu schützen, die Pandemie global wirksam einzudämmen und ihre schädlichen Auswirkungen zu bekämpfen, spielt das Verhalten biomedizinischer Firmen eine wichtige Rolle. Gleichzeitig stellen wir fest, dass die enormen Summen öffentlichen Gelder für Grundlagenforschung, Entwicklung und Produktion, auch von der deutschen Bundesregierung, maßgeblich dazu beigetragen haben, dass Impfstoffe gegen Covid-19 überhaupt so schnell entwickelt werden konnten.

So wurde BioNTech schon in seiner Gründungsphase durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit jeweils 4 Millionen und 13 Millionen Euro gefördert,1 anschließend zudem durch das Sonderprogramm des BMBF zur Entwicklung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 in Höhe von 375 Millionen Euro und durch eine Fremdkapitalfinanzierung der Europäischen Investitionsbank (EIB) von bis zu 100 Millionen Euro umfangreich unterstützt.

Wir sind der Überzeugung, dass diese massive öffentliche Unterstützung auch mit der Verpflichtung einhergeht, Menschen weltweit Zugang zu Covid-19-Impfstoff  zu gewähren.

Wir bitten Sie daher darzulegen, welche konkreten Maßnahmen Sie hinsichtlich der wichtigen Aspekte Transparenz, Bezahlbarkeit, Lizenzierung, Technologietransfer und garantiertem gerechten Zugang ergreifen werden, um dieser Verpflichtung gerecht zu werden. In diesem Zusammenhang begrüßen wir Ihre vielbeachteten Äußerungen in den Medien dazu, dass geistige Eigentumsrechte keine Hürde für die Produktion und Bereitstellung von Covid-19 Impfstoffen sein dürfen.

Kein Unternehmen ist allein in der Lage, effektive und sichere Impfstoffe in ausreichendem Ausmaß zu produzieren. Daher müssen jetzt sämtliche Anstrengungen unternommen werden, um die Produktionskapazitäten massiv hochzufahren, so dass alle Menschen weltweit und so zeitnah wie möglich zu bezahlbaren Preisen mit Covid-19-Impfstoffen versorgt werden können.

Dies setzt voraus, dass pharmazeutische Unternehmen, die Forschung und Entwicklung zu Covid-19-Impfstoffen betreiben, ihre Technologien, ihr Know-How, biologisches Material und geistige Eigentumsrechte schnellstmöglich mit anderen möglichen Impfstoffproduzenten teilen, bevorzugt im Rahmen des WHO Covid-19 Technology Access Pool (C-Tap).

Wir möchten Sie bitten klarzustellen, auch bezugnehmend auf den oben genannten Brief von Dezember 2020, ob Ihr Unternehmen

1. vollumfängliche Transparenz bei klinischen Testdaten, Herstellungskosten, finanziellen Investitionen in die Forschung und Entwicklung des COVID-19-Impfstoffs und den Anteil öffentlicher Gelder daran, gewähren wird.

2. sich verpflichten wird, sein geistiges Eigentum in der Pandemie nicht geltend zu machen, sondern geistiges Eigentum, Technologien und Materialien, einschließlich Patente, Testdaten, entsprechende Geschäftsgeheimnisse, Zelllinien und Designs, durch offene Lizenzierung mit qualifizierten Herstellern zu teilen.

3. einen Teil seines produzierten Gesamtvolumens von Covid-19 Impfstoffen und seiner Produktionskapazitäten für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen bereitstellen wird.

Wir appellieren an Sie, angesichts der fortdauernden globalen Pandemie dafür Sorge zu tragen, dass Menschen auch in ärmeren Ländern den Zugang zu Covid-19-Impfstoffen bekommen. Die oben aufgezeigten Maßnahmen können den Weg hin zu einer fairen und gerechten globalen Verteilung bereiten.

