18. Januar 2021

45 Tage lang eine Sorge weniger

Das Reparieren von Kleidung ist normalerweise eine Sichere Einnahmequelle. Foto: DAHW

Auswirkungen der Corona-Pandemie erfordern Nothilfe für an Lepra erkrankte Menschen mit Behinderungen in Äthiopien.

Die Geschichte von Ato Beriso, der in Shashamane-Kuyera (Lepra-Siedlung) in Äthiopien lebt, ist beispielhaft für viele persönliche Schicksale, die das vergangene Jahr und die Corona-Pandemie hervorgerufen haben. Sie zeigt, was ein plötzlicher Lockdown oder auch „nur“ Ausgangsbeschränkungen für Auswirkungen auf Menschen haben, die als Tagelöhner*innen arbeiten müssen und deren Einkommensquelle von heute auf morgen wegfällt.

Homeoffice, Kurzarbeit, Lohnfortzahlung, Soforthilfe – von all dem hat Ato Beriso nie gehört. Der 58-Jährige ist an Lepra erkrankt und leidet in der Folge unter sichtbaren Behinderungen, den lepratypischen sogenannten Krallenhänden und einem deformierten Bein. Auch seine Frau ist von Lepra betroffen, die beiden haben vier Kinder.

Von der Hand in den Mund

Ato Beriso arbeitet an seiner alten Nähmaschine und verdient seinen Lebensunterhalt mit dem Reparieren alter Kleidung, während seine Frau als Tagelöhnerin arbeitet. Das magere Einkommen, das sie durch ihre Arbeit erhalten, reicht kaum zum Leben und zum Unterhalt ihrer Kinder. Immer wieder sind sie auf die Unterstützung der Nachbarn angewiesen. Mit Beginn der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Einschränkung der Bewegungsfreiheit versiegten auch die Einkommensquellen von Ato Beriso und seiner Frau. Denn die Nachfrage nach der Reparatur von Kleidung sank von heute auf morgen auf Null. 

Es geht viel zu schnell

Menschen wie Ato Beriso, die unter Lepra, unter Behinderungen und unter schwerer Armut leiden, sind – sofern sie überhaupt arbeiten können – vom direkten Broterwerb abhängig. Wer nicht arbeitet, verdient kein Geld. Wer kein Geld verdient, kann sich und seine Familie nicht ernähren. Die Vorräte von Ato Beriso und seiner Familie reichen gerade einmal für eine Woche. Danach stehen sie vor großen Schwierigkeiten.

Ato Beriso begann also frühzeitig, Unterstützung zu suchen, und reichte einen Antrag bei der örtlichen Vereinigung der von Lepra Betroffenen ein. Sein Hilferuf wurde erhört. Im Zuge der humanitären Hilfsmaßnahmen, die die DAHW in Äthiopien innerhalb kürzester Zeit startete, war auch die Verteilung von Nahrungsmitteln vorgesehen. Ato Beriso wurde ausgewählt und seine Familie konnte mit 50 Kilo Mais und drei Litern Speiseöl versorgt werden. Die Nahrungsmittelunterstützung erreichte die Familie zu einem Zeitpunkt, an dem sie diese mehr als dringend benötigte. 45 Tage konnten sie damit überbrücken.

Der Dank, den Ato Beriso uns gegenüber ausgedrückt hat, steht stellvertretend für die Menschen, die wir in dieser besonders schwierigen Zeit mit Nahrungsmitteln und anderen Nothilfemaßnahmen wie Hygienematerial und medizinischer Hilfe unterstützen konnten. Diesen Dank geben wir gerne an unsere Spender*innen weiter!

Hinsehen statt Übersehen

Menschen, die von vernachlässigten Tropenkrankheiten (NTDs) wie Lepra betroffen sind, geraten infolge der Corona-Krise und der damit einhergehenden Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie oft in existenzielle Not. Wir tun alles, diesen vergessenen Menschen zu helfen und ihre Leben zu retten. Dazu gehört neben der aktiven Nothilfe vor Ort auch das Umsetzen von Aktionen und Kampagnen hierzulande, um Aufmerksamkeit auf das Schicksal von über 1,7 Milliarden Betroffenen zu lenken, für Solidarität zu appellieren und Unterstützung für unsere Arbeit zu bitten. Unsere Aktionswoche „Hinsehen statt Übersehen“ soll genau die Menschen ins Licht rücken, die während der Pandemie leicht übersehen werden und dringend Unterstützung brauchen.

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