Richtlinie gegen Sexualisierte Gewalt

DAHW-Richtlinien zum Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch in der Entwicklungszusammenarbeit und der Humanitären Hilfe

1. Einleitung

Die Vision der DAHW ist eine Welt, in der niemand an Lepra, Tuberkulose und anderen vernachlässigten Krankheiten der Armut leiden muss, deren Folgen zu Behinderungen und Ausgrenzung führen können. Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt unserer Arbeit. Wir engagieren uns für die Bedürftigen und helfen ihnen, ein gesundes Leben in Würde zu führen. Dazu gehört auch die Arbeit der DAHW mit Kindern und Erwachsenen.

Die DAHW hat null Toleranz gegenüber sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch sowie Kindesmissbrauch. Diese Richtlinien ergänzen unsere Kinderschutz-Richtlinien „Zur Prävention und zum Schutz von Kindern vor Missbrauch und Ausbeutung" und definieren die Verpflichtung der DAHW zum Schutz vor jeglicher sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch in unserer Arbeit.

2. Geltungsbereich der Richtlinien

Die Richtlinien gelten für alle Mitarbeiter*innen während der gesamten Dauer ihres Einsatzes, unabhängig vom Standort. Dazu gehören in diesem Zusammenhang: DAHW-Mitarbeiter*innen weltweit, Aufsichtsgremien, Projektpartner, Berater*innen für kurz- und langfristige Aufgaben, Dienstleister*innen, Praktikant*innen und Ehrenamtliche sowie alle, die im Namen der DAHW in Projektländer reisen.

Handlungen und Verhaltensweisen, die gegen die Richtlinien „Zum Schutz gegen sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch" verstoßen, werden von der DAHW nicht toleriert. Daher sind alle Mitarbeiter*innen und Partner der DAHW verpflichtet, diese Richtlinien zu unterzeichnen und einzuhalten. Jeder Verstoß führt zu Disziplinarmaßnahmen und kann zur sofortigen Entlassung aus der DAHW sowie zu Schadenersatzansprüchen führen. Ebenso behält sich die DAHW vor, eine laufende Projektunterstützung zu stoppen und bereits getätigte Auszahlungen zurückzufordern.

3. Definitionen im Rahmen der Richtlinien

Sexuelle Gewalt und Ausbeutung kommen in vielen Formen vor. Sie beginnen bei Grenzverletzungen oder verfestigten grenzverletzenden Umgangsformen. Grenzverletzungen sind alle Verhaltensweisen, die persönliche Grenzen überschreiten. Dazu gehören unerwünschte Kommentare oder anzügliches Reden über körperliche Merkmale und Aussehen. Dazu gehört auch sexuelle Belästigung, zum Beispiel in Form unerwünschter sexueller Annäherungsversuche oder als Bitte um sexuelle Gefälligkeiten. Jede verbale oder körperliche Handlung sexueller oder sexualisierender Art, die für die/den Überlebende/n zu Recht als beleidigend oder demütigend verstanden oder angesehen werden kann, ist sexuelle Gewalt.

Sexuelle Ausbeutung
Sexuelle Ausbeutung ist jeder tatsächliche oder versuchte Missbrauch einer Position der Schutzbedürftigkeit, einer Machtungleichheit oder einer Vertrauensstellung für sexuelle Zwecke. Dies schließt ein, beschränkt sich jedoch nicht auf, die sexuelle Ausbeutung einer anderen Person zum Erhalt eines geldlichen, sozialen oder politischen Nutzens dieser.

