18. März 2013

Tuberkulose – der heimliche Feind

Unser DAHW-Team in Indien berichtet von der heimtückischen Seuche und ihren Opfern

Kottayam, eine Stadt im Südwesten Indiens. Hier leben Jayan und Shylaja mit ihren beiden Kindern Vrundha und Ambady. Ihr Stadtteil Vellore ist überbevölkert, viele Familien wohnen hier auf engstem Raum. Wie sie gehören die meisten zur unteren Arbeiterklasse. Vater Jayan ist der Ernährer der Familie; er arbeitet als Tagelöhner. Der Lohn, den er am Abend mit nach Hause bringt, muss reichen. Von der Hand in den Mund, lautet das Prinzip, an das sich hier so viele Familien halten müssen. Doch eines Tages konnte Jayan nicht mehr zur Arbeit gehen. Er war schwach, konnte nicht mehr aufstehen, Husten und Fieber quälten seinen Körper. „Wir waren in großer Sorge“, sagt Ehefrau Shylaja. Es war nicht so sehr die Angst um sich selbst, als vielmehr die Angst um die beiden Kinder.


Helfen Sie!

Mit nur 50 Euro kann ein Tuberkulose-Patient geheilt werden


Der schreckliche Befund: Tuberkulose

Shylajas dunkle Augen leuchten, als sie von der spontanen Hilfe durch das Team der DAHW berichtet: „Es brachte Jayan in die Krankenstation des Viertels zur Untersuchung.“ Der Test zeigte, Jayan hatte Tuberkulose. „Schon zu Beginn der Behandlung klärten wir Familie und Nachbarn über die Methode und Dauer auf. Auch sprachen wir über die Auswirkungen auf das Familienleben, falls die Krankheit länger andauern wird. Und wir informierten sie darüber, warum es notwendig ist, öfter zu testen“, sagt J. Ravichandran, DAHW-Repräsentant in Indien. „Auch befreundete Familien und Nachbarn haben sich nach unserem Aufruf testen lassen.“ Denn was die Situation so dramatisch macht, sind mutierende Bakterien bei ungenügender Behandlung. Jeder Mensch, der seine Tuberkulose-Erkrankung nicht ausheilt, ist Teil einer tragischen Verkettung. Der TB-Erreger überlebt in seinem Körper, kennt fortan seinen Gegner, das Antibiotikum, und passt sich an. Das Medikament hat keine Wirkung mehr. Eine neue Form der Erkrankung entsteht, die multiresistente Tuberkulose, kurz MDR-TB. Jayan war sich dessen bewusst und ließ sich regelmäßig behandeln.

„Wir besuchten die Familie oft, gaben ihr Zuspruch und Halt“, sagt Japamala Bhavan, DAHW-Mitarbeiter vor Ort. „Dabei entdeckten wir auffällige Symptome bei den Kindern, denn sie husteten stark.“ Die beiden Kleinen wurden untersucht , auch sie hatten sich mit Tuberkulose angesteckt.

Tapferer als manche Erwachsene

Mutter Shylaja war verzweifelt: „Erst mein Mann und jetzt die Kinder“, stammelte sie. Dabei rollten ihr Tränen über das Gesicht. „Wir kümmerten uns um die Verzweifelte und trösteten sie. Wir versicherten ihr, dass ihren Kindern mit einer effektiven Behandlung geholfen werden kann.“ Das beruhigte schließlich die junge Frau.

Die Kinder versicherten Shylaja inständig, die Tabletten regelmäßig zu schlucken. Die Sorge der Mutter hatte sie den Ernst der Lage erkennen lassen. „Die Mutter wischte sich die Tränen ab und lächelte glücklich über den Mut, den ihr die Kinder zeigten“, sagt Bhavan. „In der Tat, die beiden waren tapferer und ausdauernder als manche Erwachsene“, lobt der Mitarbeiter.

Schließlich kam der große Tag für die Familie: Vater Jayan wurde negativ auf TB getestet. Er war wieder gesund. Die Behandlung hatte angeschlagen. Nachbarn und Freunde freuten sich mit der Familie. Auch bei den Kindern war nach Ende der Behandlungsphase die TB geheilt. „Gemeinsam haben wir es überstanden“, freut sich Mutter Shylaja. „Die vier besuchen uns noch ab und zu“, ergänzt Japamala Bhavan, „und bedanken sich dafür, dass sie mit unserer Hilfe ihre Krankheit überstanden haben, und dafür, dass es ihnen heute wieder gut geht.“

Sherly hat MDR-TB: Ihr langer Leidensweg

Ortswechsel. Kukatpally, Hyderabad im Bundesstaat Andhra Pradesh. Fast 900 Kilometer von Kottayam entfernt. Auch hier ist das Team der DAHW im Einsatz, regelmäßig und unermüdlich. Hier haben sie die 13-jährige Waise Sherly entdeckt. Herr Nuthan vom ansässigen Waisenhaus, in dem Sherly nun lebt, erzählt: „Wir erfuhren, dass Vater und Mutter gestorben sind. Die Mutter hatte kurz vor ihrem Tod Blut gespuckt, und wir vermuteten eine TB-Erkrankung.“

Dem Mädchen ging es schlecht. Der Verlust der Eltern, ihr schwacher Körper und die täglichen Hustenanfälle. Im Sivananda-Behandlungszentrum wurden schließlich Bakterien einer multiresistenten TB nachgewiesen. „Die Kleine war in größter Gefahr“, betont Nuthan. Die DAHW-Mitarbeiter veranlassten umgehend die Behandlung des Mädchens. „Nach 12 Tagen hatte sie sich schon merklich erholt“, sagt J. Ravichandran. „Und ihr Appetit hat auch zugenommen.“ Seine Mitarbeiter erklärten der 13-Jährigen, wie lebenswichtig ihre Behandlung sei. „Sie hat schnell erkannt, dass sie andere anstecken kann und sich dementsprechend verhalten. Bei jedem Hustenanfall bedeckt sie Mund und Nase, um andere zu schützen.“ Man merkt Heimleiter Nuthan an, dass er stolz auf seinen Zögling ist. „Es ist nicht einfach für sie, zumal sie die MDR-TB-Behandlung 24 Monate strikt durchhalten muss.“

Sherly zeigt schüchtern auf die Hautstelle, in die die Spritze mit dem lebenswichtigen Antibiotikum eindringt. „Ich habe jedesmal Angst vor der Nadel. Der Stich tut mir sehr weh.“ Nun wird versucht, die Schmerzen beim Stechen durch Medikamente zu verringern. Sherly lächelt tapfer. Und die DAHW-Mitarbeiter macht es glücklich zu sehen, wie sich Sherly durch ihre Hilfe zu einem gesunden Teenager entwickeln kann.


Mehr zum Thema

Indien und Tuberkulose
Wie Armut die Ansteckung begünstigt

Tuberkulose: Das Sterben geht weiter
Pressemeldung zum Welt-Tuberkulose-Tag

Der Welt-Tuberkulose-Tag
Zahlen, Daten, Fakten zu Krankheit und Gedenktag

DAHW und Tuberkulose
Informationen und Hintergründe