Ihren hellen Pashmina-Schal zieht sie tiefer ins Gesicht. Schon wieder eine Militärkontrolle. Sie hofft inständig, dass sie nicht mit Polizeischutz weiterfahren muss. Denn das möchte sie ihren Patienten nicht antun. Eine bewaffnete Begleitung ist das Letzte, was sie auf ihren Fahrten in den Norden von Pakistan braucht. Denn die Menschen hier vertrauen der Ärztin aus Deutschland, der Polizei eben weniger. Das gehört zu ihrem Alltag.
Abbottabad, Nordpakistan. Dr. Chris Schmotzer ist auf dem Weg ins Kaghantal, einer Gegend, in der es häufig Erdbeben und Überschwemmungen gibt. Monatlich besucht sie für ein paar Tage ihre Patienten in dem kleinen Ort Balakot. Dort wird sie bereits erwartet. Frauen, Kinder, Männer. Es geht um Lepra- und Tuberkuloseuntersuchungen, aber auch um Familienplanung. Und die Frauen, besonders die, vertrauen ihr, denn die Gynäkologin kennt sich mit Geburtenkontrolle aus. Und nach dem sechsten oder siebten Kind reicht es auch mal. Ihre Arbeit wird seit vielen Jahren von der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e. V. unterstützt. Das in Würzburg ansässige Hilfswerk hat sich auch in der Nothilfe für die Erdbeben- und Flutopfer engagiert.
Die gebürtige Hersbruckerin plant ihren Tagesablauf, während sie durch die Scheiben des Wagens auf die Straßen des Ortes blickt, in dem einst der meistgesuchteste Terrorist der Welt getötet wurde. In einer Nacht- und Nebelaktion. Hohe Mauern, burgähnliche Häuser und viel Stacheldraht. Das ist hier Alltag. Die Lage ist noch sehr fragil. Ausländische Besucher werden überwacht, Hotelübernachtungen sind nicht möglich. Das alles betrifft die deutsche Ärztin nicht, denn sie hat einen Vertrauensvorschuss, den sie sich in fast 30 Jahren Tätigkeit in Pakistan erarbeitet hat.