03. Juni 2020

Traditionelle Heiler helfen DAHW bei TB-Früherkennung

Shaaban Salum Msemakweli ist Heiler. In Zusammenarbeit mit der DAHW-Partnerklinik PASADA hilft er, Tuberkulose-Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. Foto: DAHW Tansania

Welche Rolle spielt die traditionelle afrikanische Medizin in der Tuberkulose-Arbeit der DAHW? Die Geschichte von Shaaban Salum Msemakweli, einem berühmten traditionellen Heiler in Daressalaam zeigt, wie eine erfolgreiche Zusammenarbeit gelingen kann.

Traditionelle Heiler wie Shaaban Salum Msemakweli genießen in Tansania ein sehr hohes Ansehen. In ihrer Funktion als „Dorfarzt“ sind sie gerade für die ländliche Bevölkerung oft am besten zu erreichen. Außerdem vertraut man ihnen mehr als dem „westlich“ geschulten medizinischen Personal. So auch dem berühmten traditionellen Heiler Shaaban, der in der Gegend von Mtoni Kijichi lebt, allerdings in der Metropole Daressalaam tätig ist. Seine Patient*innen sind davon überzeugt, dass er bereits viele Menschen mit chronischen Krankheiten heilen konnte.

Der Vorteil, den traditionelle Heiler wie Shaaban für die Erkennung von Tuberkulose-Fällen haben, liegt auf der Hand: Die Menschen kommen zu ihnen, weil sie ihnen vertrauen. Die lokale Partnerorganisation der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe, PASADA, hat genau dies erkannt und sich zunutze gemacht. „Im Zuge der Fallsuche in den Gemeinden sind wir auf Shaaban zugegangen. Er empfängt Tag für Tag Menschen, die auch Tuberkulose-Symptome aufweisen. Es war uns wichtig, ihn kennenzulernen und mit ihm über das Thema TB zu sprechen“, berichtet Dr. Jacqueline Samson, Projektleiterin bei PASADA.

In einem langen Gespräch stellte sie fest, dass Shaaban nicht viel über die pandemisch verbreitete Infektionskrankheit wusste, an der weltweit täglich rund 5.000 Menschen sterben. Anzeichen, Symptome, Übertragungswege, Früherkennung und Prävention waren ihm fremd. Und mehr noch: er glaubte nicht an die Krankheit. Vielmehr verband er mit Tuberkulose negative Gedanken, für ihn war sie eine sogenannte Hexenkrankheit. Doch Shaaban war offen für die Erkenntnisse der modernen Medizin, für Dr. Samsons Ausführungen und ihr Wissen über Tuberkulose. Es gelang ihr nicht nur, ihn von der Dringlichkeit der TB-Bekämpfung zu überzeugen, er versprach sogar, in der TB-Falldiagnostik aktiv mitzuhelfen.

Wichtige Anlaufstelle der TB-Diagnostik

Inzwischen ist Shaabans Praxis eine wichtige Anlaufstelle für die Durchführung von TB-Schnelltests. „Wir schulten ihn in den Grundlagen über die Krankheit einschließlich den Methoden zur Früherkennung“, so Dr. Samson. Der traditionelle Heiler unterzieht seine Patient*innen also einem Screening und sammelt Auswurf von Sputum in speziellen Behältern, die ihm PASADA zur Verfügung stellt. Die gesammelten Proben bringt er mit seinem Motorrad zur Untersuchung in das nahe gelegene Diagnosezentrum. „Auf diesem Weg wurden inzwischen schon einige seiner Patient*innen als TB-positiv diagnostiziert und zur Behandlung angemeldet“, stellt Dr. Samson zufrieden fest. Und sein Beispiel macht Schule: „Im letzten Jahr lieferten uns Shaaban und weitere neun traditionelle Heiler insgesamt 250 Sputumproben. Bei 12 der 250 Proben wurde Tuberkulose diagnostiziert.“

Bewusstseinsbildung auf mehreren Ebenen

„Ich wusste nichts über TB oder auch HIV und war mir meiner Rolle als Mitglied der Gemeinschaft im Kampf gegen diese Krankheiten gar nicht bewusst", erinnert sich Shaaban. Auf die Frage, was sich durch seine Beteiligung am Projekt geändert habe, antwortet er: „Ich habe festgestellt, dass die Zahl der Todesfälle unter meinen Patient*innen zurückgegangen ist". Denn mit dem Wissen, dass es sich bei Tuberkulose nicht um Hexerei, sondern um eine „luftgeborene“ Krankheit handelt, kann Shaaban nun seine Patient*innen mit TB-Symptomen besser betreuen, sie und ihre Angehörigen für das Ansteckungsrisiko sensibilisieren und sich letzten Endes auch selbst besser schützen. Sein Wissen möchte er an seine Kolleg*innen weitergeben.

Gemeinsam gegen TB

Das gemeinsame Projekt zeigt, wie bedeutend die Zusammenarbeit zwischen Hilfsorganisation und Heiler, zwischen moderner und traditioneller Medizin ist. „Sie sind wichtig für die Gemeinschaft und vor allem für Frauen und Männer mit niedrigem Bildungsniveau Vertrauenspersonen“, sagt Dr. Samson. „Als Interessenvertreter und Vermittler von medizinisch fachlichem Know-how zu Tuberkulose sind traditionelle Heiler wertvolle Verbündete im Kampf gegen diese weltweit todbringendste Infektionskrankheit.“ Auch im Jahr 2018 schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO die Todesopfer infolge einer TB-Erkrankung auf 1,5 Millionen.

PPM: Private Public Mix
Bereits 2007 startete die DAHW in Indien ein Projekt, bei dem Gesundheitsarbeiter*innen der DAHW die Einnahme der Tuberkulose-Medikamente und die Überweisung von Verdachtsfällen bei den privaten Heilern überwachten und unterstützten. Die aktive Einbeziehung aller relevanten Gesundheitsdienstleister in die Bekämpfung der TB auf Basis solcher öffentlich-privater Mischkonzepte ist auch ein wesentlicher Bestandteil der WHO-Strategie, um TB bis 2030 zu beenden.


Klinikpartnerschaften

Die Zusammenarbeit der DAHW mit der tansanischen Organisation PASADA wird im Rahmen dieses BMZ-Förderprogramms unterstützt.


Tuberkulose

Obwohl heilbar, ist TB mit 1,5 Millionen Opfern pro Jahr und ca. 5.000 pro Tag weltweit eine der zehn häufigsten Todesursachen.


Die DAHW in Tansania

Als GLRA German Leprosy and Tuberculosis Relief Association sind wir seit sechs Jahrzehnten mit medizinischen und sozialen Projekten in Tansania aktiv.