06. April 2020

Covid-19, Krankheit der Armen?

TB-Patient*innen sind vorbelastet und deswegen besonders gefährdet an COVID-19 zu erkranken. Hinzukommt, dass es oft an Zugängen zu sauberem Wasser und Hygieneartikel fehlt. Foto: Mario Schmitt/DAHW

In den DAHW-Einsatzländern haben die meisten Menschen weder gesundheitliche, finanzielle oder materielle Reserven, um mit einer Corona-Infektion fertig zu werden.

Auf den ersten Blick haben die DAHW-Mandatskrankheiten nicht viel mit COVID-19, verursacht durch den SARS-CoV2-Virus, zu tun: Tuberkulose, Lepra und einige andere vernachlässigte Tropenkrankheiten, die wir bekämpfen, sind bakterielle Infektionskrankheiten, die mit Antibiotika behandelbar sind.

Die Corona-Pandemie hat in der Industrienation China ihren Ursprung. Sie hält Europa und die USA in Atem. In Schwellen- bzw. Entwicklungsländern wie Brasilien und Indien galt Corona zuerst als eine Krankheit der Reichen. Wohlhabende Reisende hatten den Virus ins Land gebracht. Nun sind viele Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas betroffen, mit womöglich verheerenden Folgen.

Während in Deutschland ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen oder gesundheitlich Beeinträchtigte zur „Risikogruppe“ zählen, sind es in den Projektländern der DAHW die Menschen, die in ärmlichen Verhältnissen auf kleinem Raum leben, mit schlechtem Zugang zu sauberem Wasser und ausreichender Ernährung. Also ein Großteil der Bevölkerung und alle Geflüchteten in den teils riesigen Lagern. Diese Menschen haben keine Reserven – weder gesundheitlich, finanziell noch materiell, um mit COVID-19-Erkrankung fertig zu werden.

Unter diesen Umständen lässt sich eine Ausbreitung des Virus nur verlangsamen, jedoch kaum verhindern: Einfachste Präventivmaßnahmen wie gründliches Händewaschen sind aufgrund von Wassermangel und fehlender Seife nicht durchführbar. Auch einen Mindestabstand wird man in der extremen Enge der ärmlichen Behausungen, Slums und Flüchtlingscamps nicht einhalten können.

Die Menschen sind direkt vom täglichen Broterwerb abhängig. Ein Arbeiten von zu Hause, Kurzarbeitergeld, eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall: Fehlanzeige. Können sie nicht arbeiten, verdienen sie kein Geld. Den Transport zum oft weit entfernten Krankenhaus, eine Behandlung und Medikamente können sie sich meist nicht leisten.

Große Herausforderungen für Gesundheitssysteme

„Wer sieht, vor welche Herausforderung die Corona-Pandemie hiesige gut aufgestellte Gesundheitssysteme stellt, der braucht nicht viel Fantasie, um sich die Situation in Ländern mit schwächeren Infrastrukturen vorzustellen,“ sagt DAHW-Geschäftsführer Burkard Kömm. Es gibt keine Kapazitäten, keine Schutzausrüstung für das Personal, keine Tests, keine intensivmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten.

DAHW-Ärztin Dr. Chris Schmotzer aus Pakistan meldet: „Ich muss sehr viel organisieren und besprechen, damit Mitarbeitende und unsere Patient*innen nicht gefährdet und die Infektionskontroll-Vorschriften der Regierung umgesetzt werden.“ Besondere Schwierigkeiten bereite die Kontrolle der Angehörigen. „Sie sehen meist gar nicht ein, warum sie Abstand zu den Betroffenen halten oder eine Gesichtsmaske tragen sollen. Es wird immer komplizierter medizinische Verbrauchs- und Schutzmaterialien zu bekommen. Die Preise sind explodiert und es ist schwierig, diese in einer guten Qualität zu erhalten“, fährt sie fort.

„Uganda hat strenge Maßnahmen ergriffen und die Grenzen geschlossen. Es gelten strikte Ausgangssperren“, berichtet unsere Kollegin von vor Ort. Die konkreten Auswirkungen verdeutlicht auch die Situation einer DAHW-Mitarbeiterin. Sie erwartet ihr erstes Kind. Ab 19 Uhr darf sie nicht mehr das Haus verlassen um ins Krankenhaus zu fahren. Die Hebamme darf in der Nacht nicht zu ihr kommen.

Eines der Einsatzgebiete der DAHW in Uganda sind die großen Geflüchteten- Lager an der Grenze zum Kongo, wo seit 2018 Ebola wütet und bereits tausende Leben gefordert hat. Und nun Corona ... „Es herrscht tiefste Verunsicherung und viel Panik“, so unsere Kollegin. Aber von den zeitgerechten Maßnahmen der Regierung ist sie beeindruckt. „Ob es Schlimmes verhindern kann, das wird sich nun zeigen“.


Helfen Sie, zu helfen!

Auch wenn wir in Sorge um unser eigenes Wohl sind, dürfen wir die Menschen in anderen Ländern nicht vergessen.


Wie arbeitet die DAHW?

In unserem Jahresbericht lesen Sie, wie die DAHW mit ganzheitlichen Ansätzen die Gesundheitssituation von Menschen nachhaltig verbessert.


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