Mehr als 20 Mio. Menschen sind in Pakistan derzeit auf der Flucht vor der Flut, die meisten konnten nur mitnehmen, was sie am Leib tragen. Im süd-östlichen Bundesstaat Sindh, am Unterlauf des Flusses Indus, fliehen die Menschen jetzt vor der nächsten Flutwelle in Richtung Karachi – eine Stadt, die mit mehr als 17 Mio. Einwohnern ohnehin schon überfüllt ist.
(Würzburg, 17. August 2010). 900 Flüchtlinge haben die Partner der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe bereits in einem Regierungsgebäude untergebracht, weitere 100 – überwiegend Frauen, deren Männer derzeit vermisst werden – in einer Lagerhalle. Hier werden sie medizinisch versorgt und bekommen zu essen. Die Zahl der Flüchtlinge wächst schnell, berichtet Shakil Ahmad, Geschäftsführer des DAHW-Partners Marie Adelaide Leprosy Center (MALC).
Nach einer Krisensitzung hat das MALC-Team um die deutsche Ärztin Dr. Ruth Pfau jetzt begonnen, Zelte an die Straßen nach Karachi zu bringen. Dort ziehen die zahllosen Flüchtlinge entlang, weil sie nicht schon wieder von der nächsten, bereits angekündigten Flutwelle des Indus überrascht werden wollen. Derzeit stehen bereits mehr als 160.000 Quadratkilometer unter Wasser, eine Fläche fast halb so groß wie Deutschland.
Dr. Pfau: „Brauchen Lebensmittel, Zelte, Medikamente und Ärztinnen.“
Viele Flüchtlinge sind derzeit Frauen und Kinder. Die Männer haben ihre Frauen und Kinder in die Rettungsboote gesetzt und selbst noch versucht, ihr Saatgut oder ihre Nutztiere zu retten, um nicht völlig die Lebensgrundlage zu verlieren.
Lange, manchmal tagelange Märsche ohne Essen haben Frauen und Kinder stark geschwächt. Rund um Karachi quartiert man sie in leerstehende Gebäude ein und appelliert an Hilfsorganisationen und Philanthropen, bei der Versorgung zu helfen. Es gibt zu wenig medizinisches Personal, um die Frauen und Kinder zu untersuchen, vor allem fehlen Ärztinnen und Krankenschwestern. MALC hat ein Team aus zwei Ärzten und einer Ärztin mit drei Helfern verpflichtet.
Die Zeltlager sind für mindestens 300 Flüchtlinge ausgelegt, manche für bis zu 1.000. Die Kosten, um 100 Personen mit warmem Essen, Trinkwasser und Medikamenten zu versorgen, belaufen sich pro Tag auf umgerechnet rund 140 Euro.
Ein weiteres großes Problem, so Shakil Ahmad, seien Landminen, die mit den Fluten aus dem Grenzgebiet im Norden angeschwemmt werden. Sie sind aus Plastik und sehen aus wie Spielzeug. Bei Explosionen gab es bereits Verletzte.
Mit Unterstützung der DAHW sind zur Zeit mehr als 800 Gesundheitshelfer von MALC im Einsatz für die Flüchtlinge. Auch im Norden leistet eine DAHW-Partnerin Hilfe: Die Ärztin Dr. Christine Schmotzer organisiert mit einem Team den Wiederaufbau im Kaghantal, wo es große Zerstörungen gibt.
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Programmausschnitt des Bayerischen Rundfunks -Studio Mainfranken. Interview mit Dr. Rufh Pfau in Pakistan zur aktuellen Lage (den Link finden Sie unter Dateien) |