13. September 2010

Das Vertrauen unserer Geber ist uns Verpflichtung

Bericht der Geschäftsführung

Die Gesundheit von Menschen aus den ärmsten Bevölkerungsgruppen in Afrika, Asien und Lateinamerika stand 2009 im Zentrum der Arbeit der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe. Schnelle und richtige Diagnose, qualitätsgeprüfte Medikamente und ihre korrekte Einnahme sind unentbehrliche Voraussetzungen dafür, die Infektionskrankheiten Lepra, Tuberkulose, Buruli Ulcer sowie andere vergessene Krankheiten erfolgreich zu heilen. Besonderes Gewicht kam dabei der Aus- und Fortbildung von medizinischem Personal zu.

Ziel aller Hilfe ist es, die Patienten dabei zu unterstützen, ihre lange und oft mit starken Nebenwirkungen einhergehende Behandlung erfolgreich abzuschließen und sie danach erfolgreich in die Gemeinschaft einzugliedern. Die DAHW versteht sich als Bindeglied zwischen dem jeweiligen staatlichen Gesundheitssystem oder nichtstaatlichen Akteuren und dem einzelnen Patienten.

Das große Vertrauen, das Geber in unsere Arbeit haben, ist uns Auftrag und Verpflichtung.

Programm- und Projektarbeit
Die DAHW hat 2009 insgesamt 287 (2008: 285) Projekte in 32 (2008: 33) Ländern gefördert. Davon 118 Projekte in Afrika, 113 in Asien und 39 in Lateinamerika. Hinzu kommen elf überregionale Forschungsprojekte, die die DAHW mitfinanziert, und internationale Fortbildungsmaßnahmen zur weiteren Qualifizierung des einheimischen Personals.

Mit etwa der Hälfte der Mittel hat die DAHW kirchliche und nicht-staatliche Initiativen, Ausbildungszentren und Patientenvereinigungen unterstützt. Mit den anderen 50 Prozent wurden nationale Programme zur Bekämpfung von Lepra, Tuberkulose und Buruli Ulcer gefördert. Afrika erhielt die meisten Finanzmittel, ein Trend, der sich 2010 verstärken wird.

Ein wachsendes Problem in der Bekämpfung der Lepra und Tuberkulose ist die seit Jahren fehlende Forschung zu offenen Fragen im Verständnis beider Erkrankungen und zu neuen Medikamenten für die Behandlung.

Konsolidierung
Um das Ziel der Haushaltskonsolidierung zu erreichen, haben alle Abteilungen ihre Budgets auf Einsparmöglichkeiten geprüft. Die größten Einsparungen betrafen den Etat für die medizinisch-soziale Arbeit. Für die Entscheidung, wo gekürzt wird, hat die DAHW einvernehmlich mit ihren Länderbüros und den Verantwortlichen vor Ort Kriterien festgelegt. Die ökonomische Situation des Landes, die Qualität des Projekts und des Partners, die kosteneffiziente Nutzung der DAHW-Mittel zur Diagnose und Behandlung neuer Lepra- und Tuberkulose-Fälle, die Prüfung der Konsequenzen des Rückzugs bzw. der Verringerung der DAHW-Unterstützung und die Verbindung zu einer Spendergruppe in Deutschland waren die Prüfsteine. Unter Berücksichtigung dieser Punkte wurde entschieden, die DAHW-Unterstützung in Argentinien, Ecuador, Kenia, Syrien, China, und Kambodscha zu beenden. Dieser Beschluss ist nicht leicht gefallen; es ist aber sichergestellt, dass insbesondere die Leprakontrolle durch staatliche Dienste oder andere Nichtregierungsorganisationen weitergeführt wird. Auch in Thailand wurde das Länderbüro wie allerdings seit längerem geplant zum Jahresende geschlossen, weil die Zahl der neuen Leprafälle dort drastisch zurückgegangen ist und die bleibenden Aufgaben durch das staatliche Gesundheitssystem wahrgenommen werden.
Aus Kostengründen gibt es in Khartoum und Islamabad keine Länderbüros mehr. In Pakistan wird die Koordination von Dr. Christine Schmotzer (ALP-  Aid to Leprosy Patients) für den Norden des Landes und für den Süden von Dr. Ruth Pfau (MALC) übernommen. Der Nordsudan wird seit 2010 von Uganda aus betreut.