Wir würden uns über ein persönliches Gespräch für weiteren Austausch freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Sylvia Urban (Vorstandsmitglied Aktionsbündnis gegen Aids)
Markus N. Beeko (Generalsekretär Amnesty International Deutschland e. V.)
Christian Katzer (Geschäftsführer Ärzte ohne Grenzen e.V.)
Jörg Schaaber (Geschäftsführer BUKO Pharmakampagne)
Burkard Kömm (Geschäftsführer DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e.V.)
Prof. Dr. Klaus Reder (Vorstand Gemeinschaft Sant’Egidio e.V.)
Dr. Christine Winkelmann (Vorständin German Doctors e.V.)
Lutz Hethey (Geschäftsführer HelpAge Deutschland e.V.)
Carlotta Conrad (Vorstandsmitglied Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs – Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.)
Carsten Montag Vorstand (Kindernothilfe)
Mareike Haase (Lenkungskreis Memento Preis für vernachlässigte Krankheiten)
Manja Dannenber, Niklas Schurig, Dominikus Bönsch (Vorstand MEZIS e.V. Mein Essen zahl' ich selbst, Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte)
Dr. Martin Bröckelmann-Simon (Vorstand Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e. V.)
Michael Kuhnert (Geschäftsführer Missionsärztliches Institut Würzburg)
Stephan Exo-Kreischer (Direktor ONE Deutschland)
Marion Lieser (Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende Oxfam Deutschland)
Christiane Fischer (Vorstand People’s Health Movement)
Christian Griebenow (Geschäftsführer Tierärzte ohne Grenzen e.V.)
Hartmut Bäumer (Vorsitzender Transparency International Deutschland e.V.)
Till Bruckner (Gründer TranspariMED)
Leonard Hess (Vorstandsmitglied Universities Allied for Essential Medicines Europe e.V.)
Dr. Nadja Rakowitz (Geschäftsführerin Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte)
Esther Luhmann (Vorstandsreferentin Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten e.V.)


Brief an CureVac

Offener Brief: Weltweiter Zugang zu Covid-19 Impfstoffen zur effektiven Eindämmung der globalen Pandemie

Sehr geehrter Herr Dr. Haas,

als Nichtregierungsorganisationen, die im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, der globalen Gesundheit und der humanitären Hilfe, aktiv sind, appellieren wir an Sie, den von CureVac produzierten Covid-19 Impfstoff (CVnCov) Menschen weltweit in ausreichend Mengen und zu bezahlbaren Preisen zugänglich zu machen.

Bereits im Dezember 2020 hat Sie eine breite Allianz aus über 100 internationalen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Einzelpersonen mit einem Brief dazu aufgefordert, die Pläne darzulegen, mit denen CureVac den Zugang zu CVnCoV gewährleisten will. Als deutsche zivilgesellschaftliche Allianz schließen wir uns dieser Aufforderung nachdrücklich an und hoffen auf eine Rückmeldung Ihrerseits.

Die Covid-19-Pandemie hat massive negative Auswirkungen auf Gesundheitssysteme weltweit, insbesondere in ärmeren Ländern. Darüber hinaus hat die Pandemie zu erheblichen ökonomischen Verwerfungen geführt, die Millionen Menschen in die Armut getrieben hat und sogar Sorgen vor langfristigen Hungersnöten verstärkt.

Um Menschen vor Leid und Tod zu schützen, die Pandemie global wirksam einzudämmen und ihre schädlichen Auswirkungen zu bekämpfen, spielt das Verhalten biomedizinischer Firmen eine wichtige Rolle. Gleichzeitig stellen wir fest, dass die enormen Summen öffentlichen Gelder für Grundlagenforschung, Entwicklung und Produktion, auch von der deutschen Bundesregierung, maßgeblich dazu beigetragen haben, dass Impfstoffe gegen Covid-19 überhaupt so schnell entwickelt werden konnten.

Die CureVac AG selbst hat im Frühjahr 2020 beim Bund um ein Investment in die Firma angefragt. Neben der daraufhin erfolgten Beteiligung durch das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) über 300 Millionen Euro, flossen zudem durch das Sonderprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Entwicklung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 Förderungen in Höhe von 252 Millionen Euro, und eine Unterstützung durch CEPI von bis zu 8,3 Millionen US-Dollar, zusätzlich zu einer früheren Förderung von CEPI von 34 Millionen US-Dollar.

Wir sind der Überzeugung, dass diese massive öffentliche Unterstützung auch mit der Verpflichtung einhergeht, Menschen weltweit Zugang zu Covid-19-Impfstoff zu gewähren.

Wir bitten Sie daher darzulegen, welche konkreten Maßnahmen Sie hinsichtlich der wichtigen Aspekte Transparenz, Bezahlbarkeit, Lizenzierung,  Technologietransfer und garantiertem gerechten Zugang ergreifen werden, um dieser Verpflichtung gerecht zu werden. In diesem Zusammenhang begrüßen wir Ihre vielbeachteten Äußerungen in den Medien dazu, dass geistige Eigentumsrechte keine Hürde für die Produktion und Bereitstellung von Covid-19 Impfstoffen sein dürfen.

