Robert Koch

Entdecker des Tuberkulose-Erregers

Er war der Begründer der modernen Bakteriologie, der klinischen Infektiologie und auch der Tropenmedizin: Robert Koch hat Krankheiten wie Tuberkulose, Malaria, Pest und Cholera erforscht. Viele seiner Methoden sind heute noch aktuell. Der Sputum-Test zum Nachweis einer Tuberkulose-Erkrankung ist nach wie vor das Standard-Diagnoseverfahren – auch in den Hilfsprojekten der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren Bakterien zwar schon längst bekannt, jedoch waren diese nach der damals vorherrschenden Meinung lediglich eine Begleiterscheinung der jeweiligen Krankheit. Mit seinem Göttinger Lehrer Jakob Henle wies Robert Koch nach, dass Bakterien Auslöser der Krankheiten waren (Henle-Koch-Postulate). Dies führte zum Umdenken beim Erforschen von Krankheiten sowie zu neuen Ansätzen bei deren Bekämpfung.

Tuberkulin zur TB-Diagnostik

So entwickelte Robert Koch das Tuberkulin, ein Extrakt aus Stoffwechselprodukten der Tuberkulose-Bakterien, die er am 24. März 1882 erstmals wissenschaftlich beschrieben hatte. Ursprünglich als Heilmittel oder Impfstoff vorgesehen, wollte Robert Koch den Verkauf des Tuberkulins zu seinen Gunsten kommerzialisieren. Jedoch war das Mittel für diese Zwecke wirkungslos – stattdessen wird Tuberkulin seit 1907 – neben dem mikroskopischen Sputum-Test – zur Diagnose der TB eingesetzt.

Mehr Investitionen in die TB-Forschung

In der praktischen Arbeit in den Einsatzländern der DAHW gibt es jedoch einige Probleme mit der über 100 Jahre alten Diagnostik: Nur bei rund 50 Prozent aller Erkrankungen kann der Erreger der TB, das Mycobacterium tuberculosis, damit nachgewiesen werden. Ein weiteres Problem ist die immer weiter steigende Zahl von multiresistenten TB-Erregern. Mit dem veralteten Verfahren lassen sich Antibiotika-Resistenzen nicht erkennen, sodass Patient*innen oft die falschen Medikamente bekommen.

Die DAHW fordert daher seit Jahrzehnten die Regierungen der wohlhabenden Industrienationen im Globalen Norden auf, die Forschung nach sicheren, schnellen und kostengünstigeren Diagnoseverfahren gezielt zu unterstützen. Denn obwohl jedes Jahr rund 10 Millionen Menschen neu an TB erkranken und etwa 1,5 Millionen Menschen infolge einer TB-Erkrankung sterben, bietet sie für Pharmakonzerne keinen interessanten Markt. Denn TB ist eine „Krankheit der Armen“.

Noch bevor Robert Koch 1882 den Erreger der Tuberkulose entdecken sollte, schrieb er 1879 diesen ausführlichen Brief an Dr. Armauer Hansen, den Entdecker des Lepra-Bakteriums. Der Brief liegt der DAHW als Originaldokument vor. Darin gibt Robert Koch Tipps zu Dr. Hansens Forschungstätigkeiten und bittet seinerseits um Untersuchungsmaterial. Der Erreger der Lepra und der Erreger der Tuberkulose sind beides Mykobakterien.

Brief von Robert Koch an Armauer Hansen (Transkription)

Wollstein der 20. Juli 1879

Hochgeehrter Herr Kollege,

Ihre Mitteilung über den Befund von Bazillen bei Lepra erregt selbstverständlich bei mir ein lebhaftes Interesse und das umso mehr, als mir Prof. Klebs im vorigen Herbst sagte, dass er ebenfalls Bakterien in leprösen Geweben gefunden habe, seine Angaben aber so unbestimmt ließ, dass sie mir, offen gestanden, nicht überzeugend waren.