Sexueller Missbrauch
Effektive Verletzung der körperlichen Integrität oder die Androhung von Körperverletzung sexueller Natur, die durch Gewalt, Zwang, Ausnutzung einer Abhängigkeits- oder Machtbeziehung oder durch Vertrauensbruch zum Geschlechtsverkehr führen. Dieser Begriff schließt in nicht erschöpfender Weise die Handlungen ein, die Vergewaltigung, Belästigung, Nötigung, Kinderpornographie, nicht einvernehmlichen Geschlechtsverkehr oder jegliche andere Handlungen nicht einvernehmlicher intimer Natur oder jeden anderen Verstoß gegen die sexuelle Integrität darstellen. Dies bedeutet, dass die Ausübung von körperlicher Stärke nicht ausschlaggebend ist, um von sexuellem Missbrauch zu sprechen. Eine solche Handlung kann auch unter psychischem Druck, Zwang oder Abhängigkeit und ungleichen Machtverhältnissen auftreten. Sexueller Missbrauch liegt auch dann vor, wenn die betroffene Person aufgrund von psychisch oder physischen Beeinträchtigungen nicht in der Lage ist, ihr Ablehnung auszudrücken oder gar Erwünschtheit ausdrückt, jedoch davon auszugehen ist, dass diese die Situation vollumfänglich einzuschätzen kann.

Opfer oder Überlebende/r
Eine Person, die ausgebeutet oder sexuell missbraucht wird oder wurde. Im Folgenden wird hierfür der Begriff Überlebende verwendet.

4. Verpflichtungserklärung der DAHW

  1. Wir setzen uns ein für die Prävention und den Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch entsprechend unserer Null-Toleranz-Politik.
  2. In unserem Wirkungskreis schaffen wir eine sichere Umgebung, in der die Rechte aller Menschen gewahrt werden.
  3. Wir sensibilisieren innerhalb der DAHW, bei Partnern und bei den Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten, für den Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch.
  4. Wir entwickeln, implementieren und nutzen geeignete Maßnahmen [1] mit eindeutig definierten Pflichten und Vorgehensweisen in den Bereichen Prävention, Krisenmanagement und Kontrolle.
  5. Wir sensibilisieren relevante Interessengruppen sowie in unseren Netzwerken zum Thema Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch.

5. Die im Geltungsbereich der Richtlinien genannten Akteure verpflichten sich

  1. Sexuelle Ausbeutung und sexuellen Missbrauch zu verhindern und zu bekämpfen.
  2. Die im DAHW-Verhaltenskodex festgelegten Verhaltensweisen einzuhalten.
  3. Auch bei gegenseitigem Einvernehmen hinsichtlich einer Beziehungen jeglicher intimer Art zwischen DAHW-Beauftragten und Begünstigten, den Richtlinien Folge zu leisten und eine solche auszuschließen um den Schutz der Begünstigten der DAHW, aber auch um die Handlungsfähigkeit und das Ansehen der Organisation, zu wahren.
  4. Geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sexuelle Ausbeutung oder sexuellen Missbrauch jeglicher Art bei sämtlichen Programmumsetzungen zu verhindern.
  5. Führungskräfte und Vorgesetzte auf allen Ebenen haben eine besondere Verantwortung bei der Unterstützung und Entwicklung von Systemen zur Aufrechterhaltung einer Umgebung, die die Umsetzung dieser Richtlinien erleichtert, die frei von sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch ist und die Aufklärung von Verdachtsfällen sicherzustellen.
  6. Alle Bedenken bezüglich sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch hinsichtlich lokaler Gesetze und dieser Richtlinien zu melden.
  7. Auf sexuelle Ausbeutung und sexuellen Missbrauch in Übereinstimmung mit den geltenden lokalen Gesetzen und Verfahrensweisen zu reagieren. Sollten unsere Richtlinien strengere Vorgaben umfassen als die lokale Gesetzgebung, sind unsere Richtlinien bindend.
  8. Umfassende und vertrauliche Zusammenarbeit bei jeder Untersuchung von Bedenken oder Anschuldigungen wegen sexueller Ausbeutung oder sexuellen Missbrauch intern und mit lokalen und nationalen Behörden zu gewährleisten.
  9. Betroffene immer unter Achtung ihrer Rechte, Integrität und Würde zu behandeln, ihre Interessen zu berücksichtigen und sie keinem Risiko auszusetzen oder zu gefährden.
  10. Auch die Identität von Beschuldigten wird geschützt, bis die Schuld bewiesen ist.