Kein Unternehmen ist allein in der Lage, effektive und sichere Impfstoffe in ausreichendem Ausmaß zu produzieren. Daher müssen jetzt sämtliche Anstrengungen unternommen werden, um die Produktionskapazitäten massiv hochzufahren, so dass alle Menschen weltweit und so zeitnah wie möglich zu bezahlbaren Preisen mit Covid-19-Impfstoffen versorgt werden können.

Dies setzt voraus, dass pharmazeutische Unternehmen die Forschung und Entwicklung zu Covid-19-Impfstoffen betreiben, ihre Technologien, ihr Know-How, biologisches Material und geistige Eigentumsrechte schnellstmöglich mit anderen möglichen Impfstoffproduzenten teilen, bevorzugt im Rahmen des WHO Covid-19 Technology Access Pool (C-Tap).

Wir möchten Sie bitten klarzustellen, auch bezugnehmend auf den oben genannten Brief von Dezember 2020, ob Ihr Unternehmen

1. vollumfängliche Transparenz bei klinischen Testdaten, Herstellungskosten, finanziellen Investitionen in die Forschung und Entwicklung des COVID-19-Impfstoffs und den Anteil öffentlicher Gelder daran, gewähren wird.

2. sich verpflichten wird, sein geistiges Eigentum in der Pandemie nicht geltend zu machen, sondern geistiges Eigentum, Technologien und Materialien, einschließlich Patente, Testdaten, entsprechende Geschäftsgeheimnisse, Zelllinien und Designs, durch offene Lizenzierung mit qualifizierten Herstellern zu teilen.

3. einen Teil seines produzierten Gesamtvolumens von Covid-19 Impfstoffen und seiner Produktionskapazitäten für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen bereitstellen wird.

Wir appellieren an Sie, angesichts der fortdauernden globalen Pandemie dafür Sorge zu tragen, dass Menschen auch in ärmeren Ländern den Zugang zu Covid-19-Impfstoffen bekommen. Die oben aufgezeigten Maßnahmen können den Weg hin zu einer fairen und gerechten globalen Verteilung bereiten.

Wir würden uns über ein persönliches Gespräch für weiteren Austausch freuen.

Mit freundlichen Grüßen

Sylvia Urban (Vorstandsmitglied Aktionsbündnis gegen Aids)
Markus N. Beeko (Generalsekretär Amnesty International Deutschland e. V.)
Christian Katzer (Geschäftsführer Ärzte ohne Grenzen e.V.)
Jörg Schaaber (Geschäftsführer BUKO Pharmakampagne)
Burkard Kömm (Geschäftsführer DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e.V.)
Prof. Dr. Klaus Reder (Vorstand Gemeinschaft Sant’Egidio e.V.)
Dr. Christine Winkelmann (Vorständin German Doctors e.V.)
Lutz Hethey (Geschäftsführer HelpAge Deutschland e.V.)
Carlotta Conrad (Vorstandsmitglied Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs – Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.)
Carsten Montag Vorstand (Kindernothilfe)
Mareike Haase (Lenkungskreis Memento Preis für vernachlässigte Krankheiten)
Manja Dannenber, Niklas Schurig, Dominikus Bönsch (Vorstand MEZIS e.V. Mein Essen zahl' ich selbst, Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte)
Dr. Martin Bröckelmann-Simon (Vorstand Bischöfliches Hilfswerk MISEREOR e. V.)
Michael Kuhnert (Geschäftsführer Missionsärztliches Institut Würzburg)
Stephan Exo-Kreischer (Direktor ONE Deutschland)
Marion Lieser (Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende Oxfam Deutschland)
Christiane Fischer (Vorstand People’s Health Movement)
Christian Griebenow (Geschäftsführer Tierärzte ohne Grenzen e.V.)
Hartmut Bäumer (Vorsitzender Transparency International Deutschland e.V.)
Till Bruckner (Gründer TranspariMED)
Leonard Hess (Vorstandsmitglied Universities Allied for Essential Medicines Europe e.V.)
Dr. Nadja Rakowitz (Geschäftsführerin Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte)
Esther Luhmann (Vorstandsreferentin Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten e.V.)