Ich teile vollständig Ihre Meinung, dass es ungemein wichtig sein würde, eine so außerordentlich chronische Krankheit wie Lepra auf die Tätigkeit Niederer Organismen zurückzuführen und ich bin deswegen sehr gerne bereit, Ihnen hierzu, soweit mein Rat Ihnen nützlich sein kann, behilflich zu sein.

Bis jetzt habe ich noch immer gefunden, dass gerade Bazillen die Anilinfärbung, wie ich sie von Prof Weigert gelernt und in meiner Schrift p. so beschrieben habe, ausgezeichnet annehmen. Andererseits sind mir in letzter Zeit aber auch wieder Bakterien vorgekommen, die sich mit Anilin nach der gewöhnlichen Methode nicht färben ließen und die noch besondere Kunstgriffe erforderten um sichtbar zu werden. Ich vermag deswegen von vornherein nicht zu sagen, ob die von Ihnen gesehenen Bakterien für Anilin-Kern-färbung geeignet sind oder nicht. Wenn aber selbst das Protoplasma der Zellen von Methylviolett zu Ihren Präparaten gefärbt erschien, so kann das folgende Gründe haben: Entweder haben sie die Objekte in Chromsäure oder Müller’scher Lösung und nicht in Alkohol gehärtet, oder Sie haben die Schnitte zu lange Zeit in der Farbstofflösung liegen lassen und zu kurze Zeit mit dem mit Essigsäure angesäuerten Wasser behandelt und danach zu schnell aus dem Alkohol genommen.  Sollten sie nach diesen Andeutungen noch nicht den Fehler bemerken, dann bitte ich mir genau das von Ihnen befolgte Verfahren zu schildern, damit ich sehen kann, wo Sie von der erprobten Methode abgewichen sind.

Die Anfertigung haltbarer Präparate allein scheint mir nicht hinreichend zu sein, um eine Entdeckung auf mikroskopischen Gebiete schnell bekannt zu machen und andere von der Richtigkeit der Beobachtung zu überzeugen. Man kann doch nur eine beschränkte Anzahl von Präparaten anfertigen und verwenden und schließlich ereignet es sich noch, wie es mir mehrfach ergangen ist, dass der Andere das, was man ihm zeigen will, mit einem unzulänglichen Instrument, bei fehlerhafter Beleuchtung und Einstellung untersucht, ganz andere Dinge sieht oder zu sehen glaubt und sich für berechtigt hält, die ganze Sache für falsch anzunehmen. Dies hat mich veranlasst, meine Bemühungen, ein Verfahren (aufzufinden) zur photographischen Abbildung pathogener Bakterien, wieder aufzunehmen und dass ich darin Erfolg gehabt habe, mögen Sie aus beifolgenden Photogramm entnehmen, die natürlich keine künstlerische Vollendung beanspruchen, aber  zur Illustration dessen , was ich gesehen habe, und namentlich zum wissenschaftlichen Beweis vollständig genügen. Durch Lichtdruck sind diese Bilder leicht zu vervielfältigen und in Jedermanns Hand zu bringen.

No 1. zeigt Capillaren aus der Dünndarmzotte eines an Impfmilzbrand gestorbenen Kaninchens. Isolierte Färbung. 700x

No 2. Schnitt aus der Niere eines an Pocken gestorbenen Menschen. Ein etwas gewundener Gefäß mit beginnender Microvierenansammlung; links ein weißer und mehrere rote Blutkörperchen. 700x

No 3. Schnitt aus er selben Niere. Dichter Microvierenhaufen in einem Gefäßlumen, Blutkörperchen sind vollständig verdrängt. 700x

No 4. Microvierenkolonie in der Milz. Ebenfalls von Pocken. 700x

No 5. Aus einer Typhusmilz bei schwacher (100x) Vergr., die Bakterien sind in ihrem Falle nicht so geformt wie die von Pocken, sondern sind viel größer und länglich.
Besonders wird sie interessieren, dass auch Schnitte aus der Haut recht instruktive Bilder geben.  

