22. März 2023

Wissenschaft und Optimismus: Die DAHW vereint beides, um in Uganda gegen Tuberkulose vorzugehen

Unterwegs für die DAHW: Zum Beispiel in Siedlungen für Geflüchtete in Uganda. Dort werden Tuberkulose-Screenings durchgeführt. (Foto: Sabine Ludwig)

Screenings, Untersuchungen, Bereitstellung von Gesundheitsversorgung – das sind nur einige der Leistungen, die von der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe in Uganda unterstützt werden. Aber auch in die Forschung investiert die DAHW, um eine nachhaltige Transformation der Gesundheitsversorgung vor Ort zu ermöglichen. Pünktlich zum Welt-Tuberkulose-Tag 2023 hat ein junges Team jetzt eine Studie abgeschlossen, deren Ergebnisse maßgeblich zu einer effektiveren TB-Früherkennung beitragen könnten.

Würzburg, Kampala, 24.3.2023: Lisa Gerwing-Adima ist Optimistin, das ist jedem ihrer Sätze anzuhören. „Ja, Uganda gehört zu den Ländern mit der weltweit höchsten Tuberkulose-Belastung“, sagt sie am Telefon, „aber es gibt hier ein sehr starkes Kontrollprogramm unter einer hervorragenden Führung.“ Und mit Blick auf das Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO, Tuberkulose bis zum Jahr 2030 zu eliminieren, betont sie: „Wir sind hier schon ein großes Stück auf unserem Weg vorangekommen und können davon ausgehen, dass wir bis 2030 einen Beitrag geleistet haben, um die Tuberkulose-Situation in Uganda zu verbessern.“

Grenzgänger:innen erschweren die Nachverfolgung von Tuberkulose-Fällen

Gerwing-Adima arbeitet in Uganda für die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe als Beraterin für technische und humanitäre Hilfe. Sie ist vor allem in der West-Nile-Gegend tätig, einer Region im Nordwesten des Landes, die an den Südsudan und die Demokratische Republik Kongo angrenzt. „Hier gibt es in Bezug auf die Tuberkulose noch einmal ganz eigene Herausforderungen“, erklärt Gerwing-Adima, „denn die Grenzen sind offen. Gerade bei Menschen, die beispielsweise aus dem Südsudan geflüchtet sind und sich hier gesundheitlich untersuchen lassen, kommt es oft vor, dass sie zwischenzeitlich wieder zurückgehen – und wir sie dann mit unserer Tuberkulose-Diagnose gar nicht mehr erreichen.“ Aber auch diese Problematik tut Gerwing-Adimas Optimismus keinen Abbruch: „Es gibt eine intensive Zusammenarbeit mit den Gesundheitseinrichtungen auf der anderen Seite der Grenze und wir haben wirklich sehr engagierte Mitarbeiter:innen, die bis in bestimmte Bereiche der Nachbarländer gehen, um den Menschen ihre Diagnose zukommen zu lassen.“ Und für die Menschen in den Siedlungen für Geflüchtete in Uganda bietet ein aktuelles Projekt die Möglichkeit, sich mit mobilen Röntgengeräten vor Ort untersuchen zu lassen.

Gerwing-Adima hebt das Engagement der Menschen vor Ort und die gute Zusammenarbeit im Team immer wieder hervor: „Wir haben alle dasselbe Anliegen, nämlich, den Betroffenen zu helfen“, sagt sie. „Und deshalb können wir als DAHW hier nur unsere Arbeit machen, weil wir hervorragende Partner haben und sehr engagierte Mitarbeiter:innen.“ So verweist sie auf zwei junge Wissenschaftler aus ihrem Team. Die beiden haben soeben eine von der DAHW unterstützte Studie abgeschlossen, die einen großen Beitrag zum künftigen Umgang mit Tuberkulose-Verdachtsfällen leisten könnte.

Studie belegt Verzögerungen bei der Diagnose von TB-Infektionen

„Je länger es dauert, eine TB-Diagnose zu stellen und mit der Behandlung zu beginnen, desto schlechter ist die Heilungsprognose. Außerdem führen solche Verzögerungen dazu, dass sich die Krankheit immer weiter ausbreitet und die Kosten immens steigen“, erklärt Andrew Nsawotebba, der die Studie federführend durchgeführt hat. Gemeinsam mit seinem Kollegen Dennis Mujuni und ihrem Team hat er nicht nur Patient:innen befragt, die in der Hauptstadt Kampala und der näheren Umgebung eine Tuberkulose-Diagnose erhalten haben, sondern auch deren Pfleger:innen und Gesundheitsmitarbeiter:innen. „Uns hat interessiert, ob und warum es bei TB-Patient:innen in Kampala zu Verzögerungen in der Diagnostik und in der Behandlungsinitiation kommt“, sagt Mujuni.

