19. Juli 2023

Projektreise durch ein kriegsgebeuteltes Land: „Wir bleiben auch weiterhin in Afghanistan aktiv!“

Das Team mit DAHW-Global Health-Berater Anil Fastenau (3.v.r.) unterwegs in Afghanistan (Foto: DAHW)

Die DAHW unterstützt seit Jahrzehnten die Lepra- und Tuberkulosearbeit in Afghanistan. Das Land ist immer wieder durch Krisen und Kriege gegangen – zuletzt hatte sich die Lage während der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 zugespitzt. Seither hat sich vieles verändert in Afghanistan. Unser Global Health-Berater Anil Fastenau war nun erstmals wieder vor Ort, um dort unsere Projekte zu besuchen.

Anil, warum ist die DAHW eigentlich in Afghanistan tätig?

Das kriegsgebeutelte Land zählt zu den ärmsten in der Welt und das Gesundheitssystem weist große Schwächen auf. Die Situation hat sich nach der Machtübernahme der Taliban noch weiter verschärft, da sich viele internationale Organisationen aus dem Land zurückgezogen haben. Wir möchten die Menschen dort aber nicht im Stich lassen, sondern sie weiterhin bei der Lepra- und Tuberkulose-Bekämpfung unterstützen.

Du bist gerade zwei Wochen lang durchs Land gereist. Wie sah dein Reiseplan aus?

Ich habe in Afghanistan vor allem unsere langjährige Partnerorganisation LEPCO besucht. Diese hat ihren Hauptsitz in Kabul und betreut darüber hinaus sieben weitere Kliniken im Rest des Landes. Wir hatten zunächst ein paar Tage lang Besprechungen in Kabul und haben dann die Kliniken in Panjab, Shahristan, Lal, Malistan, Yakawlang, Jaghori und Masar-e-Scharif besucht.

Welche Aktionen habt ihr durchgeführt?

In Kabul haben wir mit unseren LEPCO-Kolleg:innen besprochen, wie die Projekte laufen – welche Fortschritte es gibt, welchen Herausforderungen die Mitarbeitenden gegenüberstehen und wie ihre Pläne für die Zukunft aussehen. Dann haben wir die Kliniken vor Ort besichtigt und uns angesehen, wie dort gearbeitet wird. Wir haben mit der Klinikleitung und dem Personal gesprochen und uns einen Überblick über die Lage vor Ort verschafft.

Neben LEPCO arbeiten wir in Afghanistan auch mit den GMS (German Medical Services) zusammen – auch mit dieser Partnerorganisation haben wir Gespräche über die Bemühungen und Strategien vor Ort geführt.

Wir haben außerdem Vertreter:innen des nationalen Tuberkulose-Kontrollprogramms, der WHO (Weltgesundheitsorganisation) und dem UNDP (Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen) getroffen, um uns über bewährte Praktiken bei Lepra- und Tuberkulosemaßnahmen auszutauschen.

Wie schätzt du die Situation der Gesundheitsversorgung in Afghanistan ein?

Generell ist die Gesundheitsversorgung nicht besonders gut. Ganz im Gegenteil, das Gesundheitssystem weist sehr viele Schwächen auf. Insbesondere in den abgelegenen Gebieten haben die Menschen nur sehr eingeschränkten Zugang zu medizinischen Dienstleistungen und müssen teilweise stundenlang bis zum nächsten Gesundheitszentrum fahren. Im Bereich Tuberkulose hat sich die Situation in den vergangenen Jahren etwas verbessert, aber viele Fälle bleiben immer noch unentdeckt. Jedes Jahr infizieren sich in Afghanistan bis zu 75.000 Menschen mit Tuberkulose, rund 12.000 sterben an der Krankheit. Da gibt es also noch viel zu tun.

Was die Lepra betrifft, so steht sie im afghanischen Gesundheitssystem überhaupt nicht im Fokus. Außer uns gibt es dort keine Organisation, die in allen Gebieten des Landes Lepra-Behandlungen anbietet. Nur GMS versorgt Patient:innen in Kabul.

Wie geht es weiter mit der Projektarbeit?

Insbesondere für Frauen ist die Situation im Land sehr schwierig – wir reden hier von einer Gender-Apartheid. Nicht nur sind Frauen und Mädchen beispielsweise von Tuberkulose stärker betroffen als Männer, es ist für sie auch schwieriger, medizinische Versorgung zu bekommen. Sie sind es, die – auch in Zukunft – unsere Unterstützung mehr denn je brauchen. Deshalb bleiben wir jetzt erst recht in Afghanistan aktiv, obwohl es unter den aktuellen Umständen natürlich deutlich komplizierter für uns ist, unsere Projekte durchzuführen.


 

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