05. November 2021

Aufklären, Bewusstsein schaffen, Expertise teilen

Dr. Chris Schmotzer untersucht eine Röntgenaufnahme eines Tuberkulosepatienten.
Dr. Chris Schmotzer untersucht eine Röntgenaufnahme eines Tuberkulosepatienten. Foto: Sabine Ludwig / DAHW

Lepra- und Tuberkulose-Expertin Dr. Chris Schmotzer zu Besuch in Deutschland

Die Zusammenarbeit zwischen Dr. Christine Schmotzer, Leiterin des „Rawalpindi Leprosy Hospital“ in Karatschi/Pakistan, und der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe mit Sitz in Würzburg/Deutschland währt nun schon über 30 Jahre. Und obwohl die beiden Städte gute 7.000 Kilometer voneinander entfernt liegen, verbindet „Dr. Chris“ und die DAHW ein enges Band: Gemeinsam zieht man seit Jahrzehnten an einem Strang, um Krankheiten der Armut zu bekämpfen und die Vision einer leprafreien Welt zu verwirklichen. Dr. Schmotzers fachliche Expertise ist unermesslich wertvoll für die Arbeit der Kolleg:innen in der DAHW-Zentrale. Aber vor allem sind es ihre charismatische Persönlichkeit, ihre bewegenden Geschichten und die tiefen Einblicke in ein muslimisch geprägtes Land, die bei allen Menschen, denen Dr. Schmotzer begegnet, einen bleibenden Eindruck hinterlässt. So auch im Rahmen ihres Besuches in Würzburg vom 18. bis zum 21. Oktober 2021.

Nach der inzwischen schon traditionellen Teilnahme an einem Gottesdienst in der Matthäus-Gemeinde in Münster, die seit vielen Jahren die Arbeit von Dr. Chris umfangreich unterstützen, wurde der Aufenthalt der gebürtigen Hersbruckerin in Würzburg mit einer Einladung im Hause Hisch eingeläutet: Freund:innen, Spender:innen und Mitarbeitende der DAHW nutzten die Gelegenheit, sich in lockerer Runde über die Lage in Pakistan und die aktuellen Herausforderungen in der Arbeit vor Ort zu informieren. Ernst Hisch war fast drei Jahrzehnte als Entwicklungshelfer und Inklusionsexperte für die DAHW tätig, seine Frau Maria ist heute noch als Bildungsreferentin für das Hilfswerk im Einsatz. Mit ihr zusammen besuchte Dr. Schmotzer verschiedene Schulen im Umland um Kindern und Jugendlichen aus erster Hand von dem Leben und Arbeiten in Pakistan zu berichten.

Unterrichtsstoff aus erster Hand

Dabei gelang es Dr. Schmotzer in jeder Unterrichtsstunde, die sie besuchte, einen Bezug zum jeweiligen Unterrichtsfach herzustellen. Im Fach Geschichte beispielsweise erzählte Dr. Schmotzer unter anderem auch über Pakistans Entstehung – nach dem Ende der britischen Kolonialregierung von „Britisch-Indien“ wurde das Land nach Religionen geteilt: Bangladesh und Pakistan (islamisch) und Indien (hinduistisch). In Geographie konnten die Schüler:innen auf mitgebrachten Fotos das facettenreiche Land Pakistan bewundern. Aber auch die verheerende Situation im Nachbarland Afghanistan wurde beleuchtet: Dr. Chris erklärte die Hintergründe der letzten Ereignisse in dem bitterarmen, von Kriegen und Hungersnöten gebeutelten Land.

In Religion standen die Minderheit der Christen im Mittelpunkt und die Frage, warum gerade sie oft zu den ärmsten Menschen in Pakistan zählen. Schüler:innen und Lehrkräfte zeigten sich sehr interessiert an Dr. Schmotzers lebendigen Erzählungen und brachten sich mit Fragen ein. Warum „Dr. Chris“ das alles machen würde, lautete eine der Fragen, wo sie doch hier ein bequemes Leben führen und mehr Geld verdienen könne. „Aus meinem Glauben heraus, aus Nächstenliebe. Anderen Menschen helfen – das war schon in jungen Jahren meine Motivation“, antwortete die Ärztin und Ordensschwester.