Die Wissenschaftler konnten eine Kombination aus sozialen, ökonomischen und gesundheitspolitischen Faktoren ausmachen, die wohl zu Verzögerungen in der Diagnostik führen. So gab es beispielsweise Unterschiede zwischen den Betroffenen, die zunächst eine private Gesundheitseinrichtung aufsuchten, und denen, die sich gleich für eine öffentliche Einrichtung entschieden. Denn: Die privaten Einrichtungen sind oft nicht ausreichend ausgestattet, um eine Tuberkulose-Infektion diagnostizieren zu können. Also müssen die Patient:innen erst einmal an eine öffentliche Einrichtung weitervermittelt werden. Auch, dass der Besuch einer Gesundheitseinrichtung mit hohen Kosten verbunden ist und die Mitarbeiter:innen dort oft einer hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt sind, hatten offenbar Verzögerungen zur Folge.

„In unserem Bericht haben wir verschiedene Möglichkeiten dargelegt, wie all diese Lücken geschlossen werden könnten“, sagt Nsawotebba. Das Forschungsteam schlägt unter anderem vor, die privaten Einrichtungen staatlich zu fördern, potenzielle Patient:innen bei Diagnose- und Behandlungskosten zu entlasten und den Gesundheitsteams, die vor Ort in den Dörfern arbeiten, mehr Unterstützung
zukommen zu lassen. Mujuni zufolge hat das Gesundheitsministerium bereits positiv auf diese und weitere Vorschläge reagiert.

Dass daraus ein Momentum entsteht, hofft auch Lisa Gerwing-Adima – denn die zweijährige Studie wurde nicht nur von der DAHW unterstützt, sondern auch vom ugandischen TB-Kontrollprogramm. „Wir sind alle sehr gespannt, was daraus wird“, sagt sie. „Können wir vielleicht davon ausgehend Veränderungen durchführen, sodass Patient:innen ihre TB-Diagnose künftig früher erhalten?“ Eine abschließende Antwort hat Gerwing-Adima auf diese Frage noch nicht erhalten. Ihr Optimismus aber setzt sich auch hier durch: „Wir haben hier in Uganda hervorragende Partner – von den Distriktverwaltungen in der West-Nile-Region bis hin zum nationalen Tuberkulose-Kontrollprogramm. Da hat uns noch keiner enttäuscht.“


Drei Fragen an die Tuberkulose-Expertin Lisa Gerwing-Adima, Beraterin für technische und humanitäre Hilfe der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe in Uganda

Welchen Herausforderungen steht die DAHW in der Tuberkulose-Bekämpfung in der ugandischen West-Nile-Region gegenüber?
West-Nile gehört zu den Regionen Ugandas, die am stärksten von Armut betroffen sind. Zudem sorgt die geographische Lage mit den Grenzen zum Südsudan und zur Demokratischen Republik Kongo dafür, dass es dort viele grenzüberschreitende Bewegungen gibt – auch von Menschen, die mit Tuberkulose infiziert sind. Das sind Faktoren, die die Ausbreitung der Krankheit begünstigen und ihre Eindämmung erschweren.

Was tut die DAHW vor Ort, um diesen Herausforderungen zu begegnen?
Wir gehen dorthin, wo die Menschen sind: In die Siedlungen der Geflüchteten und sogar über die Grenze. In den Siedlungen haben wir die Möglichkeit, mit mobilen Röntgengeräten unkompliziert Untersuchungen durchzuführen. Denn in West-Nile gibt es nur wenige Gesundheitseinrichtungen und noch weniger Röntgengeräte. Unsere mobilen Geräte sind sehr gut zu transportieren und verfügen über eine Künstliche Intelligenz, die eine Diagnose erheblich erleichtert. Außerdem bemühen wir uns um eine effektive Nachverfolgung von TB-Patient:innen aus dem Kongo und dem Südsudan. Dazu arbeiten wir mit Gesundheitseinrichtungen dies- und jenseits der Grenzen zusammen, um unseren Patient:innen erst ihre Diagnose und dann die nötige Therapie zukommen zu lassen.

Welchen Beitrag leistet die DAHW in Uganda zur Tuberkulose-Forschung?
Wir haben kürzlich erst eine Studie unterstützt, die sich mit der Frage beschäftigt hat, warum mit Tuberkulose infizierte Menschen gerade in der Region um die Hauptstadt Kampala oft erst spät eine TB-Diagnose erhalten. Die Erkenntnisse aus dieser Studie weisen beispielsweise darauf hin, dass es strukturelle Probleme im Überweisungssystem zwischen privaten und öffentlichen Gesundheitseinrichtungen geben könnte – da bestünde also eine konkrete Möglichkeit, die Versorgung relativ einfach effektiver zu gestalten. Unsere Partner in Uganda leisten hervorragende Arbeit und wir können davon ausgehen, dass wir bis 2030 erheblich dazu beitragen konnten, die Tuberkulose-Situation in Uganda zu verbessern.


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