23. Januar 2024

Lepra bekämpfen mit Künstlicher Intelligenz: DAHW und US-Firma Belle.ai gehen gemeinsam gegen vernachlässigte Krankheiten vor

Lepra bekämpfen mit Künstlicher Intelligenz: Eine Kooperation zwischen DAHW und Belle.ai wird im Senegal getestet (Foto: Sascha Eichholz / DAHW)

Wer an einer Hautkrankheit leidet, geht am besten zum Dermatologen – so ist es in Deutschland und den USA. Was aber, wenn der nächste Facharzt unerreichbar weit weg ist? Das ist die Realität für viele Menschen in Ländern des Globalen Südens. Diese Menschen unterstützt die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe seit Jahrzehnten nach Kräften – und dabei bekommt sie jetzt Hilfe durch Künstliche Intelligenz.

Würzburg / Cambridge, 23.01.2024: Die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe und die US-Firma BelleTorus Corporation (Belle.ai) haben eine Kooperation geschlossen, um im Senegal gemeinsam gegen Lepra und andere vernachlässigte Hautkrankheiten vorzugehen. Dabei setzen sie auf eine Smartphone-App, die, unterstützt durch Künstliche Intelligenz, dabei helfen kann, Hautkrankheiten zu identifizieren.

„Gerade in entlegenen Gebieten, wo die vulnerabelste Bevölkerungsgruppen leben, haben wir im Senegal einen absoluten Mangel an Dermatolog:innen“, erklärt Dr. Christa Kasang, Forschungskoordinatorin der DAHW. „Wenn überhaupt, gibt es Expert:innen nur in den Ballungszentren – und in die Regionen, in denen Lepra im Senegal vorkommt, wird kaum ein:e Hautärzt:in reisen.“ Deshalb ist es wichtig, die vorhandenen Kapazitäten bestmöglich zu unterstützen: „Künstliche Intelligenz kann Gesundheitspersonal mit geringerer Expertise dabei helfen, Krankheiten wie Lepra zu erkennen“, so Dr. Kasang weiter. „So können wir auch in Regionen aktiv werden, in die sich kein Fachpersonal vorwagt.“

Mit der Smartphone-App der Firma Belle.ai kann Gesundheitspersonal in abgelegenen Gebieten Hautläsionen zur Analyse fotografieren. Wenn die KI-Software feststellt, dass ein Bild einer Lepra-Läsion ähnelt, wird dieses Bild von geschultem Fachpersonal untersucht. Für viele von Lepra betroffene Menschen im Senegal eine wertvolle Möglichkeit, Aufschluss über ihre Erkrankung zu erhalten – und dann auch eine Behandlung zu bekommen. Denn nur, wenn Lepra frühzeitig behandelt wird, können schwerwiegende Behinderungen verhindert werden.

"Unser Ziel ist es, Haut-NTDs zu identifizieren und zu behandeln und den Weg zur Eliminierung der Lepra im Senegal bis 2030 zu beschleunigen", betont Dr. Hyacinthe Zoubi, im senegalesischen Gesundheitsministerium zuständig für das Lepra-Nationalprogramm. "Indem wir Künstliche Intelligenz in entlegene Gebiete des Senegal bringen, werden wir eine unmittelbare Wirkung erzielen. Patient:innen können so schnell lokalisiert und behandelt werden, während wir sie gleichzeitig wieder in die Gesellschaft integrieren."

"Wir fühlen uns sehr geehrt, mit der DAHW und dem Ministerium für Gesundheit und Soziales bei dieser wichtigen Aufgabe im Senegal zusammenzuarbeiten", sagt Ly Tran, CEO von Belle.ai. "KI und digitale Innovation helfen dabei, den Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung für die am stärksten unterversorgten Gemeinschaften zu verbessern. Wir freuen uns darauf, mit Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und philanthropischen Partnern zusammenzuarbeiten, um mehr digitale Ressourcen für das Gesundheitspersonal in unterversorgten Gebieten bereitzustellen."