Qualitätssicherung
Um die Projektarbeit weiter zu verbessern, haben DAHW-Mitarbeiter Konzepte zur Infektionskontrolle in der Tuberkulose und zur Reaktionsbehandlung in der Lepra erstellt. Letzteres fand Aufnahme in die weltweit gültigen WHO-Richtlinien.

Dass die DAHW weltweit hohes fachliches Ansehen genießt, zeigt sich auch in der Berufung ihres medizinischen Beraters in Uganda, Dr. Joseph Kawuma, zum Vorsitzenden der "Technical Advisory Group" der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die ärztliche Leiterin unseres Projektpartners Aid to Leprosy Patients (ALP) in Pakistan, Dr. Christine Schmotzer, wurde ebenfalls in dieses Beratungsgremium berufen, in dem unabhängige Experten aus verschiedenen Ländern zusammenarbeiten.

Qualität kann nur erreicht und gesteigert werden, wenn eine Organisation aus ihren eigenen Aktivitäten und Ergebnissen sowie von denen anderer lernt. Im vergangenen Jahr entwickelte eine Arbeitsgruppe der Abteilung Medizinisch-Soziale Projekte einen Rahmen für die Qualitätssicherung auf der Basis des Modells der European Foundation for Quality Management (EFQM). Vereinfacht gesagt geht es um die Voraussetzungen, die beachtet werden müssen, um diegeplanten Ergebnisse, wie den besseren Zugang zu gesundheitlichen Dienstleistungen für die Patienten oder eine bessere Qualität der medizinischen Dienstleistungen, zu erreichen und zu beschreiben. Entscheidende Querschnittskriterien sind dabei Kostenbewusstsein, die Qualität der Dienstleistung und des Projektpartners und die Partizipation aller Beteiligten.

Im Rahmen dieser Maßnahmen wurde der fachliche Austausch zwischen unseren Partnerländern gestärkt. So hat der Sozialberater aus Tansania die CBR-Arbeit (community based rehabilitation  in Nigeria begutachtet und Empfehlungen gegeben und sein Kollege aus Äthiopien hat wertvolle Ratschläge zur strategischen Entwicklung hin zur gemeinwesennahen Rehabilitation für das Sozialprogramm in Sierra Leone gegeben.

 

Ruth Pfau zu Besuch in Münster
(Foto: Maik Meid)


Wirkungsbeobachtung
Die DAHW ist gemeinsam mit 14 deutschen Nichtregierungsorganisationen und ihren Partnern im Süden beteiligt an der Initiative NGO-IDEAs, in deren Rahmen Instrumente zur partizipativen Wirkungsbeobachtung entwickelt werden. Ziel ist es, benachteiligte Bevölkerungsgruppen und Selbsthilfegruppen zu befähigen, die Wirkung von Projekten auf den Gebieten Bildung, Gesundheit, Sparen und Kredit, Behinderung und Inklusion sowie Menschenrechte zu beobachten und zu bewerten.

Jahresergebnis
Mit Spenden, Bußgeldern, Erbschaften und Vermächtnissen in Höhe von 11,8 Millionen Euro hat die DAHW das Jahr 2009 etwas niedriger (-4,65%) abgeschlossen als 2008. Allerdings stieg die Anzahl der Spendenbelege um über vier Prozent im Vergleich zu 2008: Das heißt, wir haben mehr einzelne Spenden erhalten, die aber in der Summe etwas geringer ausgefallen sind.

Insgesamt gibt es ein leichtes Plus bei den aktiven Spendern. Auch die gezielten Fundraisingaktivitäten haben ein Plus erbracht. Nachlässe sind im Blick auf fünf Jahre in der Summe rückläufig.

Besonders erfolgreich waren die langfristig geplanten Öffentlichkeits- und Fundraisingmaßnahmen rund um den 80. Geburtstag von Dr. Ruth Pfau: Die Ärztin hat über Jahrzehnte ein flächendeckendes Netz der Lepra- und TB-Kontrolle in Pakistan aufgebaut. Der runde Geburtstag war für viele Menschen Anlass, wieder oder auch mehr zu spenden.

Nachdem es über zehn Jahre betrachtet einen rückläufigen Trend bei den Einnahmen – direkte Fundraisingmaßnahmen, Stiftungsausschüttungen an die DAHW, Förderungen durch andere Hilfswerke, Landeskuratorien, Bußgelder und Erbschaften – gab, hat die DAHW 2009 zum zweiten Mal in Folge den Sachmittel-Etat für die Öffentlichkeitsarbeit leicht erhöht. Zugleich wurden Mittel umgeschichtet: Statt für klassische Werbung (Plakate) wurden sie für Maßnahmen zur Neuspendergewinnung eingesetzt.