6. Umsetzung

  1. Alle Mitarbeiter*innen sowie die Mitglieder der DAHW-Aufsichtsgremien erhalten Kopien aller DAHW-Richtlinien einschließlich der Richtlinien zum Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch. Alle Richtlinien sind auch auf unserer Website veröffentlicht.
  2. Alle DAHW-Richtlinien einschließlich der Richtlinien zum Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch sind allen Arbeits- und Dienstverträgen sowie Verträgen mit Projektpartnern und -organisationen beigefügt. Unsere Partner sind verpflichtet, entsprechende Richtlinien zu haben oder diese zu entwickeln.
  3. Alle DAHW-Richtlinien einschließlich der Richtlinien zum Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch werden allen Mitarbeiter*innen erläutert und jede*r Mitarbeiter*in ist verpflichtet, eine Bestätigung seiner*ihrer Bereitschaft zur Einhaltung der Richtlinien zu unterzeichnen. Dies gilt auch bei Reisen von Ehrenamtlichen sowie allen externen Personen, die im Auftrag der DAHW reisen (Fotografen, Buchprüfer etc.).
  4. Regionalrepräsentant*innen, Programmleiter*innen, DAHW-Führungskräfte in den einzelnen Ländern/Regionen müssen klare Vorgaben liefern und zeigen, wie die Organisation in allen Bereichen sicherstellt, dass Erwachsene und Kinder bei der Durchführung von Projekten und Programmen vor Ort vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch geschützt werden.
  5. Es liegt in der Verantwortung der/des jeweiligen Regionalrepräsentanten*in (oder des Regionalteams in Würzburg, wenn es keine Regionalvertretung gibt), den Aufbau von Kapazitäten in den Regional-/Programmstrukturen einzuleiten und regelmäßige Updates und Informationsmaterialien zum Thema Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch zu versenden. Alle Maßnahmen sollen in den jährlichen Fortschrittsberichten dokumentiert werden.

7. Meldeverfahren

Die Mitarbeiter*innen sind verpflichtet, jede Situation, in der sie sich unsicher sind, ob die Richtlinien zum Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch verletzt werden, zu melden.
Regionalrepräsentant*innen zusammen mit Programmleiter*innen haben dafür zu sorgen, dass kulturell angemessene gemeinschaftsbasierte Beschwerdemechanismen entwickelt, umgesetzt und im Hinblick auf ihre Wirksamkeit überwacht und überprüft werden. Dies beinhaltet die Bewusstseinsbildung bei Projektpartnern, Begünstigten sowie DAHW-Mitarbeiter*innen über den Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch sowie über die Nutzung der Beschwerdemechanismen.

Diese Sensibilisierung soll in der regionalen Sprache auf eine leicht verständliche Art und Weise erfolgen. Alle Informationsmaterialien sollen leicht zugänglich sowie inklusive, barrierefreie, sodass Menschen mit Behinderungen ebenso Zugang zu den Infos und dem Beschwerdemechanismus erlangen.

Darüber hinaus sorgen Regionalrepräsentant*innen zusammen mit Programmleiter*innen dafür, dass Verfahren zur Beschwerdebearbeitung und Untersuchung sowie angemessene Disziplinarmaßnahmen für Mitarbeiter*innen eingeführt werden. Unterstützt werden sie dabei durch ein Netzwerk von Ärzt*innen, Psycholog*innen, Überlebendenschutz-Selbstorganisationen und Rechtsanwält*innen.