Auch Mahamath Cissé, DAHW-Büroleiter im Senegal, hält die neue Technologie für einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Lepra. „Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz im Senegal wird der Zugang zu Vorsorgeuntersuchungen und Pflege erweitert – insbesondere in abgelegenen, ländlichen Gebieten“, erklärt er. „Außerdem verringert die Technologie die Verschleierung der Krankheit und ihrer Übertragung innerhalb der Gemeinschaften.“

Doch die Kooperationspartner haben auch die großen, gesundheitspolitischen Herausforderungen unserer Zeit im Blick: „Künstliche Intelligenz ist auch im Gesundheitssektor gerade auf dem Vormarsch“, sagt Dr. Kasang, „und wir möchten vermeiden, dass dabei nur auf Krankheiten geachtet wird, die auf der Nordhalbkugel der Erde vorherrschen.“ Denn gerade die sogenannten vernachlässigten Tropenkrankheiten (NTDs), zu denen auch Lepra gehört, werden in der Forschung häufig nicht bedacht. „Wir ‚trainieren‘ deshalb die KI in unseren Projekten, damit bei der weiteren Entwicklung auch vernachlässigte und armutsassoziierte Krankheiten berücksichtigt werden.“ Das ist Belle.ai ebenfalls ein Anliegen: „Im Senegal und auf der ganzen Welt arbeiten wir daran, den ungedeckten Bedarf an globaler Hautpflege zu decken, indem wir Künstliche Intelligenz und Telemedizin einsetzen, um Menschen zu versorgen, die keinen oder nur begrenzten Zugang zu medizinischen Spezialisten haben“, so Dr. Nicolas Homehr, medizinischer Berater bei Belle.ai.

Auch die Weltgesundheitsorganisation hat dieses Potenzial erkannt und eine App zur Erkennung von Hautkrankheiten um eine KI-Komponente erweitert. Im Rahmen eines von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) finanzierten DAHW-Projektes unter der Leitung des Heidelberg Instituts für globale Gesundheit (HIGH) soll die Verwendbarkeit und Akzeptanz dieser App im Senegal getestet werden. „Die von der WHO bereitgestellte App ermöglicht uns zu erforschen, wie KI effektiv genutzt werden kann, um Hautkrankheiten in medizinisch unterversorgten Gebieten nachhaltig zu bekämpfen“, sagt Dominik Jockers, wissenschaftlicher Leiter des Projekts an der Universität Heidelberg. „Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Integration dieser App in die bestehenden Gesundheitssysteme, um eine langfristige und effiziente Unterstützung zu gewährleisten.“

Die Partnerschaft mit Belle.ai, da ist man bei der DAHW optimistisch, könnte im Senegal für einen echten Durchbruch sorgen: Zwar ist die Verbreitung von Lepra dort schon weitestgehend eingedämmt, aber in bestimmten Regionen sind die Fallzahlen immer noch vergleichsweise hoch. Die DAHW führt parallel zur App-Testung ein Kartierungsprojekt durch, das die Hot Spots noch einmal genauer eingrenzt. Außerdem werden sogenannte Skin Camps organisiert, mobile Untersuchungszentren, und Kontaktpersonen von Lepra-Patient:innen erhalten eine Prophylaxe.

„Von diesem Maßnahmen-Mix versprechen wir uns einen großen Effekt“, fasst es Forschungskoordinatorin Kasang zusammen.

„Gemeinsam mit der innovativen KI-Methode, die Belle.ai entwickelt hat, können wir so in noch größeren Schritten vorankommen. Denn: Wenn die Menschen im ländlichen Senegal keine Möglichkeit haben, sich in einer dermatologischen Praxis untersuchen zu lassen, bringen wir diese Untersuchung eben zu ihnen! 

Immer gemäß unserem Motto: ‚Leave no one behind‘.“


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