Die Spenden anderer Nichtregierungsorganisationen wie des Aussätzigenhilfswerks Österreich sind stabil geblieben, was auch auf eine aktive Kommunikation mit diesen Gebern zurückzuführen ist. Die stark rückläufige Entwicklung im Bußgeldbereich der letzten Jahre konnte aufgefangen werden.

Zu den Spendeneinnahmen kamen Zuschüsse des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und der Europäischen Union sowie Direktzuschüsse von befreundeten Organisationen in Höhe von insgesamt 920.000 Euro, so dass sich Spenden und Zuschüsse auf insgesamt 12,7 Millionen Euro belaufen haben.

Insgesamt konnte aufgrund höherer Einnahmen und durch zusätzliche Einsparungen bereits 2009 ein fast ausgeglichener Haushalt erreicht werden.


Ehrenamt
Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren auch 2009 eine starke Säule der DAHW. In Aktionsgruppen, Kirchengemeinden, mit der Kolpingsfamilie, in der Katholischen Frauengemeinschaft (kfd), mit Stadt, Gemeinde oder allein wiesen sie besonders auf die Situation von Menschen hin, die an Lepra oder Tuberkulose leiden. Sie stellten auch die Schwierigkeiten dar, die die Erkrankungen mit sich bringen und den Erfolg der Behandlung für die Gesundheit und die Wiedereingliederung in die Gesellschaft.

„Die Gezeichneten – gestern und heute“ heißt ein Theaterstück, das eine Gruppe Jugendlicher aus Aurich/Ostfriesland entwickelt und im vergangenen Jahr zehnmal an verschiedenen Orten aufgeführt hat. Mehr als 3.000 Besucher haben das Stück über Lepra im Mittelalter und HIV/Aids heute gesehen, u. a. beim Evangelischen Kirchentag in Bremen und im Jugendtheater ATZE in Berlin.

Besonders zum Welt-Lepra-Tag, zum Welt-Tuberkulose-Tag und während der Oster- und Weihnachtszeit fanden viele Aktionen statt. Über 1.600 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer wirkten bei 80 Basaren mit, rund 25.000 Besucher kamen. Waffelback-, Bratapfel- oder Weihnachtsbaumsammelaktionen, Maultaschenessen, Benefizkonzerte, Adventskerzen- oder Primelverkauf, Stände bei Pfarr- und Straßenfesten oder auf der Kirmes, Flohmärkte, Radtouren („Pedale“), Sponsorenwanderungen, Kollekten bei Lepragottesdiensten und Sammelaktionen: Mit Ideenreichtum und großem Einsatz haben Ehrenamtliche auf die Situation von Lepra- und Tuberkulosekranken aufmerksam gemacht und den Erlös für die Arbeit der DAHW gespendet.

Bei Vortragsreisen berichteten Dr. Ruth Pfau und Hannelore Vieth aus ihrer Arbeit in Pakistan bzw. Brasilien. Dr. Tobias Vogt von Ärzte für die Dritte Welt stellte die Behandlung von TB-Patienten in einem indischen Krankenhaus vor, das die DAHW unterstützt.

Anlässlich der Heiligsprechung des Schutzpatrons der Leprakranken, Pater Damian, durch Papst Benedikt XVI. im Oktober 2009, fanden in Würzburg ein Gedächtnismarsch und ein Pontifikalgottesdienst statt.

Kofinanzierung
Das hohe fachliche Ansehen insbesondere auf den Gebieten Lepra, Tuberkulose, Buruli Ulcer und der Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen in ihrem Wohnumfeld (community based rehabilitation – CBR) macht die DAHW auch zu einem gefragten Partner für Ko-Finanzierung. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 47 Projekte durch Zuschüsse von Institutionen und Partnern gefördert: u. a. zwei durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), 13 durch andere Lepra-Organisationen (ILEP), zwei durch den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM), zwei durch TBCAP (Nigeria, Äthiopien) und ein Projekt durch Family Health International. Das Volumen der Mittel, die der DAHW und den Länderbüros direkt bewilligt wurden, belief sich auf insgesamt 1,9 Millionen Euro. Ein Drittel der darin enthaltenen Gelder kommt von anderen Leprahilfswerken der ILEP, im Gegenzug unterstützte auch die DAHW andere ILEP-Projekte mit 328.860 Euro.