Begehrte Referentin für medizinische Fachthemen

In einem Vortrag in der DAHW-Zentrale brachte Dr. Schmotzer Kolleg:innen und Unterstützer:innen auf den neuesten Stand und ging vor allem auch auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Arbeit im Rawalpindi Hospital ein. Da eine COVID-19-Erkrankung für TB-Patient:innen mit hoher Wahrscheinlichkeit den Tod zufolge hat, müssen Dr. Chris und ihr Team besondere Vorsicht walten lassen. Von Vorteil sei es gewesen, dass man durch den Umgang mit Tuberkulose-Patient:innen gewohnt sei, höchste Hygiene- und Schutzmaßnahmen einzuhalten. „Aber was, wenn jemand kommt und Fieber und Husten hat? Hat er eine Erkältung? Hat er Tuberkulose? Hat er COVID-19? Schnelltests für Corona hatten wir nicht“, so die TB-Expertin.

Auch bei einem anderen Vortrag von Dr. Chris, den dieDAHW gemeinsam mit dem DZVT Deutsches Zentrum für die sektorübergreifende Bekämpfung vernachlässigter Tropenkrankheiten, dem Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Universität Würzburg, dem Missionsärztlichen Institut, dem Klinikum Würzburg Mitte und dem Else-Kröner-Center Würzburg Mwanza organisierte, stand Tuberkulose im Fokus. Unter dem Titel „Ein Blick in den Abgrund der MDR- und XDR-TB“ informierte sie medizinisches Fachpersonal und Wissenschaftler:innen im Hörsaal des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg über die besonders schwierige Behandlung von pakistanischen Patient:innen mit resistenten Formen der Tuberkulose.

Informativ und aufrüttelnd: eine Botschafterin

Mit welcher Beharrlichkeit Dr. Chris Schmotzer auf Leid und Schmerz der Ärmsten der Armen aufmerksam macht, wie sie politische Zusammenhänge und potenzielle Lösungen aufzeigt, für ein tolerantes und solidarisches Miteinander wirbt und immer wieder geduldig die gleichen Fragen beantwortet, ist beeindruckend und inspirierend. Aber auch die Leichtigkeit, mit der sich diese Frau zwischen zwei Welten bewegt, die unterschiedlicher nicht sein könnten, bewegt. Wäre Dr. Christine Schmmotzer nicht bereits mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden: Jemand müsste sie für diese Ehrung vorschlagen.

Über Dr. Chris Schmotzer:

Dr. Christine Schmotzer, 1955 im mittelfränkischen Hersbruck geboren, trat 1976 den Christusträger-Schwestern bei und schloss 1981 ihr Medizinstudium in Heidelberg ab. Als gynäkologische Fachärztin absolvierte sie 1988 in Addis Ababa in Äthiopien eine Fortbildung in Lepra-Kontrolle und wiederherstellender Chirurgie für Lepra-Patient:innen. Damit war die Grundlage gegeben, noch im selben Jahr als Ärztin in Rawalpindi in Pakistan für die Organisation „Aid to Leprosy Patients“ (ALP) tätig zu werden. 1993 übernahm sie die Leitung des DAHW-unterstützten Lepra-Krankenhauses in Rawalpindi (RLH), 1995 wurde sie die Medizinische Direktorin von ALP. Seit 1999 ist Dr. Schmotzer Ansprechpartnerin für die Lepra in Pakistan bei der Weltgesundheitsorganisation WHO und Mitglied der nationalen und provinziellen Gremien für Lepra- und TB-Kontrolle sowie der Augenversorgung in Pakistan. Unter ihrer Ägide wurde das RLH zum staatlich anerkannten Behandlungszentrum für TB und 2011 als eines der ersten Krankenhäuser in Pakistan als „Behandlungszentrum für MDR-TB“ zertifiziert. 2020 erhielt Dr. Schmotzer das Bundesverdienstkreuz.


Gesundheitstalk - Tuberkulose- und Lepra-Erkrankung

Dr. Christine Schmotzer im Studiogespräch bei TV-Mainfranken


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