10. August 2023

„Ein Leben in Würde und Glück“: Erinnerungen an Dr. Ruth Pfau

Dr. Ruth Pfau in Pakistan

Zum sechsten Todestag der DAHW-Ehrenbotschafterin und „Mutter der Leprakranken“ gedenken wir einer Visionärin, die uns bis heute als Vorbild dient.

Würzburg, 10.08.2023: Noch in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts war Lepra ein massives Problem in Pakistan. Zehntausende Neuinfektionen pro Jahr zerstörten unzählige Leben – nicht nur die der Erkrankten, oft auch die ihrer Angehörigen.

Etwa zur gleichen Zeit haderte in Deutschland eine junge Frau damit, wie oberflächlich ihr die Menschen in ihrem Umfeld erschienen: Es sei ständig nur um die Farbe des nächsten Autos gegangen, erinnerte sie sich einmal, aber das könne doch nicht alles sein im Leben. Dr. Ruth Pfau, frisch examinierte Ärztin, entschied sich für einen anderen Weg: Sie trat in die Kongregation der Gesellschaft der Töchter vom Herzen Mariä ein und beschloss, ihre Arbeit zum Wohle anderer Menschen zu tun – und nicht, um sich den neuesten VW Käfer leisten zu können.

Ein Schicksalswink verändert ihr Leben für immer

Was dann geschah, kann vielleicht als Schicksal bezeichnet werden: Eigentlich wollte ihr Orden die junge Frau nach Indien schicken, wo sie als Gynäkologin arbeiten sollte. Doch es gab Probleme mit dem Visum und Ruth Pfau war zu einem Zwischenstopp in Pakistan gezwungen. In Karachi begleitete sie eine Mitschwester in eine Lepra-Ambulanz in einem Slum und war geschockt von dem Elend, das ihr dort entgegenschlug. Sie entschied sich, zu bleiben und widmete ihr Leben fortan der Lepra, den Menschen, die von der Krankheit betroffen sind – und Pakistan.

Der Unterschied, den Dr. Ruth Pfaus Arbeit in Karachi und ganz Pakistan gemacht hat, ist heute unübersehbar: Aus der Bretterbude, in der Patient:innen damals untersucht wurden, ist ein modernes Krankenhaus geworden: das Marie Adelaide Leprosy Center (MALC) in Karachi. Menschen in abgelegenen Dörfern auf dem Land, die früher ihre erkrankten Angehörigen versteckten und isolierten, wurden durch das Pfau-Team über Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten informiert – die Patient:innen und Familien bekamen somit die dringend benötigte Unterstützung. Auch die Tuberkulosearbeit erhielt durch Dr. Pfau einen deutlichen Schub. Und sogar das Nachbarland profitierte von der vermeintlich unerschöpflichen Energie und dem Tatendrang der deutschen Ärztin: Ab 1980 unterstützte sie die Gesundheitsversorgung in Afghanistan.

Enge Verbindung zwischen Dr. Ruth Pfau und der DAHW

Dr. Ruth Pfau und Lepra, diese Verbindung stellen nicht nur die Menschen in Pakistan bis heute ganz selbstverständlich her. Auch in Deutschland klärte die Ordensschwester immer wieder über ihre Arbeit auf – was sich direkt in der Unterstützung für die Betroffenen niederschlug: Die DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe fördert die Arbeit in Pakistan seit 1961 und gründete 1996 eine Stiftung in ihrem Namen. Ruth Pfau selbst, in Pakistan bekannt als „Mutter der Leprakranken“, wurde mit Ehrungen überschüttet: Sie erhielt das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern, wurde zur Ehrenbürgerin Pakistans ernannt, bekam den Damien Dutton Award, die Albert-Schweitzer-Medaille, den Marion Dönhoff-Preis, den pakistanischen Lifetime Achievement Award, den Medien- und Fernsehpreis Bambi in der Kategorie Stille Helden, und einige mehr. Die größte Auszeichnung jedoch dürfte die Tatsache sein, dass die Lepraarbeit in Pakistan heute kurz vor einem massiven Durchbruch steht: Aktuell liegt die Zahl der Neuinfektionen pro Jahr dort im niedrigen dreistelligen Bereich, es besteht Grund zur Hoffnung, dass die Krankheit im laufenden Jahrzehnt noch eliminiert werden kann. Ein Erfolg, der ohne die Arbeit von Dr. Ruth Pfau und ihrem Team undenkbar gewesen wäre.

Dr. Ruth Pfau – eine Frau mit Charisma, deren Hingabe und Bedingungslosigkeit bis heute Menschen auf der ganzen Welt inspirieren. Uns als DAHW dient sie als leuchtendes Vorbild. Zu ihrem sechsten Todestag gedenken wir ihr und all den Menschen, die von Lepra und anderen Vernachlässigten Krankheiten betroffen waren und sind. Ihnen widmen wir tagtäglich unsere Arbeit, getreu der Maßgabe, die die Ordensschwester aus Leipzig einst so formulierte: „Der Mensch hat ein Recht auf Würde und Glück.“ Mit ihrem selbstlosen Einsatz als DAHW-Ehrenbotschafterin der weltweiten Lepra-Arbeit hat Ruth Pfau genau das zahllosen Menschen ermöglicht.


 

Wir führen Dr. Ruth Pfaus Lebenswerk in ihrem Sinne fort - mit Ihrer Hilfe.


 

Die Ruth-Pfau-Stiftung sichert das Lebenswerk ihrer Namensgeberin