29. Oktober 2020

"Niemand ist sicher, solange wir nicht alle sicher sind"

Das World Health Summit 2020 - der Weltgesundheitsgipfel - fand diese Jahr ausschließlich virtuell statt. Foto: World Health Summit.

DAHW nimmt beim World Health Summit 2020 teil

Unter diesem Motto fand das diesjährige World Health Summit – der Weltgesundheitsgipfel – in Berlin statt. Unsere Kollegin Dr. Irene Ayakaka, Medizinische Koordinatorin für Ostafrika, war dabei Teil eines Workshops über vernachlässigte Tropenkrankheiten (neglected tropical diseases, NTDs) und COVID-19. An dem ausschließlich virtuell stattfindenden Kongress, bei dem sich viel um COVID-19 und die Auswirkungen auf Themen der Gesundheit drehte, nahmen mehr als 6.000 Teilnehmer*innen aus über 100 verschiedenen Nationen teil. Unter anderem sprachen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Direktor der WHO, und Dr. Christian Drosten, Virologe an der Charité in Berlin, über die Herausforderungen der Corona-Pandemie und die Wichtigkeit internationaler Zusammenarbeit im Kampf gegen COVID-19.

Dramatische Beeinträchtigung der COVID-19-Pandemie auf die Eliminierung vernachlässigter Tropenkrankheiten

Im Rahmen des World Health Summits fand auch das Thema für uns so wichtige Thema der vernachlässigten Tropenkrankheiten Beachtung. Dazu berichtete die NTD-Direktorin der WHO, Dr. Mwelecele Malecela, in einem Workshop über die Folgen der Corona-Pandemie vor allem auf die

  • Massenverabreichung von Medikamenten
  • Diagnose, Behandlung und Prävention von Menschen, die an NTDs erkrankt sind
  • Überwachung und Evaluation von Programmen
  • Produktion, Transport und Lieferung von Medikamenten und Grundversorgung

Sie informierte zudem über die inzwischen erfolgte Wiederaufnahme von Gesundheitsprogrammen, die zu Beginn der Pandemie verschoben wurden. Zu Wort kommt auch Constanze Bönig von Tierärzten ohne Grenzen und stellt den sogenannten Integrierten Ansatz vor, welcher die Verbindung von Menschen, Tieren, Pflanzen und ihrem gemeinsamen Lebensraum betrachtet. Da man davon ausgeht, dass das SARS-CoV-2-Virus von Tieren übertragen wurde, ist dieses Thema von besonderer Brisanz. Auch viele NTDs wie Schistosomiasis oder Chagas sind solche „Zoonosen“.

DAHW zur Lepra-Bekämpfung beim World Health Summit

Im Rahmen des Workshops erklärte DAHW-Ärztin Dr. Irene Ayakaka, welchen Einfluss die COVID-19-Pandemie auf die Bekämpfung von Lepra für unsere Arbeit habe. Sie zeigte Beispiele aus Uganda, Tansania und Äthiopien, wo durch überlastete Gesundheitssysteme und mangelnde Versorgung vor allem Menschen, die von Lepra betroffen sind, existenzieller Bedrohung ausgesetzt sind.

Dr. Irene Aykaka machte in ihrer Präsentation zudem deutlich, dass die Fallsuche aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen erheblich eingebrochen sei und somit weniger Fälle registriert werden. "Was nicht heißt, dass wirklich weniger Menschen betroffen sind", konstatierte auch Dr. Sebastian Dietrich, medizinischer Berater der DAHW in einer Pressemitteilung zur jüngsten WHO Lepra-Statistik. Außerdem wurden viele öffentliche Krankenhäuser zur ausschließlichen COVID-19-Behandlung umfunktioniert, unter anderem auch Lepra-Krankenhäuser. Darüber hinaus hat der Mangel an Schutzausrüstung zufolge, dass weniger Gesundheitspersonal im Einsatz ist und so auch die Behandlung von an Lepra erkrankten Menschen beeinträchtigt wird.

Nicht nur die Gesundheitsversorgung ist stark belastet, auch soziale und wirtschaftliche Faktoren werden von der Corona-Pandemie beeinflusst. Durch Lockdown und unterbrochene Lieferketten in vielen ländlichen Gebieten mangelt es immer noch an der Grundversorgung von Lebensmitteln. Ausfallende Self-Care-Gruppen haben zusätzlich negative Auswirkung auf die mentale Gesundheit vieler von NTDs betroffenen Menschen.

Trotz der vielen verheerenden Folgen der globalen Pandemie sieht Dr. Irene Ayakaka auch Chancen für den zukünftigen Umgang mit NTDs. Ein ganzheitlicher Ansatz, wie ihn auch Constanze Bönig vorstellte, ist wichtig, um alle Faktoren, die eine Krankheit hervorrufen können, zu beseitigen. Dazu zählt auch die finanzielle und soziale Unterstützung, denn durch den tückischen Kreislauf von Armut und Krankheit sind oft Menschen betroffen, die in armen Verhältnissen leben. Die Ärztin schloss ihren Vortag mit der Empfehlung, nicht nur Gesundheitssysteme zu stärken, sondern auch Gemeinschaften und Gemeinden, die von NTDs betroffen sind, besser zu schützen.