In der Folge erkranken auch heute noch Jahr für Jahr über 200.000 Menschen weltweit neu und sind dadurch von Behinderungen, Ausgrenzung und Armut bedroht. Immer mehr deutet darauf hin: Will man die Krankheit Lepra endlich ausrotten, müssen Human- und Veterinärmedizin zusammenarbeiten und sektorübergreifende Maßnahmen im Sinne des „One Health“-Ansatzes umgesetzt werden.
2011 wurde bei Gürteltieren im Süden der USA ein spezieller Stamm des Lepra-Erregers entdeckt, 2016 bei Eichhörnchen und anderen Nager in Großbritannien und Irland. Auch bei Primaten in Zoos ursprünglich aus Nigeria und Sierra Leone konnte das Mycobacterium leprae nachgewiesen werden. Nun ein Fund bei wildlebenden Schimpansen im Cantanhez-Nationalpark von Guinea-Bissau und im Taï-Nationalpark in der Elfenbeinküste – anders als die anderen Tiere hatten sie sehr wahrscheinlich nie Kontakt zu einem Menschen. „Deshalb ging man bisher davon aus, dass sich die Tiere durch Kontakt zum Menschen infiziert haben und dieser das Hauptreservoir für den Lepra-Erreger“, so Dr. Fabian Leendertz, Wildtierexperte am Robert-Koch-Institut in Berlin. „Doch der Genotyp des Bakterienstamms, den wir in Stuhl- und Gewebeproben der betroffenen Affen in West-Afrika finden konnten, tritt beim Menschen äußerst selten auf. Es müsste daher andere Quellen in der Tier- und Umwelt geben.“
Gemeinsam mit einem Forscherteam hatte Leendertz in Dschungelgebieten Kamerafallen aufgestellt, die Bilder von Schimpansen mit auffälligen Hautveränderungen im Gesicht und an den Extremitäten lieferten. Weil das Team den Tieren nicht zu nahekommen wollte, schickte es die Bilder zur Beurteilung an Lepraexperte Professor Dr. August Stich, Chefarzt der Klinik für Tropenmedizin am Klinikum Würzburg Mitte, Vereinsmitglied bei der DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe, bei der er auch lange im Vorstand tätig war. „Als Humanmediziner war es gar nicht so einfach, auf Basis der Fotografien eine Ferndiagnose zu erstellen, zumal Lepra in sehr unterschiedlichen klinischen Bildern auftreten kann“, erinnert sich Stich. Die Bestätigung erbrachte schließlich eine Analyse von Kotproben der betroffenen Tiere. „Für die Bekämpfung der Lepra heißt das, wir dürfen uns nicht nur auf den Menschen fokussieren, sondern müssen das Tierreich mit einbeziehen.“