 

Burkard Kömm (r.) in der Hauptschule Waldbüttelbrunn, jetzt Partnerschule von Bisidimo, Äthiopien.
(Foto: DAHW)


Netzwerke
Die DAHW ist Mitglied im Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) und arbeitet in fünf Arbeitsgruppen (Behinderung, Bildung, Gesundheit, Kofinanzierung und Wirkungsbeobachtung) mit. Sie ist außerdem Mitglied der Internationalen Vereinigung der Leprahilfswerke (ILEP) und der Stop-TB-Partnership der WHO. In Deutschland arbeitet sie im Aktionsbündnis gegen Aids und bei Gemeinsam für Afrika mit.

Personalentwicklung
Zum 31.12.2009 beschäftigte die DAHW 51 Mitarbeitende in der Zentrale in Würzburg und im Büro Münster: 30 Vollzeitbeschäftigte und 20 Teilzeitbeschäftigte. Eine Mitarbeiterin war in Elternzeit. Bis auf vier Stellen sind alle unbefristet. Hinzu kamen zwei Auszubildende: eine Kauffrau für Bürokommunikation und ein Mediengestalter sowie je ein Zivildienstleistender in Würzburg und Münster. Sechs Mitarbeitende waren 2009 in der Aktivphase der Altersteilzeit, vier in der Passivphase.

Ende 2009 waren insgesamt acht aus Deutschland entsandte Fachkräfte in leitender Funktion in den DAHW-Länderbüros Brasilien (2), Nigeria, Senegal, Südsudan, Tansania, Togo und Uganda angestellt. Die Büros in Äthiopien, Brasilien, Kolumbien, Indien und Sierra Leone werden von einheimischen Experten geleitet.

Ombudsmann
Der Vorstand hat die Position eines Ombudsmanns geschaffen und aus seinen Reihen Jochen Schroeren berufen.

Chancen und Risiken
Die DAHW finanziert ihre Arbeit vor allem aus Spenden. Nicht zuletzt weil langjährige und treue Spender aus gesundheitlichen und damit verbunden oft finanziellen Gründen ihre Unterstützung einschränken oder einstellen müssen, wird es immer wichtiger, neue Spender zu gewinnen. Um langfristig planen zu können, brauchen wir vor allem Dauerspender.

Die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf die Spendenbereitschaft sind noch nicht abzusehen. Schon jetzt machen sich jedoch Zinsrückgänge und die Auswirkungen von Preissteigerungen für die lokalen Partner bemerkbar.

Gemeinsam mit unserer Schweizer Partnerorganisation Fairmed haben in einem Pilotprojekt begonnen, in Indien Spenden zu sammeln.

Ausblick
In einer Zukunftswerkstatt werden wir 2010 gemeinsam mit Hauptamtlichen aus dem In- und Ausland sowie Ehrenamtlichen über das Mandat der DAHW beraten. Die Abteilung Medizinisch-Soziale Projekte wird gemeinsam mit den Länderbüros neue Leitlinien für eine moderne und sachgerechte Projektarbeit in den Arbeitsfeldern Lepra, TB, vernachlässigte Krankheiten und CBR erarbeiten.

Da sich Tuberkulose und Lepra weltweit sehr unterschiedlich entwickeln – die Leprazahlen steigen nicht weiter, Tuberkulose (TB), Multiresistente Tuberkulose (MDR-TB)  und TB/HIV nehmen zu – gewinnt die belegbare Kosteneffizienz und nachweisbare Wirkungsmessung an Bedeutung.

Die DAHW muss ihr Profil als kompetentes und seriöses medizinisch-soziales Hilfswerk stärken.

Operative Schwerpunkte 2010

  • Lepra: Ausbau der Untersuchung von Kontaktpersonen, um Patienten möglichst früh zu finden
  • TB: Verhinderung von Therapie-Abbruch, Ausweitung der Behandlungsmöglichkeiten der MDR-TB
  • Buruli Ulcer: Mitarbeit an der Entwicklung eines Impfstoffs
  • Stärkung der Forschung
  • CBR: Unterstützung des Übergangs von SER zu CBR

Von der Fähigkeit der DAHW, weitere Menschen für ihre Ziele zu begeistern und zu mobilisieren, wird es abhängen, ob die DAHW weiterhin ein „großes“ und einflussreiches Hilfswerk im Kampf gegen Lepra und Tuberkulose und deren Folgen bleiben wird.

Burkard Kömm, Geschäftsführer
Dr. Adolf Diefenhardt, stellv. Geschäftsführer

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