06. April 2020

Wenn die Gesundheitssysteme kollabieren ...

Wenn sich alle Ressourcen auf Corona konzentrieren, besteht die Gefahr, dass andere Krankheiten vernachlässigt werden. Foto: Sabine Ludwig / DAHW

Viele Menschen werden an COVID-19 sterben – aber nicht nur.

Die durch den Coronavirus ausgelöste Lungenerkrankung COVID-19 bringt selbst stabile Gesundheitssysteme an den Rand des Zusammenbruchs. Das mussten wir in den zurückliegenden Wochen in Europa schmerzlich erkennen.

In vielen unserer Projektländer sind die öffentlichen Gesundheitssysteme unterfinanziert und oft unzureichend mit Materialien und Personal ausgestattet. Kommen in Deutschland auf 100.000 Einwohner ca. 430 Ärzte, ist es zum Beispiel in Sierra Leone etwa zwei. Auch ohne eine zusätzliche Epidemie sind die Labore und Krankenhäuser oft am Rande ihrer Leistungsgrenze.

Wie schon während der Ebola-Epidemie 2014 besteht auch jetzt wieder die Gefahr, dass Gesundheitssysteme unter der Last der zusätzlichen COVID-19-Patient*innen zusammenbrechen. Andere Notfälle können nicht mehr behandelt werden. Kinder sterben an heilbaren Krankheiten wie Malaria oder Durchfällen, Frauen sterben an Geburtskomplikationen. Da Impfprogramme unterbrochen werden müssen, kommt es nach der Pandemie zu anderen tödlichen Erkrankungen wie zum Beispiel Masern. Auch auf unsere Lepra- und Tuberkulose-Programme hat die Coronakrise Auswirkungen.

Lepra- und Tuberkulose-Medikamente müssen eingenommen werden

Die zwingend notwendige regelmäßige Versorgung mit Medikamenten für Lepra- und Tuberkulospatient*innen kann zum Erliegen kommen. Das ist gerade bei Tuberkulose sehr gefährlich, da sich eine multiresistente Form der TB entwickeln kann. Wenn eine HIV-Behandlung von Patient*innen unterbrochen wird, kann es in der Folge zu einer Tuberkulose-Erkrankungen kommen.

Um vorhandene Gesundheitssysteme aufrecht zu erhalten, ist neben Maßnahmen, die die Ausbreitung der Krankheit verlangsamen, eines wichtig: Die Gesundheitsmitarbeiter*innen müssen durch adäquate Schutzausrüstung vor einer Infektion geschützt werden. Sie haben den engsten Kontakt zu Betroffenen und dadurch ein hohes Ansteckungsrisiko. Erkranken sie, ist das doppelt tragisch. Zu ihrem individuellen Schicksal kommt erschwerend hinzu, dass sie in der medizinischen Versorgung fehlen.

Wir befürchten, dass durch das Coronavirus SARS-CoV2 bzw. die Lungenerkrankung COVID-19 gerade in tropischen Armutsregionen viele Menschen ihr Leben verlieren werden. Darüber hinaus werden viele an heilbaren Krankheiten oder Verletzungen sterben, weil sie aufgrund der überlasteten Systeme keine medizinische Versorgung erhalten. Die DAHW tut alles in ihrer Macht stehende dafür, ihre Gesundheitsprogramme aufrecht zu erhalten.

Begriffsklärung: Pandemie, Epidemie, Endemie?

Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht in Zeiten des Coronavirus von einer Pandemie. Während eine Epidemie oft räumlich und zeitlich begrenzt ist, also zum Beispiel nur in einer bestimmten Region auftritt, ist mit einer Pandemie eine örtlich unbegrenzte, also überregionale bzw. weltweite Erkrankungswelle gemeint.

Mit Endemie ist das anhaltende Vorkommen einer Infektionskrankheit in der Bevölkerung eines örtlich begrenzten Gebietes gemeint. In Bezug auf Lepra sind endemische Gebiete also Regionen, in denen Lepra auftritt.


Helfen Sie, zu helfen!

Auch wenn wir in Sorge um unser eigenes Wohl sind, dürfen wir die Menschen in anderen Ländern nicht vergessen.


Vernachlässigte Tropenkrankheiten

Über 1 Milliarde Menschen sind weltweit von Krankheiten betroffen, die hierzulande kaum jemand kennt.


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