No 6. Ist ein Schnitt aus einem Stückchen Haut, dass ich einem Erysipelkranken (also dem lebenden) vom Rande des Erysipel extrahierte und sofort in absoluten Alkohol legte. Die Haut ist im Alkohol etwas geschrumpft, daher die höckerige Oberfläche. Man sieht nur einige stark hervortretende und mit [nicht zu entziffern] gefüllte Lymphgefäße, sonst keine Veränderung. Die Vergrößerung ist nur 100fach.

Das eine der beiden Lymphgefäße auf No 6. ist in No 7. stark (700x) vergrößert. Man sieht dunkelgefärbte Kernmassen an der linken Wand des Gefäßes, rechts bleibt ein schmaler, fast Kernloser Raum, in dem sich ziemlich viel Microvieren zu finden. Das Bild gibt natürlich nur eine Ebene und in dieser nicht allzuviel Microvieren aber kein Heben und Senken des Tubus zeigen sich alle Theile der Gefäße in gleicher Weise mit Mircovieren durchsetzt.

Die Microvieren dringen aber auch in die Lymph-oder Spalträume des Bindegewebes und bereiten sich derart aus, wie auf No 8. zu sehen ist, das aus demselben Schnitt stammt.

Ich rate Ihnen dringend, Ihre Beobachtungen und Funde womöglich auch durch photographische Ablichtungen zu belegen.  

Auf  eins möchte ich mir Ihre Aufmerksamkeit noch zu lenken erlauben, wenn es Ihnen nicht schon selbst aufgefallen ist. Ich meine nämlich, dass man in der Erklärung der Bakterienfunde nicht vorsichtig genug sein kann. Mir sind in letzter Zeit vielfach und gerade beim Menschen Bakterien vorgekommen, die unzweifelhaft eine sekundäre Rolle spielen. So halte ich beispielsweise die auf den Photogrammen wiedergegebenen Poken-Mikrokokken für eine sekundäre Erscheinung, die mit dem Pockenprozess an und für sich nichts zu tun hat. Bei Abdominaltyphus habe ich zwei verschiedene Bakterienarten gefunden, die ganz ebenso wie bei den Wundinfektionskrankheiten von, ihrer schwere der Oberfläche beraubten, Körperstellen, also hier von den Darmgeschwüren aus in die Blutbahn eindringen. Bazillen kommen in ähnlicher Weise schmarotzend auf Milzbrandcarbunkel Vor und zwar auf der äußeren Haut ein Bazillus mittlerer Größe (wenn der Bazillus Anthracis als ein sehr großer angenommen wird) auf einem Darmcarbunkel habe ich dagegen einen ganz anderen sehr dünnen Bazillus angetroffen. Ferner habe ich Bazillen in Hornhautgeschwüren pockenkranker Schafe und gehäuft in der Umgebung der Schleimhautpocken dieser Tiere gesehen. Könnten nicht auch in leprösen Geweben die von Epidermus entblößt sind, solche Einwanderungen von schmarotzenden Bakterien vorkommen? Ganz anders würde allerdings die Sache liegen wenn schon in ganz frisch erkrankten von unversehrter Haut bedeckten Teilen Bazillen gefunden würden und auch ihre Einwanderung von benachbarten offenen Geschwüren ausgeschlossen bliebe.

Sehr lieb wäre es mir, wenn Sie mir einiges Material zur Untersuchung überlassen möchten. Selbstverständlich würde ich Ihren Publikationen nicht vorgreifen.

Mit der größten Hochachtung

ergebenst

Dr. Koch.

Transkribiert von R. Brodziak

Brief von Robert Koch an Armauer Hansen (Scan des Originals)


Lebenslauf von Robert Koch

Tuberkulose

Obwohl die bakterielle Infektionskrankheit vermeidbar und behandelbar ist, versursacht sie nach wie vor großes Leid und fordert unzählige Menschenleben.