16. Juli 2013

"Ohne die DAHW hätte ich es nicht geschafft!"

Maria aus Kolumbien hatte Lepra fast für ihr ganzes Leben lang

Maria Eloisa sitzt in ihrem kleinen Geschäft in Bogotá an der Nähmaschine. Trotz ihrer deformierten Hände zieht sie das Betttuch flink unter der Nadel hindurch. Die Kundin wartet auf einem Stuhl und plaudert mit ihr. Marias Hände sind stumme Zeugnisse einer frühen Lepraerkrankung. Die Besucherin kennt ihre Geschichte. Sie kommt gerne hierher, bringt ihr Sachen zum Nähen, Ausbessern und Flicken, denn die mittlerweile 75-Jährige Maria arbeitet gut und zuverlässig.

Maria erzählt von ihrer Kindheit auf dem Land in Fosca, rund zwei Busstunden von Bogotá entfernt. Im Alter von neun Jahren verändert sich ihr Leben. Zum ersten Mal spürt sie die Taubheit an Händen und Füßen, kann sie jedoch nicht zuordnen. Noch nicht. Erst als die weißen Flecken auf ihrem Körper erscheinen, redet sie mit den Eltern darüber. Sie schämt sich. Der Vater bringt sie schließlich zu einem Arzt, dann zu einem anderen. Die Odyssee geht weiter, doch die Mediziner können keine Erkrankung feststellen.

Unermüdlich ist die 75-Jährige für andere da. Foto: Kopp / DAHW


Panische Angst vor Lepra

Mit 29 Jahren erfährt Maria erstmals von ihrer Lepraerkrankung. Auslöser ist ein Artikel in der Lokalzeitung. Sie erschrickt, denn die Symptome kennt sie. Sie weiß nun, dass sie Lepra hat. Wirre Gedanken kommen und gehen, denn sie hat von den Kolonien gehört, in denen früher die Kranken lebten. Stigma, Verstümmelung, Tod, all das geht ihr im Kopf herum, immer und immer wieder. Und sie hat Angst. Panische Angst, dass sie ab jetzt nicht mehr dazugehören wird, zur Familie, zu den Freundinnen. Ihr Vater bemerkt ihre seelische Not zuerst und bringt sie zu einem Hautspezialisten in die Hauptstadt Bogotá. Maria weiß bereits, dass der Doktor ihre Vorahnung bestätigen wird. In der Tat, es ist Lepra. Dann das Drama: noch bevor die Medikamentenbehandlung beginnt, muss ihr ein Fuß amputiert werden.

Neue Hoffnung durch die DAHW

Da erfährt sie, dass die DAHW im Land ein Projektbüro hat. Voller Hoffnung wendet sie sich an die Mitarbeiter und schöpft neuen Mut. Die physiotherapeutische Behandlung lindert ihr Leiden und verändert schließlich ihr Leben. „Doch niemand konnte mir meinen Fuß zurück geben“, sagt die dunkelhaarige Frau heute. Sie will ihr Schicksal angehen, nicht hadern, wie so viele andere.

Die Prothese passt. Das bringt mehr Bewegungsfreiheit. Foto: Kopp / DAHW

Von der DAHW mit einer Prothese ausgestattet wagt sie die ersten Schritte in ein neues Leben. Und es funktioniert. „Ich war so dankbar über die neue Bewegungsfreiheit“, berichtet sie heute. Zweimal bekam sie schon neue Prothesen. Mit Hilfe der DAHW-Therapeuten lernte sie erneut zu laufen.

„Maria wird geachtet und geschätzt, denn sie weiß mittlerweile alles über die Krankheit und wie sie behandelt wird. Sie ist ein Vorbild für die anderen Kranken“, betont DAHW-Repräsentant Alberto Rivera. Welche Freude war es für Maria, als sie im Jahr 2001 eine ehrenamtliche Position in der Vereinigung behinderter Menschen in Bogotá bekam. Seitdem steht sie rund 100 Patienten mit Rat und Tat zur Verfügung: „Ich wollte nicht, dass andere unter den gleichen Behinderungen leiden wie ich es mein Leben lang tat. Neben der Betreuung von Patienten schien mir von Beginn an die Aufklärung am wichtigsten, damit die Behandlung frühzeitig erfolgen kann.“

Mut machen, Hoffnung schenken - Maria ist Vorbild für viele Patienten. Foto: Kopp / DAHW


Mit einem Kleinkredit in die Selbständigkeit

Während die Nähmaschine rattert, erzählt sie, dass sie zusammen mit drei weiteren Patientinnen einen Kleinkredit von der DAHW erhielt. „Endlich konnten wir unseren Traum verwirklichen und ein eigenes Geschäft gründen. Dadurch wurde ich unabhängig – was für ein großartiges Gefühl.“ Marias Augen schimmern feucht, als sie sich an die Anfänge erinnert. „Die ganze Nachbarschaft lässt hier nähen“, ergänzt die Kundin. „Bettwäsche, Kopfkissen und Tischdecken. Maria und ihre Kolleginnen sind die Besten!“ Zusätzlich berät die 75-Jährige ihre Klienten beim Kauf von Zubehör und empfiehlt die Produkte ihrer Partnerinnen.

Im eigenen Nähladen: Maria und ihre Partnerin sind stolz auf das Erreichte. Foto: Kopp / DAHW

Die Arbeit ist getan und für Maria ist es an der Zeit, nach Hause zu gehen. Dort wartet ihre Tochter auf sie. „Es war nicht einfach, sie in die Schule zu schicken. Ich hatte wenig Geld doch ich wollte, dass sie einen guten Beruf erlernt.“ Heute unterstützt die Tochter die Mutter finanziell. Maria setzt den Topf auf den Herd und beginnt mit den Vorbereitungen fürs Abendessen. „Während meine Tochter zum Unterhalt beiträgt, mache ich die Hausarbeit. Und das kann ich noch recht gut“, lacht Maria.

Sie weiß, dass sie es ohne die DAHW in Kolumbien nicht geschafft hätte. „Ich bin dankbar dafür, dass es Euch gibt“, sagt sie zu Alberto Rivera. „Und ein großes Dankeschön an all die Menschen, die Kranken wie mir helfen.“ Dann wendet sie sich lächelnd dem Herd zu und kocht das Abendessen.