Vorwürfe, Beschwerden oder Verdachtsmomente von sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch durch DAHW-Mitarbeiter*innen oder andere Personen gemäß Abschnitt 2 (Geltungsbereich der Richtlinien) sind unverzüglich der/dem jeweiligen DAHW-Regionalrepräsentanten*in oder der/dem Programmleiter*in zu melden. Diese informieren umgehend die DAHW-Geschäftsstelle in Würzburg. Meldungen können auch direkt an die Ombudsperson (ombudsman@dahw.de) oder anonym online im Online-Beschwerdeformular erfolgen.

Das Verfahren zur Meldung einer vermeintlichen oder tatsächlichen Verletzung der Richtlinien durch Mitarbeiter*innen der DAHW oder externe Personen in DAHW-Programmen wird im internen Beschwerde-Management beschrieben.

Wir stellen sicher, dass die Person/Institution, die uns ihre Bedenken oder Verdacht meldet, im Rahmen der Fallbearbeitung angemessen betreut, unterstützt und geschützt wird. Ein Untersuchungsteam stellt eine gründliche Untersuchung, Nachverfolgung und angemessene Dokumentation von Meldungen sicher. Wenn notwendig, werden externe Fachberater hinzugezogen.

Während des gesamten Prozesses stellt das Team sicher, dass die notwendigen Schritte zum Schutz der/des Überlebenden eingeleitet werden. Bei Bedarf stellen sie den Kontakt zu Expert*innen (Fachanwält*innen, Psycholog*innen, Überlebendenschutz-Selbsthilfegruppen etc.) her. Die DAHW leitet jedoch nicht automatisch immer eine nationale Strafverfolgung ein, wenn sie Zweifel daran hat, dass der Gerechtigkeit gedient wird.

Das Team ist verpflichtet, Meldungen streng vertraulich zu behandeln und die Identität der/des Betroffenen/Überlebenden, der/des lnformant*in und der beschuldigten Person angemessen zu schützen. Sollte ein Mitglied des Teams in persönlicher Beziehung zu einer Person stehen, die der sexuellen Ausbeutung und sexuellem Missbrauch verdächtigt wird, wird eine andere Person ernannt, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Das Untersuchungsteam ist verpflichtet, jeden Verdachtsfall bis zu seinem Abschluss schriftlich zu dokumentieren und regelmäßig an den Vorstand und den Aufsichtsrat der DAHW zu berichten.

8. Ergänzungen

Diese Richtlinien ergänzen den Katalog an DAHW-Verhaltensgrundsätzen. Der Geschäftsführer ordnet eine periodische Überprüfung der Richtlinien zum Schutz vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch (alle 3 Jahre) an (früher falls erforderlich). Änderungen der Richtlinien bedürfen der Zustimmung des DAHW-Geschäftsführers und der Aufsichtsgremien..

Funktionsbereich:Personalabteilung und Organisationsentwicklung
Besitzer:Geschäftsführung DAHW
Genehmigt von:GeschäftsführerNorstand/Aufsichtsrat, 01.06.2021
Nächste Revision:drei Jahre ab Freigabedatum (falls notwendig früher)
Sprachen:Englisch, Deutsch, Spanisch, Französisch und Portugiesisch
Anwendbar für:Alle Mitarbeiter:innen (In- und Ausland), Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, Projektpartner, Berater:innen, Dienstleister:innen, Praktikant:innen und Ehrenamtliche
Entsprechende Richtlinien:DAHW-Verhaltenskodex; Kinderschutzrichtlinien; Internes Beschwerdemanagement der DAHW; Richtlinien zur Bekämpfung und Prävention von Korruption, Interessenkonflikten und Betrug im Rahmen der DAHW-Arbeit; Leitfaden für die Zusammenarbeit in Unternehmen; Digital Media Leitfaden; DAHW Projekt Management Handbuch
Ansprechpartner:in:Geschäftsführung DAHW

[1] DAHW Code of Conduct, DAHW-Richtlinien zur Prävention und zum Schutz von Kindern vor Missbrauch und Ausbeutung in der Entwicklungszusammenarbeit und der Humanitären Hilfe, etc.