15. Dezember 2020

Erschwerte Bedingungen: Medizinische Versorgung in Zeiten einer Pandemie

In manchen Regionen können Fallsuchen unter Einhaltung der Hygieneregeln inzwischen wieder durchgeführt werden. Foto: LEPCO/DAHW

Die Coronakrise macht es deutlich: Selbst stabile Gesundheitssysteme wie hierzulande kommen während einer Pandemie an ihre Grenzen.

In den meisten unserer Projektländer sind die staatlichen Gesundheitssysteme unterfinanziert und oft unzureichend mit Schutzmaterialien, Medikamenten und Personal ausgestattet. Auch ohne eine zusätzliche Epidemie sind die Labore und Krankenhäuser oft am Rande ihrer Belastungsgrenze.

Viele Länder des Globalen Südens, darunter auch einige unserer Einsatzländer, reagierten während der letzten Monate mit radikalen Ausgangssperren und Lockdowns, um einen vollständigen Zusammenbruch des Gesundheitssystems und anderer systemrelevanter Strukturen zu vermeiden. Kliniken und Ambulanzen wurden für die Behandlung von COVID-19 umfunktioniert oder sogar – kurzzeitig – komplett geschlossen. Die Folge: Menschen starben an eigentlich behandelbaren Krankheiten wie einer Blinddarmentzündung oder einer nicht rechtzeitig versorgten Unfallverletzung.

Wie Patient*innen versorgen, wenn man nicht zu ihnen kann?

Die Corona-Pandemie sowie die Schutzmaßnahmen zur – natürlich lebenswichtigen – Eindämmung von COVID-19 verhindern in vielen Ländern die regelmäßige und zuverlässige Behandlung der Patient*innen. Es kommt zu Engpässen bei Medikamenten, da die Vorräte der Nationalprogramme aufgrund von Lieferschwierigkeiten nicht ausreichen. Betroffene können sich den Transport zum Krankenhaus oder die Therapie nicht leisten, weil sie wegen der Lockdowns Einkommensverluste erlitten haben. In der Folge kann es zu Behandlungsabbrüchen kommen, die gerade bei Tuberkulose besonders fatal sind: So können sich Resistenzen bilden und teurere Therapien mit stärkeren Nebenwirkungen notwendig werden. Auch die aktive Fallsuche durch Ausgangssperren erschwert. Hinzu kommt die psychische Belastung von Klinikpersonal und den freiwilligen Gesundheitshelfer*innen in den Gemeinden: Der Mangel an Schutzausrüstung und das große Stigma der Viruserkrankung schüren die Angst vor einer COVID-19-Erkrankung und bedingen personelle Ausfälle.

Keine Fallsuche, keine Fallzahlen

Schon jetzt ist zu erwarten, dass in den Statistiken die Fallzahlen der an TB, Lepra oder anderen vernachlässigten Tropenkrankheiten (NTDs) erkrankten Personen zurückgehen werden. Die Dunkelziffer wird aber vermutlich um ein Vielfaches höher sein. Je weniger Menschen diagnostiziert und behandelt werden, desto mehr werden sich Krankheiten ausbreiten und zu (noch mehr) Armut, zu Behinderungen und Todesfällen führen. Es sind vor allem die Schutzmaßnahmen, die in Ländern des Globalen Südens als Brandbeschleuniger für bereits bestehende Krisen (Hunger und Armut) wirken und die globale Ungleichheit verstärken. Schwerwiegende Folgen, die noch lange spürbar sein werden.

Wo bleiben die Menschenrechte?

Das Recht auf Gesundheit und Wohlergehen ist das dritte der 17. Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs), die die UN in ihrer Agenda 2030 definiert hat. „Es steht in direktem Zusammenhang mit weiteren SDGs: auch Menschen, die hungern (SDG 2) oder keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben (SDG 6) können nicht gesund leben“, so erklärt es die Bundesregierung. Vulnerablen, vernachlässigten Menschen mit armutsbedingten Krankheiten oder Behinderungen dabei unterstützen, diese Rechte wahrzunehmen – das gehört, nicht nur während einer Pandemie, zu unseren Aufgaben.


HELFEN SIE UNS, ZU HELFEN!

Auch wenn wir in Sorge um unser eigenes Wohl sind, dürfen wir die Menschen in anderen Ländern nicht vergessen.