Frau Dr. Kasang, die DAHW kümmert sich als Hilfswerk in erster Linie um die von Lepra betroffenen Menschen. Welches Ziel hat die Investition in Forschung?
Heutzutage hat Investition in Lepra-Forschung das primäre Ziel, die Übertragung von Lepra zu unterbrechen. Hierzu benötigen wir viele verschiedene Akteure. Zum einen müssen wir es schaffen, frühzeitig Lepra zu diagnostizieren. Dafür benötigen wir einen feldtauglichen Test. Zum anderen müssen wir Lepra nachhaltig behandeln und brauchen dafür effektive Medikamente. Und drittens wollen wir Kontaktpersonen von Leprapatienten davor schützen, selbst Lepra zu bekommen. Unser langfristiges Ziel ist ein Impfstoff gegen Lepra. Die Forschung hat in der Vergangenheit zur Entwicklung der Kombinationstherapie MDT und damit zur effektiven Behandlung von Lepra geführt. Hieran war die DAHW maßgeblich beteiligt.
Woraus besteht der Medikamentenmix zur Heilung von Lepra?
Lepra wird durch einen Mix aus drei Antibiotika (Multi-Drug-Therapy - MDT), vollständig heilbar. Mit Beginn der Therapie kann ein Patient die Krankheit nicht mehr weiter übertragen. Patienten können jedoch während der Therapie bakterienbedingte Nervenschäden entwickeln, die zu Lähmungen und Gefühllosigkeit an Händen und Füßen führen. Hinzu kommt, dass viele Betroffene erst sehr spät diagnostiziert werden und dadurch bereits leprabedingte Behinderungen haben. Leider bleiben diese oft weiterhin sichtbar. Sie können jedoch teilweise durch Physiotherapie gelindert werden.
Forschungsaktivitäten gingen in den vergangenen Jahrzehnten stark zurück. Ist das richtig?
Durch die Einführung der MDT ging die Anzahl der Lepra-Fälle zunächst extrem zurück. Es entstand die weit verbreitete Meinung, dass damit das Problem Lepra gelöst sei. Aus diesem Irrglauben heraus sind die Aktivitäten der Forschung extrem zurückgegangen. Seit über zehn Jahren gibt es ca. 250.000 neue Infektionen jährlich weltweit. Eine Reduzierung ist nicht in Sicht. Deshalb ist es umso wichtiger, die Übertragung der Lepra nachhaltig und langfristig zu durchbrechen.