02. Oktober 2018

Porträt: Ein erfülltes Leben und die Hoffnung auf das Paradies

Es ist seine letzte Herausforderung. Arne Utermark wird Repräsentant der DAHW in Nigeria.

Arne Utermark kennt sich in der Welt aus. Bestens sogar. Für den 62-Jährigen kommt nun die letzte große Herausforderung, bevor er sich in seine italienische Wahlheimat Umbrien zurückziehen wird. Für die DAHW wird er ab Herbst als Repräsentant in Nigeria arbeiten.

„Meine Mutter wollte mich Martin nennen, doch das war meiner Patin zu langweilig. Sie hat dann ‚Arne“ vorgeschlagen“, erklärt der geborene Göttinger seinen doch recht ungewöhnlichen Namen und auch, dass er mit dem recht glücklich ist.

Auf großer Tour mit 50 Dollar und Hermann Hesse  


Den Wehrdienst verweigerte er, indem er die Bundesrepublik Richtung USA verließ . „Mit 50 Dollar in der Tasche bin ich 15.000 Kilometer getrampt“, erinnert er sich. Doch das war nicht die einzige Reise in das Land der ungeahnten Möglichkeiten. Beim nächsten Mal ging es durch Texas und Mexiko bis hinunter nach Mittelamerika. Zurück in Deutschland wartete nun doch die Bundeswehr auf den Globetrotter. „So schlimm war es gar nicht: Zwei Jahre Sanitätsdienst“, lacht er. „Und das war auch so eine Art Schlüsselerlebnis für mich, denn ich war ein guter Sanitäter.“

Durch die Reisen hat er Blut geleckt. Auch während des Wehrdienstes nahm er Urlaub. Indien und Sri Lanka wurden seine nächsten Ziele. An Gott glaubte er nicht, doch Hermann Hesses „Siddharta“ als Urlaubslektüre bezeichnet er noch heute als seine ganz persönliche Initialzündung. Utermark begann, sich für Meditation und Buddhismus zu interessieren.

Auf wiederholten Reisen nach Indien lernte er Bede Griffiths, einen britischen Benediktinermönch und einer der bekanntesten christlichen Mystiker des 20. Jahrhunderts, kennen. Der brachte ihn schließlich zum Christentum. „Noch heute ist mir mein katholischer Glaube besonders wichtig“, sagt er bei seinem Besuch in der DAHW-Zentrale in Würzburg. Und außerdem begegnete er dort seiner zukünftigen Frau, der Italienerin Rosaria aus Umbrien. Geheiratet wurde natürlich stilgemäß in einem Franziskanerkloster in Italien.

Vor Ort im richtigen Afrika


Als zukünftiger Familienernährer studierte er erst auf Anraten seines Vaters Psychologie und dann Lehramt für Englisch und Kunst. Doch die Ferne rief und das Ehepaar folgte dem Ruf mit Begeisterung. Denn allzu lange hielten sie es in Deutschland bzw. Italien nicht aus. Gemeinsam begannen sie, für die italienische Entwicklungshilfeorganisatin COOPI zu arbeiten. Zuerst in einer Lepra-Missionsstätte im indischen Mumbai und später, ab 1986, in Afrika. Mittlerweile hatte sich die Familie um zwei Töchter erweitert. Rosi und die beiden Kleinen lernten Französisch in Paris, bevor sie Vater Arne nach Kamerun folgten. „Es war wirklich das Afrika, wie ich es mir immer vorgestellt habe“, sagt der heute 62-Jährige. „Wir wohnten in einer einfachen Hütte und lauschten jeden Abend den Trommeln in der Nachbarschaft“, schwärmt er noch heute.

Als Partner einer katholischen Missionsstation beschäftigte sich Utermark mit ländlicher Entwicklung. „Brunnenbau, Landwirtschaft, Gestaltung von Nutzgärten und die Etablierung von Genossenschaftsbanken gehörten zu meinen Tätigkeitsbereichen“, erklärt er. Die Familie fühlte sich in der Ferne wohl, die beiden Töchter erhielten Privat- und Fernunterricht oder besuchten internationale Schulen. „Auch heute noch fühlen sich die beiden als Weltbürgerinnen“, betont er.

Zurück in Deutschland machte Utermark eine Betriebswirtschaftsausbildung. Mit der Christoffel-Blindenmission (CBM) ging die Familie dann für sechs Jahre nach Swasiland. Hier trat der gebürtige Göttinger schließlich zum katholischen Glauben über. „Ein ganz wichtiger Lebensabschnitt begann damit“, beteuert er. Auch in dem südafrikanischen Kleinstaat arbeitete er mit einer katholischen Missionsstation zusammen. „Ziel war die Rehabilitierung von zahlreichen Menschen mit Behinderungen. In der Hauptsache durch Ausbildung und dem Erlernen eines Berufes. Vor Ort habe ich eine Tischlerei mit aufgebaut.“

Rifugium in Umbrien


Bis 1996 lebte die Familie im südlichen Afrika. Dann ergab sich für Utermark eine Tätigkeit in der Öffentlichkeitsarbeit am Hauptsitz der CBM im südhessichen Bensheim. Einmal im Monat fuhr er zu Frau und Kindern nach Italien. Mittlerweile hatte sich die Familie ein altes Landhaus zugelegt, das gleichzeitig als pittoreskes und ursprüngliches Domizil für Feriengäste diente. Doch bald zog es das Ehepaar erneut in die Ferne. Zuerst für die CBM ins westafrikanische Niger, wo Utermark sich der medizinischen Rehabilitation von Menschen mit Behinderungen widmete. Ab 1998 folgte die Arbeit mit Flüchtlingen im bürgerkriegsgeschüttelten Sri Lanka für die CBM und mit einer holländischen Partnerorganisation. Danach lebte das Paar wieder in Italien mit dem Ziel, aus ihrem Domizil ein Bio-Ferienparadies zu schaffen.

Schließlich wurden Utermarks Erfahrungen in Pakistan gebraucht. Das Land war von einer Flutkatastrophe verwüstet worden und er wurde als Nothelfer vor Ort geschickt. Diesmal von der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe e.V. (AGEH) mit Sitz in Köln. Und genau diese Organisation entsendet den Weltbürger nun in Zusammenarbeit mit der DAWH nach Nigeria. Utermark freut sich auf die neue Herausforderung, wohl die letzte in dieser Art, was er seinem Alter zollt. Danach will er seinen Lebensabend in Italien verbringen, und das Erdendasein in Muße ausklingen lassen. Und er will sich auf seine letzte große Reise vorbereiten. „Ins Fegefeuer oder in den Himmel“, lacht er. Letzteres wäre ihm natürlich lieber.